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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Zwischenfall in Kuitinmäki wusste sie offenbar noch nichts. Kurz entschlossen rief ich sie an.
    «Hallo, Maria hier. Ich stehe vorm Präsidium, komme gleich rein. Rahim Ezfahani ist auch da. Wir sehen uns im Einsatzraum unserer Zelle.»
    Dann überlegte ich, mit welcher Taktik Rahim am besten beizukommen war. Ursula würde eine einschüchternde Partnerin abgeben, aber wirkten Drohungen bei Rahim? War er empfänglicher für verständnisvolle Freundlichkeit? Sprachen wir überhaupt eine gemeinsame Sprache? Einen Dolmetscher würde ich um diese Tageszeit nicht unbedingt bekommen. Ich ließ den Wagen vor dem Gebäude stehen, ging aber durch die Hintertür hinein, die nur vom Personal benutzt wurde. Am Automaten holte ich mir eine doppelte Portion Kaffee und Mineralwasser, dann suchte ich Ursula.
    «Gute Leistung, das mit dem Wagen. Weiß Ruuskanen davon?»
    «Ich glaube fast, ich hab vergessen, ihm die SMS zu schicken. Hab wohl die falsche Taste gedrückt.»
    «Für eine technische Untersuchung brauchst du die Erlaubnis des Ermittlungsleiters.»
    «Wenn du meinst.» Ursula hob dramatisch die Schultern. «Ich möchte die Karre aber so schnell wie möglich sicherstellen.»
    «Denk dran, dass Zivilisten im Allgemeinen nicht wissen, was für geringe Mengen an technischem Beweismaterial genügen. Selbst wenn der Wagen gründlich gewaschen und mit dem Staubsauger gereinigt wurde, finden sich möglicherweise noch Fasern und Fingerabdrücke. Ruf Ruuskanen doch einfach an, dann kann der Wagen heute noch geholt werden. Der Verdacht, dass Rahim Ezfahani das Auto möglicherweise benutzt hat, ist meiner Meinung nach in der jetzigen Situation Grund genug für die Beschlagnahmung.»
    Ich berichtete Ursula von den Ereignissen im Wald. Natürlich witterte jeder Polizist und jede Polizistin die Chance, dass ein Geständnis zur Lösung des Falles führen würde, doch Ursula war momentan eifriger hinter dem technischen Beweismaterial her als hinter Rahim selbst. Wir einigten uns darauf, dass ich Ruuskanen über die anstehende Befragung Rahims und über die Untersuchung des Wagens informieren würde. Ich musste zweimal auf Ruuskanens Mailbox sprechen, bevor er zurückrief.
    «Na, dann verhafte ihn endlich!», brüllte er. «Den jungen Ezfahani, meine ich. Ich hätte ihn schon vor Tagen eingesperrt, aber ich hatte Angst, dass mir alle möglichen grünen Spinner und Gutmenschen Rassismus vorwerfen. Und sieh zu, dass der Soivio keine Gelegenheit hat, die Klatschblätter anzurufen. Ach, Scheiße! Irgendwer verbreitet das sowieso im Internet.»
    Ruuskanen klang nicht ganz nüchtern, doch ich kannte ihn nicht gut genug, um den Grad seiner Trunkenheit abschätzen zu können. Er hatte zwar keinen Bereitschaftsdienst, war aber im Prinzip jederzeit für die Ermittlungsleitung verantwortlich. Offensichtlich würde er zumindest an diesem Abend nicht mehr aufs Präsidium kommen. Daher schlug ich vor, ihn am nächsten Tag telefonisch ins Bild zu setzen. Jemand würde auch Tuomas Soivio vernehmen müssen, und ich hegte die starke Befürchtung, dass dieser Jemand ich sein würde.
    Als Nächstes ging ich zur Toilette und wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser, obwohl dabei auch der letzte Rest meines Make-ups verschwand. Aber im Moment war es ganz egal, wie ich aussah. Wieder erhielt ich eine SMS , diesmal von Lauri Vala. Plötzlich erinnerte ich mich, dass ich mir seine Nachricht auf meiner Mailbox noch nicht angehört hatte. Es war sinnlos, Unangenehmes aufzuschieben, denn der Rest des Abends bestand ohnehin aus der Konfrontation mit schlimmen Geschichten. Also tippte ich meinen Code ein. Die Mailbox meldete nicht nur eine, sondern gleich zwei neue Nachrichten.
    «Vala hier. Du hast es sicher schon gehört. Eure Arbeit ist in Schutt und Asche gebombt worden. Drogenbaron Omar Jussuf hat seine Drohung wahr gemacht. Du hättest auf mich hören sollen. Ruf mich an, Kallio. Ich glaube, ich kann dir helfen.»
    Valas SMS war kurz und bündig: «Funktioniert dein Handy nicht? Ruf sofort an.»
    Schon der Name Lauri Vala auf meinem Handy ging mir gegen den Strich. Am liebsten hätte ich ihn gelöscht, doch dann hätte es passieren können, dass ich versehentlich einen seiner Anrufe annahm. Irgendwann würde ich mit ihm sprechen müssen, aber jetzt war nicht der richtige Moment dafür. Ich checkte am Handy, ob ich E-Mails bekommen hatte, doch es gab keine neuen Eingänge. Meine ehemaligen Schülerinnen in Afghanistan hatten Besseres zu tun, als mir zu antworten.

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