Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
die alte Dame sie falsch verstanden? Das schien die einzige Erklärung zu sein. Leonore Cressy bemerkte die Verwirrung in Donnas Augen. »Sie müssen verstehen«, sagte sie zögernd, »daß ich vor acht Jahren meinen einzigen Sohn verlor – wegen einer Dummheit von meiner Seite. Und ich denke nicht daran, den gleichen Fehler ein zweites Mal zu begehen.« Wieder schwieg sie.
»Sie werden mir also nicht helfen?« frage Donna, noch immer ungläubig.
»Seit acht Jahren«, erwiderte die Frau, »bete ich, daß ich noch einmal eine Chance bekommen möge. Ich will Ihnen nichts vorlügen.
Sollte Victor sich bei mir melden, sollte ich die Chance erhalten, so würde ich nie wieder Verrat an ihm üben.«
»Aber das haben Sie doch nie getan!«
»Er glaubt, daß ich’s getan habe.« Sie brach ab, drehte ihren Kopf langsam hin und her. »Komisch, wie das manchmal ist – je mehr man sich bemüht, das Richtige zu tun, desto stärker bewirkt man das Gegenteil. Ich gab mir solche Mühe, mich nie in Victors und Janines Leben einzumischen. Und kamen sie mit einem Problem, so hörte ich mir immer beide Seiten an – und keinesfalls, um zu richten. Stets habe ich versucht, fair zu sein. Sie sehen ja, was mir das eingebracht hat.« Sie blickte zu Donna. »Tut mir leid«, sagte sie mit aller Entschiedenheit. »Ich werde Ihnen nicht helfen können.«
Donna spürte den Stachel der Enttäuschung. In ihrer Stimme war ein leichtes Zittern, nur mit Anstrengung hielt sie die Tränen zurück. »Aber es sind doch meine Kinder!«
Die Stimme der Frau klang ganz ruhig. »Er ist mein Sohn.«
»Er ist ein Scheißkerl, was kann ich Ihnen sonst noch sagen?« Aufmerksam musterte Donna die junge Frau, die ihr gegenüber – inmitten einer unglaublichen Kissenfülle – auf einem rötlich geblümten Sofa saß. Janine Gauntley-Cressy-McCloud mochte ein oder zwei Jahre älter sein als Donna. Ihr Gesicht wirkte in vielerlei Hinsicht recht interessant. Im übrigen war sie zweifellos schwanger, wenn auch noch in einem frühen Stadium.
»Drei Jahre habe ich auf der Psychiater-Couch zugebracht wegen diesem Lumpenhund«, sagte die junge Frau. »Und weitere drei Jahre hat’s gedauert, bis ich Männer wieder genügend mochte, um einen von ihnen zu heiraten. Und hier bin ich nun, fast schon sechsunddreißig und endlich im Begriff, mein erstes Baby zu kriegen. Wissen Sie, wenn ich – nach all diesen Jahren – auch nur den Namen von diesem Mistkerl höre, kommt’s mir buchstäblich hoch.«
Unwillkürlich verglich Donna sich mit Victors erster Frau. Äußerlich bestand zwischen ihnen eine gewisse – wenn auch oberflächliche Ähnlichkeit; gleiche Größe, gleiche Haarfarbe, ähnlicher Teint. Doch im übrigen? Was Janine McClouds Intelligenz betraf, so schien diese in weit stärkerem Maße aufs Praktische, aufs Handfeste gerichtet, als dies bei Donna der Fall war. Und emotionell gesehen wirkte sie härter und rauher. In der Tat: alles andere als das, was Donna erwartet hatte.
»Zwei Jahre waren wir verheiratet. Die miesesten Jahre meines Lebens. Fragen Sie mich nicht, wieso. Denn – bei Gott – ich weiß es nicht. Ich habe mir alle Mühe gegeben, echt. War ja schließlich kein Kind mehr. Ich hatte schon so einiges erlebt. Allerdings – jemand wie Victor war mir noch nie begegnet. Ich wußte einfach nicht, was tun – um ihn glücklich zu machen. Denn was ich auch versuchte, es war alles falsch. Dabei riß ich mir fast ein Bein aus, um ihn zufriedenzustellen. Und was tut er? Schiebt kurzerhand ab. Verkündet, daß er sich scheiden lassen will. Ich dachte, ich spinne.«
»Und Leonore?«
Janine McCloud erhob sich und trat zum Fenster. Ihr Mann spielte an diesem Abend beim Ortsverein Basketball. »Ach, die. Ein Fall für sich. Genauso schlimm wie er.«
Donna hob überrascht den Kopf. Sehr genau erinnerte sie sich, wie Victor selbst das Verhältnis zwischen seiner Mutter und seiner früheren Frau gesehen hatte.
»Will Ihnen mal was sagen«, fuhr die Frau fort. »Das liegt wohl bei denen in der Familie. Jedenfalls sind das beide Spinner. Ich hatte mir wirklich Mühe gegeben, mich mit der Frau freundschaftlich zu stellen. Zwischen meiner Mutter und mir war’s nie so toll gelaufen, aber Leonore schien ja eine nette Lady zu sein, obwohl – also zuerst war sie ja der Meinung, ich sei für ihr Bübchen nicht gut genug; das machte sie unmißverständlich klar. Eins muß man ihr immerhin lassen. Sie ist aufrichtig. Nun, was
mich betrifft, so blieb ich
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