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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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zu halten, sodass Rahim die Berührung spürte und zusammenzuckte.
    «Nun sag’s schon!», rief Tuomas.
    «Halt’s Maul, Tuomas!», brüllte ich. Rahim zuckte zusammen, er nickte einmal, dann ein zweites Mal.
    Juristisch war die Geste wertlos, denn selbst der schlechteste Verteidiger würde das Gericht davon überzeugen, dass sie unter Zwang gemacht worden war. Außer Tuomas und mir hatte sie vermutlich auch niemand gesehen. Vielleicht hatte Rahim sich sogar ausgerechnet, dass die kleine Kopfbewegung ihn von Tuomas befreien würde, ohne ihm eine Mordanklage einzubringen.
    «Na also, Tuomas, da hast du dein Geständnis. Wir haben es beide gesehen, und meine Kollegen auch. Jetzt ist es genug. Gib mir das Messer und schließ Rahims Handschellen auf», rief ich.
    Tuomas wandte den Blick von Rahim ab und schaute mich an. Ich bemühte mich, ermutigend und zufrieden auszusehen, wie eine Polizistin, die ihren Fall dank der Hilfe eines anständigen Bürgers gelöst hat. Dabei musste der anständige Bürger festgenommen und verhört werden. Sein Verteidiger würde vermutlich auf den Schock hinweisen, den sein junger Klient erlebt hatte, und dazu das allgemeine Rechtsempfinden ins Feld führen. Ich hätte mein Geld eher auf mir völlig unbekannte Rennpferde gesetzt, als darauf zu wetten, welche Strafe Tuomas Soivio letztendlich bekommen würde.
    Ich machte noch einen Schritt auf Tuomas zu. Das Messer in seiner Hand schien schwerer geworden zu sein, es zog den Arm unaufhaltsam nach unten und fiel schließlich zu Boden. Da ich am nächsten stand, bückte ich mich und hob es auf.
    «Hände hoch, Soivio!», rief Himanen. Die Waffe hatte er nicht gezogen. «Bleib stehen, wir müssen dich abtasten. Und gib mir den Schlüssel zu den Handschellen.»
    Tuomas sah aus, als habe man ihn hinters Licht geführt, blieb aber stehen und hob langsam die Hände. Ich wandte den Blick ab, während Himanen und Sutinen ihn abklopften.
    «Mit den Handschellen müsst ihr euch selbst rumschlagen. Ich hab den Schlüssel verloren, als der Kerl sich gewehrt hat. Vielleicht findet ihr ihn mit einem Metalldetektor.» Tuomas’ Stimme klang spöttisch. Himanen leerte seine Taschen, die jedoch nur eine Brieftasche, eine Buskarte und zwei Büroklammern enthielten.
    Der große Polizist war hinter den Baum getreten, an den Rahim gefesselt war, und musterte die straff gespannte Kette der Handschellen.
    «Das ist bloß Spielzeug, das wäre nicht mal was für Bondage-Fans», schnaubte er. «He, Mikkola, haben wir eine Rohrzange im Wagen? Damit kriegen wir die Kette im Nu durch, und das Schloss können wir auf dem Revier mit einer Büroklammer aufdröseln.»
    «Hast wohl reichlich Erfahrung mit der Sorte Spielzeug», grinste Mikkola seinen Kollegen an. Nach der Anspannung konnten wir alle einen kleinen Witz vertragen.
    Es war bereits spät, und ich hatte absolut keine Lust, den Freitagabend mit weiteren Verhören zuzubringen, doch mein eingebautes Gesetzbuch sagte mir, dass wir zwar mehrere Gründe hatten, Tuomas Soivio zu verhaften, aber keinerlei Handhabe, Rahim Ezfahani festzuhalten. Trotz seines Nickens war er in diesem Fall nicht der Täter, sondern das Opfer. Andererseits wäre es günstig, ihn sofort zu vernehmen, solange ihm der Schrecken noch in den Knochen saß. Tuomas sollte ruhig eine Nacht in der Zelle verbringen und über sein idiotisches Verhalten nachdenken. Rahim wollte ich ebenfalls aufs Präsidium bringen lassen, um ihn zu fragen, was Tuomas angestellt hatte, bevor die Polizei eintraf. Wenn er bei der Gelegenheit auch über die Gründe für den Überfall sprach, umso besser.
    Ich schickte Antti eine SMS , ich müsse noch zum Präsidium. Rahim wurde im Streifenwagen abtransportiert, Tuomas im Kastenwagen. Rahim fragte nicht einmal, warum auch er in Gewahrsam genommen wurde. Ich bat Himanen, mit ihm in der Eingangshalle auf mich zu warten. Offiziell war Rahim nicht festgenommen. Während ich hinter meinen Kollegen herfuhr, piepte mein Handy. Ich dachte, es sei nur ein Kommentar von Antti über meine absurd langen Arbeitstage, doch als ich vor dem Präsidium angekommen war und die SMS öffnete, sah ich, dass Ursula sie geschickt hatte.
    «Ich habe höchstwahrscheinlich den grauen Toyota Corolla gefunden, Baujahr 1992 , Kennzeichen COI - 235 . Der Besitzer heißt Omar Hassan. Sollen wir den Wagen sofort zur technischen Untersuchung holen?»
    Ich überlegte, ob Ursula die Nachricht nur an mich oder auch an Ruuskanen geschickt hatte. Von dem

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