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Sag mir, wo die Mädchen sind

Sag mir, wo die Mädchen sind

Titel: Sag mir, wo die Mädchen sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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bewegten sich seine Lippen, doch es war kein Ton zu hören. Als endlich auch seine linke Hand freilag, waren seine Finger bereits vollkommen gefühllos. Der lange Polizist massierte sie eine Weile, dann rückte ich mit dem Pflaster an.
    «Brauchst du uns noch?», fragte Mikkola und stellte seine Kaffeetasse ab. «Es fehlen ohnehin einige Streifen, und es ist Freitagabend.»
    «Geht ruhig. Und seid vorsichtig da draußen!»
    Mikkola war wohl zu jung, um die Anspielung auf die Krimiserie zu verstehen, aber sein langer Kollege lachte auf und gab zurück, sie seien immer vorsichtig. Bevor ich ihn nach seinem Namen fragen konnte, waren die beiden verschwunden. Ich blieb allein mit Rahim zurück, der sich in einer anderen Realität zu befinden schien, zu der ich irgendwie Zugang finden musste.
    «Rahim?», fragte ich behutsam. «Tun dir die Arme sehr weh? Brauchst du Schmerztabletten?»
    Er schlug die Augen auf, warf mir einen kurzen Blick zu, sah sich im Zimmer um und senkte die Lider. Ich war unsicher. Durfte oder wollte er mich nicht ansehen? Empfand er es als so bedrohlich, mit einer Frau, die kein Kopftuch trug, allein in einem Raum zu sitzen, dass er nicht hinsehen konnte? Dann war die Lage aussichtslos. Trotzdem versuchte ich es noch einmal.
    «Rahim, Tuomas Soivio hatte kein Recht, dich gefangen zu nehmen. Er wird dafür angeklagt werden. Verstehst du mich?»
    Ein langsames Nicken.
    «Du musst mir erzählen, was Soivio mit dir gemacht hat. Wenn nötig, kannst du einen Dolmetscher bekommen, aber erst morgen. Heute Nacht musst du hierbleiben. Wenn du mir sagst, was passiert ist, kannst du vielleicht morgen schon nach Hause gehen.»
    Rahims Gesicht hatte wieder Farbe angenommen, aber die Augen öffnete er immer noch nicht. Da ich ihn nicht als Tatverdächtigen, sondern als Opfer befragte, brauchte ich nicht zu warten, bis er einen Rechtsbeistand hatte. Ich ließ ihm Zeit, nach Worten zu suchen, obwohl die tickende Wanduhr mich daran erinnerte, dass Taneli schon vor langer Zeit schlafen gegangen war. Schließlich begann Rahim zu sprechen, mit leiser Stimme, den Blick gesenkt.
    «Ich weiß nichts. Tuomas kommt zur Bushaltestelle und droht mit Messer. Macht Handschellen fest. Man hat mir gesagt, muss weg aus Finnland, wenn noch mal Schlägerei, also ich nicht kämpfe. Tuomas bringt in Wald, bindet an Baum.»
    «Hat er dich gefragt, ob du Noor ermordet hast?»
    Rahim nickte.
    «Was hast du geantwortet?»
    «Nix sagen. Tuomas kein Polizei.»
    «Er behauptet, du hättest den Mord an deiner Cousine gestanden.»
    Die braunen Augen schlossen sich wieder.
    «Er sagt töten, wenn nicht so sage, wie er will.»
    «Du hast die Tat gestanden, um nicht zu sterben?»
    Rahim nickte.
    Meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Der Geruch, den die Kaffeemaschine verströmte, war unerträglich, und das Martinshorn, das draußen plötzlich aufheulte, gellte mir in den Ohren. Ich schaltete die Kaffeemaschine aus, nahm die Filtertüte aus dem Filter und warf sie in den endlich angeschafften Eimer für Bioabfall. Draußen fiel wieder feiner Graupel.
    Ich ging zu Rahim, setzte mich ihm gegenüber und fragte:
    «Du hast Tuomas die Tat gestanden, weil du nicht sterben wolltest. Aber hast du ihm die Wahrheit gesagt? Hast du Noor erdrosselt?»
    Rahim gab keine Antwort, aber unter seinen Lidern sickerten langsam Tränen hervor. Sie waren groß wie Schneeflocken, und da er mit gesenktem Kopf auf seinem Stuhl saß, fielen sie geradewegs auf den Fußboden, auf dem sich allmählich eine kleine Lache bildete.

[zur Inhaltsübersicht]
    13
    R ahim musste die Nacht in der Zelle verbringen, Wand an Wand mit Tuomas Soivio. Es war nichts mehr aus ihm herauszubringen, er weinte unaufhörlich. Ich beschloss, es am nächsten Tag mit einem Dolmetscher zu versuchen, sofern Ruuskanen die Vernehmung nicht selbst durchführen wollte. Falls es wegen Rahims Festnahme Ärger gab, würde ich die Verantwortung dafür übernehmen. Mein gesunder Polizistinnenverstand sagte mir, dass es sinnvoll war, ihn hinter Schloss und Riegel zu behalten, bis die Kriminaltechniker den Wagen seines Freundes untersucht hatten. Vielleicht war er nur ein harmloser junger Mann, der im Flüchtlingslager Schweres erlebt hatte und nun über den Tod seiner letzten Cousine trauerte, doch konnte ich keinesfalls ausschließen, dass er der Mörder war. Ich war weder Psychologin noch Hellseherin, konnte also nicht wissen, wie sich eine Nacht in der Zelle auf ihn auswirken würde.
    Da ich frische Luft

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