Sag nichts, kuess mich
sichere Gefühl, dass er genau wusste, woran sie dachte. Sie brauchte ihm nur ihre Antwort zuzuflüstern.
An dich, würde sie ihm sagen, wie schon so oft in den letzten Tagen. Und dann würde er vom Pferd steigen und ihr aus dem Sattel helfen, und sie würden …
„ Principessa, signore! Scusi, per favore … Il principe, vostro padre … lui è qui !“
Das Hausmädchen kam atemlos angerannt. Es war schon aufregend, eine Prinzessin im Haus zu haben, aber auch noch den Fürsten höchstpersönlich …!
Fast hätte Alessia laut gestöhnt. Ihr Vater war hier. Er würde ihr Glück zerstören. Er würde alle möglichen Forderungen an sie stellen, und trotz der Tatsache, dass sie eine erwachsene Frau und mit ihrem Liebhaber hier war, zog sich ihr Magen bang zusammen.
„Liebling?“
Sie blinzelte. Nicolo stand neben ihrer Stute, mit ausgestreckten Armen, um sie aus dem Sattel zu heben. Aber nicht, um sie ins Schlafzimmer zu tragen, sondern um sie ins Haus zu ihrem Vater zu begleiten.
„Komm, Baby, komm zu mir“, sagte er leise, und sie schmiegte sich in seine Arme. In den sicheren Hafen, dachte sie verwundert, der mich vor dem Rest der Welt beschützt.
Es war ein kurzer Besuch.
Und wirklich erstaunt war Nick darüber nicht.
Nun, Antoninnis Tochter lebte mehr oder weniger mit einem Fremden zusammen. Sicher, sie war alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen. Aber war es nicht verständlich, wenn ein Vater dem Mann von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen wollte, der mit der Tochter lebte?
Logisch betrachtet – nein. Nick könnte sich nicht erinnern, je den Vater einer seiner Geliebten getroffen zu haben. Aber das hier war Italien. Hier war man noch in alten Traditionen verhaftet.
Zudem war da noch die Tatsache, dass Antoninni sich für einen Kredit an den Kopf einer kriminellen Organisation gewandt hatte. Vermutlich ging er wie seine Tochter davon aus, dass Nicolo, als Cesares Sohn, mit zur Organisation gehörte. Schlimmstenfalls würde der Fürst ihn also nach seinen Absichten in Bezug auf die Tochter fragen. Zwar wusste Nick nicht so recht, was er darauf antworten sollte, aber ein Vater hatte schließlich das Recht, eine solche Frage zu stellen, nicht wahr? Und eine entsprechende Warnung auszusprechen, oder?
So sehr kann man sich irren, dachte Nick, als die Limousine des Fürsten wieder abfuhr.
Der Fürst hatte ihn per Handschlag begrüßt, für Alessia hatte er nur ein kurzes Nicken erübrigt. Dann hatte er sich für die zehn Millionen bedankt, die auf seinem Konto eingegangen waren. Von dem Geld hatte er nur als von „Ihrer Investition“ gesprochen. Und danach hatte er Small Talk gemacht.
Das Wetter. „Ich hoffe, Sie haben für die Dauer Ihres Aufenthalts schönes Wetter.“
Der rote Ferrari. „Eine ausgezeichnete Wahl. Vielleicht sollten Sie es einmal mit einem Lamborghini versuchen.“
Die Villa. „Ein prächtiges Haus, Signor Orsini.“
Dann war ihm wohl nichts mehr eingefallen. Er hatte auf seine Uhr geschaut, behauptet, noch einen Termin zu haben, und gesagt, er hoffe, Nicolo vor der Rückreise nach New York noch einmal zu treffen. Noch ein Handschlag, und Antoninni hatte sich zum Gehen gewandt.
Nick, der die ganze Zeit den Arm um Alessia geschlungen hielt, spürte, wie sie sich versteifte.
„Vater, wie geht es Mutter?“
Der Fürst hatte sich nicht einmal umgedreht. „Deiner Mutter geht es gut“, hatte er knapp geantwortet und war auch schon verschwunden.
Sobald sie allein waren, hatte Nick Alessia in seinen Armen umgedreht und sie angeschaut. Ihre Miene hatte ihm das Herz stocken lassen.
„Liebling, was ist?“
Sie schüttelte nur den Kopf.
„Sag es mir. Warum hast du nach deiner Mutter gefragt? Ist sie krank?“
Alessia zögerte. Konnte sie ihm die Wahrheit anvertrauen? Dass ihre Mutter seit fast zwanzig Jahren in einem Sanatorium lebte? Sie hatte bisher mit niemandem darüber geredet, nicht aus Scham, sondern weil sie die Reaktionen der anderen nicht ertrug.
„Liebling?“
Aber Nicolo war schließlich nicht irgendjemand. Also holte sie tief Luft. „Meine Mutter ist in einer Klinik. In einer Klinik für Menschen mit psychischen Problemen.“
Ja, das hier war Nicolo, dennoch wappnete sie sich für die „Oh-wie-schrecklich“-Reaktion, für die schockiert hochgerissenen Augenbrauen, für das mitleidige Kopfschütteln. Sie fühlte sich dann nicht nur hilflos, sondern maßlos wütend.
Es war das Mitleid, das sie nicht ertragen konnte.
„Das tut mir leid,
Weitere Kostenlose Bücher