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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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der Rückseite des linken Oberschenkels, könnte von einem Messerschnitt stammen. Die Entstehung der anderen Narben ist schwer zu erklären. Außerdem weist die Leiche postmortale Abschürfungen auf.»
    «Sie wurde also nach dem Tod bewegt?», rief Ruuskanen so laut, dass der Schlips des neben ihm sitzenden Lehtovuori flatterte.
    «Allem Anschein nach ja. Der Mageninhalt muss noch analysiert werden, aber anhand des Erstarrungsgrades lässt sich sagen, dass die Leiche drei bis sechs Stunden in der Kälte gelegen hat. Genauer ist der Zeitraum nicht einzugrenzen. Ach ja, falls das irgendeine Bedeutung hat: Das Mädchen war keine Jungfrau mehr.»
    «War sie beschnitten?» Ursulas Stimme klang kühl, aber ich las ihr an den Augen ab, dass ihr diese Information wichtig war.
    «Nein. Übrigens wurden weder Spuren sexueller Gewalt noch Sperma gefunden. Todesursache eindeutig Strangulation, die Tatwaffe war das Kopftuch des Mädchens.»
    Warum hatte der Täter das Tuch zurückgelassen? War ihm nicht klar, dass man daran seine DNA finden konnte? Natürlich waren alle Kleidungsstücke nach Fasern, Staubkörnchen und Zellen untersucht worden, doch solange wir kein Vergleichsmaterial hatten, waren die Resultate nutzlos.
    «Waren die Haare gefärbt? Hat sie sich an den Beinen und unter den Achseln rasiert, oder in der Bikinizone?», fragte Ursula weiter. Ruuskanens Miene war sehenswert, dabei waren Ursulas Fragen vollkommen begründet, zumindest aus weiblicher Sicht.
    «Darauf habe ich nicht geachtet. Soll ich noch mal reingehen und mich erkundigen?»
    «Es reicht wohl, wenn wir diese Informationen im offiziellen Obduktionsbericht finden. Sorg dafür, dass sie vermerkt werden. Vorläufig hat sich also nichts ergeben, was uns den Durchbruch bringen könnte?» Ruuskanen klang enttäuscht.
    «Nein. Soll ich noch hierbleiben?»
    «Ja, führ die Sache zu Ende.» Ruuskanen schaltete den Lautsprecher aus. Noch hatte er keine Aufgaben verteilt. Ich empfand es als Erleichterung, dass ich nicht für die Organisation der Ermittlungen verantwortlich war. Noors elterliche Wohnung war natürlich auf Kampfspuren untersucht worden; als Nächstes hätte ich mir das einige Blöcke entfernte Haus vorgenommen, in dem Noors Großvater Reza, der Onkel und die Vettern wohnten. Ich wollte gerade einen entsprechenden Vorschlag machen, als Koivu fragte, ob wir den ganzen Ezfahani-Klan gleichzeitig befragen sollten.
    «Puupponen hat gesagt, wir könnten Tuomas Soivios Alibi nicht als wasserdicht betrachten, weil es ausschließlich von seinen Familienmitgliedern bestätigt wird. Das gilt genauso für die Ezfahanis. Holen wir sie zusammen und fragen sie aus, bis die Aussagen sich zu widersprechen beginnen.»
    «Wenn sie das tun», schnaubte Ruuskanen. «Ein Ehrenmord hätte uns gerade noch gefehlt. Was sollten die Fragen nach der Behaarung, Honkanen?»
    «Es geht mir um Hinweise darauf, wie verwestlicht Noor war. Puupponen und Kallio sind natürlich nicht auf die Idee gekommen, den Boyfriend danach zu fragen. Habt ihr euch wenigstens erkundigt, ob die beiden gevögelt haben oder wer das Mädchen entjungfert hat? Natürlich ist das für die Ermittlungen wichtig, verdammt noch mal! Das könnt ihr doch nicht abstreiten! Falls Soivio mit dem Mädchen ins Bett gegangen ist, hat er sie in den Augen dieser Muselmanen heiratsuntauglich gemacht. Muss ich euch das wirklich vorbuchstabieren?»
    Ursulas Lippen glänzten leuchtend rot, ihre Haut war makellos. Die enge schwarze Bluse war für ihre Verhältnisse dezent, denn sie hatte einen Polokragen und lange Ärmel. Die violette Wildlederhose schmiegte sich eng an ihren Körper, der eine Perfektion aufwies, von der die meisten nur träumen konnten. Die Kollegen hatten sich längst an Ursulas Attraktivität und an ihr starkes Make-up gewöhnt, während Verdächtige, die sie zu vernehmen hatte, sich manchmal zu dem Irrglauben verleiten ließen, Ursula sei ein dummes Püppchen, dem man jeden Unsinn auftischen konnte. Ich fragte mich, ob Ursula bereits versucht hatte, Ruuskanen zu verführen, oder ob man ihn rechtzeitig vor dem Präsidiumsvamp gewarnt hatte. Ich wusste, dass Taskinen sie ein paarmal wegen der Überbetonung ihrer Sexualität getadelt hatte. Allerdings hatte ich nie etwas von einem Techtelmechtel mit Klienten gehört. Ursula wusste, dass ihr in einem solchen Fall Suspendierung gedroht hätte.
    «Inzwischen hat sich auch der Imam der Moschee der Ezfahanis eingeschaltet», berichtete Ruuskanen. «Er hat mich

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