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Sag niemals STIRB

Sag niemals STIRB

Titel: Sag niemals STIRB Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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zu tun?“
    Sie nickte.
    „Und deshalb waren Sie heute bei Kistner? Die Aufklärung von Todesfällen ist nicht sein Job.“
    „Aber der des Militärischen Geheimdienstes. 1970 war Kistner in Laos stationiert. Er gehörte zu denen, die den letzten Flug meines Vaters in Auftrag gaben.“
    „Und hat Kistner Ihnen irgendetwas Neues erzählt?“
    „Nur, was ich erwartet habe.“
    „Muss schwer sein, dass Sie so weit umsonst gereist sind.“
    „Es wird schwer für meine Mutter sein.“
    „Für Sie nicht?“
    „Eigentlich nicht.“ Sie stand vom Bett auf, trat auf den Balkon hinaus und starrte auf das Wasser hinunter. „Sehen Sie, mein Vater ist mir verdammtgleichgültig.“
    Sie fühlte mehr, als dass sie hörte, wie er näher kam. Er lehnte sich neben ihr an das Geländer. Die Flusslaternen gaben so wenig Licht, dass sein Gesicht in Dunkelheit getaucht war.
    Sie blickte auf das schimmernde Wasser hinunter. „Sie wissen nicht, wie es ist, die Tochter einer Legende zu sein. Mein ganzes Leben lang haben mir die Leute erzählt, wie tapfer er war, was für ein Held er war. Himmel, muss er den Ruhm geliebt haben!“
    „Viele Männer tun das.“
    „Und viele Frauen leiden darunter.“
    „Hat Ihre Mutter gelitten?“
    Sie blickte zum Himmel hinauf. „Meine Mutter …“ Sie schüttelte den Kopf und lachte. „Sie war Nachtclubsängerin. Nur die besten Clubs von New York. Ein Kritiker hat über sie geschrieben: ‚Ihre Stimme spinnt ein Netz, das jedes Publikum mit seiner Magie einfängt!‘. Dann hat sie geheiratet. Vom Star wurde sie zur Fußnote im Leben eines Mannes. Wir lebten ein paar Jahre in Vietniane. Sie wollte unbedingt heim, aber da war sie, und sie suchte Läden nach anständigen Lebensmitteln ab und tat die Handgranaten mit einem Lachen ab. Dad hat den Ruhm eingeheimst, aber sie hat mich großgezogen.“ Willy sah Guy an. „So ist die Welt, nicht wahr?“
    Er antwortete nicht.
    Sie lenkte ihren Blick wieder auf den Fluss. „Nachdem Dads Vertrag mit Air America endete, versuchten wir es eine Weile in San Francisco. Er arbeitete für eine Zubringerfluglinie. Mom und ich, also, wir genossen es, in einer Stadt zu leben, in der es keine Mörder und Granaten gab. Aber …“ Sie seufzte. „Es war nicht von Dauer. Dad langweilte sich. Er ging zurück.“
    „Ihre Eltern ließen sich scheiden?“
    „Er hat nie um die Scheidung gebeten, und Mom wollte nichts davon wissen. Sie liebte ihn.“ Willys Stimme sank ab. „Sie liebt ihn noch immer.“
    „Er kehrte allein nach Laos zurück?“
    „Er verpflichtete sich für weitere zwei Jahre. Er liebte die Gesellschaft von Leuten, die nach Gefahr süchtig waren. Sie waren alle so, diese A.A.-Piloten – alles Freiwillige, keine Wehrpflichtigen. Fliegen war wohl das Einzige, was ihnen ein Hochgefühl gab, wo sie sich lebendig fühlten. Muss für Dad das absolute High gewesen sein, als er starb.“
    „Und jetzt sind Sie hier, mehr als zwanzig Jahre später, und suchen einen Mann, der Ihnen egal ist. Kistner hat Ihnen das offizielle Urteil gegeben. Ihr Vater ist tot. Reicht das?“
    „Nicht nach all den Lügen, die man uns die ganzeZeit aufgetischt hat.“
    „Wer hat Sie belogen?“
    Sie lachte. „Wer hat es nicht getan? Wir haben mit dem Vermisstensuchdienst gesprochen, mit dem Militärischen Geheimdienst, mit der CIA. Alle gaben uns denselben Rat – aufzugeben.“
    „Vielleicht haben sie Recht.“
    „Vielleicht verbergen sie die Wahrheit.“
    „Und die wäre?“
    „Dass Dad den Absturz überlebte.“
    „Welchen Beweis haben Sie dafür?“
    Sie betrachtete Guy einen Moment und überlegte, wieweit sie sich ihm anvertrauen konnte. Überlegte, warum sie sich ihm schon so weit anvertraut hatte. Sie wusste nichts über ihn, außer dass er schnelle Reflexe und Sinn für Humor hatte. Dass seine Augen braun und sein Lächeln übermütig war. Und dass er auf seine etwas schlampige Art der attraktivste Mann war, der ihr je begegnet war.
    Der letzte Gedanke traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Aber er war wirklich attraktiv. Sie konnte nichts Besonderes benennen, das ihn so machte. Vielleicht war es seine Selbstsicherheit. Oder vielleicht ist es der verdammte Whisky, dachte sie. „Meine Mutter und ich, wir hatten … also, es gab Hinweise, dass uns Geheimnisse vorenthaltenwurden.“
    „Etwas Konkretes?“
    „Nachdem die Maschine heruntergegangen war“, erklärte sie, „druckten Dads Kameraden Flugblätter, in denen sie zwei Kilo Gold demjenigen als

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