Sag nichts, kuess mich
mit der Vermutung, die ihm während des Meetings gekommen war. Vielleicht spielte sie ja nur das Spiel, das so alt war wie die Zeit selbst und gefährlicher als alles, dem er sich je hatte stellen müssen, selbst an der Front.
Unwirsch schälte Nick sich aus dem Wall Street-Aufzug. Ein Mann, der so wütend war, sollte sich nicht von Zugeständnissen an die Zivilisation einengen lassen.
Er verdammte sie alle – seinen Vater, die Eisprinzessin, ihren Vater.
Er fluchte laut und stapfte nackt ins Bad. Mit den flachen Händen stützte er sich auf den marmornen Waschtisch und starrte auf sein Konterfei im Spiegel.
Warum sich belügen? Er war auf sich selbst wütend. Weil er sich von einer Frau zum Narren halten ließ.
Er wurde hier benutzt. Von seinem Vater, der ihn ausgetrickst hatte. Von einem Fürsten, der keine Vorstellung von dem Wort Ehre hatte und einen jahrhundertealten Familienbetrieb in den Ruin trieb. Und von einer Frau, die ihn manipulierte.
Und er, Trottel, der er war, ließ es zu. Er hatte sich von der Frau tiefer und tiefer in einen Strudel der Leidenschaft ziehen lassen, wie er ihn bisher nie erlebt hatte.
Für ihr Verhalten gab es nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder, sie war bereit, alles zu tun, um die Finanzspritze für das Weingut zu sichern.
Oder aber sie war auf ein Abenteuer aus.
So oder so, er hatte genug von ihren Spielchen. In der einen Sekunde behandelte sie ihn wie eine niedere Lebensform, in der nächsten loderte sie in seinen Armen auf. Ob nun reine Taktik oder real … die Eisprinzessin hatte das Spiel zu einer Kunstform perfektioniert. Und er hatte reagiert wie ein trainierter Pudel.
Es wurde Zeit, dass er dem ein Ende setzte. Er wusste auch schon genau, wie.
Er würde sie in sein Bett holen. Nichts Zärtliches, nein. Er würde sie wild und leidenschaftlich in Besitz nehmen, immer und immer wieder, bis sie seinen Namen schluchzte und sich flehend an ihn klammerte. Bis sie alles vergaß und nichts anderes wollte als ihn. Und danach würde er aus dem Bett aufstehen und lässig einen Scheck über zehn Millionen Euro auf den Nachttisch flattern lassen, für die teuerste Dirne der Welt. Weil sie ihn reduziert hatte auf …
„ Merda !“
Nick hieb die Faust in den Spiegel. Das Glas zersprang, Blut quoll aus der Haut an seinen Fingerknöcheln. Fluchend wickelte er sich ein Handtuch um die Hand.
Und lachte.
So weit war es also schon mit ihm gekommen. Er verstieg sich in bizarre sexuelle Fantasien und zerschlug Spiegel. Alles nur, weil er zugelassen hatte, dass eine Frau ihm unter die Haut ging.
Erst ließ er Wasser über die Schnittwunden laufen, bis das Bluten aufhörte, dann stieg er unter die Dusche.
„Bis hierher und nicht weiter“, knurrte er und hob das Gesicht in den heißen Strahl.
Er würde sich am Nachmittag mit Alessia treffen, aber die Tour über das Gut konnte sie vergessen. Ebenso wie die geplante Dinnerparty, bei der sie den Hofschranzen ihres Vaters den zahmen Siciliano vorführen wollte.
Von wegen zahm!
Noch vor dem Abend würde er diese ganze Sache beendet haben und längst auf dem Nachhauseweg sein. Und die Eisprinzessin würde begriffen haben, welche Konsequenzen es nach sich zog, wenn man einen Mann verspottete, der den Namen Orsini trug.
Er zog sich lässig an. Schwarze Lederjacke, schwarzes T-Shirt, ausgewaschene Jeans, Turnschuhe.
Um zwei Minuten vor eins ging er die Treppe hinunter. Ihm kam der Gedanke, dass sie vielleicht nicht auf ihn warten würde. Weil ihr klar geworden war, dass sie das Spiel zu weit getrieben hatte.
Doch sie stand vor der Haustür, im gleichen Aufzug wie er – Jacke, Jeans, Turnschuhe, das lange Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, wie heute Morgen nach dem Joggen.
Himmel, war das wirklich erst vor ein paar Stunden gewesen? Ihm kam es vor, als wäre er schon ewig hier.
„Signore.“
Sie schaute ihm entgegen, als er die Stufen hinunter schlenderte. Und er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand in den Magen geschlagen. Sie sah fantastisch aus. Schöner als alle Frauen, die je durch sein Leben gezogen waren. Ihr Gesicht war nicht nur schön, es strahlte lebendige Intelligenz aus. In den Tiefen ihrer Augen konnte ein Mann ertrinken. Ihre perfekte Figur, die er nur viel zu kurze Augenblicke hatte erforschen können …
Hör auf damit, ermahnte er sich kalt. Sie konnte ihr Spiel nicht spielen, solange er nicht mitspielte. Es wurde Zeit, dass sie das verstand.
„Prinzessin.“
Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß und
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