Sag nichts, kuess mich
senkte sich jetzt schnell, am Horizont zeigte sich schon der fahlgelbe Vollmond.
Erstaunlich. Die Welt änderte sich, aber das Leben ging weiter. Seine Welt hatte sich auch geändert. Unabhängig davon, welche Wahl Alessia traf, ihm wäre auf immer bewusst, dass er sie überhaupt erst in die Lage gebracht hatte, eine Wahl treffen zu müssen. Er hatte ein Leben geschaffen, das vielleicht nie geboren werden würde. Oder Fremde würden ein Kind mit seinen Genen erziehen. Wenn Alessia das Baby behielt, dann würde es ohne seinen Vater aufwachsen.
Natürlich würde er das Kind anerkennen und unterstützen. Vielleicht sogar besuchen. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht hielt Alessia ja nichts von der Vorstellung, dass sein Sohn oder seine Tochter sporadischen Kontakt zu dem Mann hatte, der der biologische Vater war. Seine Tochter … irgendwie fiel es ihm leichter, sich ein kleines Mädchen vorzustellen, mit den blauen Augen und dem goldenen Haar der Mutter …
Was war das?
Von hier oben konnte er die Scheinwerfer eines Wagens vor dem Haus vorfahren sehen. Wer kam um diese Zeit noch zur Villa? Und dann ertönte eine Hupe, laut und aufdringlich. Eine Hupe, die besagte: „Ich bin hier – wo bist du?“
Die Sprache aller Taxifahrer auf der ganzen Welt.
Nick setzte sich fluchend in Bewegung. „Verdammt, Alessia.“ Er rannte den Hügel hinunter. „Verflucht noch eins …!“
Die Haustür öffnete sich in dem Augenblick, als er schlitternd davor zum Stehen kam. Und richtig, da stand Alessia, die kleine Reisetasche in der Hand.
Sie verließ ihn! Wie konnte sie es wagen? Bildete sie sich ein, sie könnte einen solchen Schritt unternehmen, ohne sich darum zu kümmern, ob er sie überhaupt gehen lassen würde?
Die Hände in die Hüften gestemmt, stand er am Fuße der Treppe, seine Augen glühten vor Rage.
„Wo zum Teufel willst du hin?“
Alessia bedachte ihn mit dem Blick, mit dem sie ihn damals am Flughafen angesehen hatte – die Prinzessin und der Bauer. „Geh mir bitte aus dem Weg.“
Bitte? Nick schnaubte. Sie betonte dieses „Bitte“ wie die größte Beleidigung. Der Taxifahrer hupte ein zweites Mal. Nick schwang herum, sandte dem Fahrer einen vernichtenden Blick, drehte sich wieder zu Alessia. „Rühr dich nicht von der Stelle“, knurrte er.
Sie lachte nur und kam die Treppe herunter. Er fasste sie beim Arm und brachte sein Gesicht auf Zentimeter an ihres heran. „Ich warne dich, Prinzessin. Keinen weiteren Schritt mehr.“
„Für wen hältst du dich, dass du mir Befehle erteilen willst?“
„Ich sage dir, für wen ich mich halte. Ich bin Nicolo Orsini. Und wenn du nicht herausfinden willst, was genau das heißt, würde ich dir dringend raten, dich nicht von der Stelle zu rühren, capisce ?“
„Wie kannst du es wagen?! Ich bin eine Prinzessin von königlichem Geblüt. Und du, du bist …“
Nick küsste sie. Fest. Hart. Beugte ihren Kopf zurück und hielt ihre Hände fest, die sie zu Fäusten geballt hatte. Küsste sie, bis sie leise aufstöhnte und ihre Lippen für ihn öffnete.
Erst dann ließ er sie los. Reglos blieb sie auf der Treppe stehen, während er zu dem Taxi ging, dem Fahrer ein Bündel Geldscheine in die Hand drückte und ihn wegschickte.
Nick sah dem davonbrausenden Wagen ein paar Sekunden nach, bevor er sich zu Alessia umdrehte.
„Wohin wolltest du eigentlich?“, fragte er grimmig.
„Das geht dich nichts …“
„Erst sagst du mir, dass du mein Baby bekommst, dann kneifst du den Schwanz ein.“
„Ich weiß nicht, was das heißt.“
„Das heißt, dass du Angst hast, die Sache mit mir auszudiskutieren.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich frage dich noch einmal: Wohin wolltest du?“
Ja, wohin? Alessia schluckte. „Weg.“
„Du wirst dir schon etwas Besseres als Antwort einfallen lassen müssen.“
„Du hast kein Recht …“
Nick legte ihr hart die Hände auf die Schultern. „Ich habe jedes Recht der Welt.“ Sein Mund wurde schmal. „Es ist mein Kind, das da in dir wächst.“
Ihre Augen schleuderten Dolche auf ihn. „Bist du sicher?“
Na schön, das hatte er wohl verdient. Nick holte tief Luft. „Sag einfach offen, was du jetzt vorhast.“ Ihre Blicke trafen sich, und er spürte, wie der Ärger übermächtig wurde. „Hör zu. Für mich ist das auch nicht einfach. Rede mit mir. Lass mich wissen, was du denkst. Was du zu tun gedenkst.“
Sie funkelte ihn böse an, und dann, ganz plötzlich, schien alle Energie sie zu verlassen. Ihre
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