Sag niemals STIRB
Keuchend brachen sie beide auf dem Betonboden zusammen.
„Nicht!“, schluchzte Lassiter. „Bitte …“
„Ich habe Ihnen doch gesagt, ich … will nur … reden …“
„Ich werde nichts sagen! Ich schwöre es. Richten Sie ihnen das aus. Sagen Sie ihnen, ich habe alles vergessen, alles …“
„Wer?“ Guy packte den Mann an den Schultern. „Wer sind die Leute? Vor wem haben Sie Angst?“
Lassiter holte bebend Atem, sah ihn an und schien eine Entscheidung zu treffen. „Die CIA.“
„Warum will die CIA Ihren Tod?“, fragte Willy.
Sie saßen an einem Tisch an Deck einer alten Flussbarke. Neutrales Gebiet, hatte Lassiter von diesem schwimmenden Café gesagt. Während des Krieges hatten aufgrund einer unausgesprochenen Abmachung auf diesem Deck Vietkong und südvietnamesische Soldaten zusammengesessen und einen kleinen Flecken Frieden genossen. Ein paar hundert Meter weiter mochte der Krieg toben, aber hier wurden keine Waffen gezogen.
Lassiter, hager und nervös, nahm einen Schluck Bier. Hinter ihm floss jenseits der Reling der Mekong, belebt mit den Rufen der Flussmänner und dem Tuckern von Booten. Im letzten Licht des Sonnenuntergangs kräuselte sich das Wasser golden. Lassiter sagte: „Sie wollen mich aus demselben Grund aus dem Weg räumen, weswegen sie Luis Valdez aus dem Weg haben wollten. Ich weiß zu viel.“
„Worüber?“, fragte Willy.
„Laos. Die Bombardierungen, die Waffenabwürfe. Oder den Krieg, von dem der durchschnittliche Soldat nichts wusste.“ Er sah Guy an. „Wussten Sie es?“
Guy schüttelte den Kopf. „Wir waren alle so damit beschäftigt, am Leben zu bleiben, dass wir uns nicht darum kümmerten, was jenseits der Grenze vor sich ging.“
„Valdez wusste Bescheid. Jeder, der in Laos runterging, wurde einer Erziehung unterworfen. Falls er überlebte. Und das war ein großes Fragezeichen.“
„Sie haben Valdez in Tuyen Quan kennengelernt?“, fragte Guy.
„Ja, im Ferienlager.“ Er lachte. „Drei Jahre steckten wir in derselben Zelle.“ Sein Blick wanderte auf den Fluss hinaus. „Ich war bei der hundertersten, als ich gefangen wurde. War während eines Gefechts von der Truppe getrennt worden. Sie wissen, wie das in diesen Tälern ist. Der Dschungel ist so dicht, dass man nicht weiß, wo oben und unten ist. Sie haben mich geschnappt und nach Norden gebracht. Meine Kameraden hatten sie mit Hueys, Helikoptern, herausgeholt, aber mich haben sie zurückgelassen. So landete ich in Tuyen Quan.“
„Wo Sie Valdez trafen“, sagte Willy.
„Er wurde ein Jahr später gebracht. Sie verlegtenihn von irgendeinem Lager in Laos. Da war ich schon ein Oldtimer. Wusste, wie alles läuft. Arbeitete auf meinem eigenen Gemüsebeet. Mir ging es gut, Valdez nicht. Gelbsucht und ein gebrochener Arm, der nicht heilen wollte. Dauerte Monate, bis er überhaupt im Garten arbeiten konnte. Ja, nur er und ich in dieser Zelle. Drei Jahre. Wir haben viel geredet. Ich habe alle seine Geschichten gehört. Er sagte viel, was ich nicht glauben wollte, über Laos, darüber, was wir dort machten …“
Willy beugte sich vor und fragte leise: „Hat er jemals über meinen Vater gesprochen?“
Lassiters Augen wirkten vor dem Sonnenuntergang dunkel. „Als Valdez ihn zuletzt sah, lebte Ihr Vater noch. Und versuchte, die Maschine zu fliegen.“
„Und was passierte dann?“
„Valdez stieg sofort aus, nachdem die Maschine hochgegangen war. Er konnte also nicht wissen …“
„Warten Sie“, unterbrach ihn Guy. „Was meinen Sie mit ‚hochgegangen‘?“
„Genau, was ich sagte. Im Laderaum ging was hoch.“
„Aber die Maschine wurde abgeschossen.“
„Es war nicht feindliches Feuer, was sie heruntergeholt hat. Valdez war da ganz sicher. Siemögen zu dem Zeitpunkt durch Flakfeuer geflogen sein, aber das war etwas anderes, etwas, das die Ladetür sauber rauspustete. Er ging immer wieder durch, was sie geladen hatten, aber er erinnerte sich nur daran, dass Flugzeugersatzteile aufgelistet waren.“
„Und ein Passagier“, sagte Willy.
Lassiter nickte. „Valdez hat ihn erwähnt. Sagte, es sei ein sonderbarer kleiner Bursche gewesen, ruhig, irgendwie beinahe heilig. Allein danach, was er um seinen Hals trug, konnten sie erkennen, dass er ein VIP war.“
„Sie meinen Gold? Ketten?“, fragte Guy.
„So eine Art Medaillon. Vielleicht irgendein religiöses Symbol.“
„Wo sollte dieser Passagier abgesetzt werden?“
„Hinter den Linien. Vietkong-Gebiet. Es war ein Rein-raus-Job,
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