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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg F. Gifune
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das Klebeband erstickt, das seinen blutigen Mund verschloss.
    »Paulie, ich …«
    »Ich fahre dich heim. Dann komme ich zurück und kümmere mich um den Rest«, sagte Onkel. »Aber jetzt geh raus.«
    »Nein …«
    »Warte draußen auf mich, Marie.« Ich sah ihn die Pistole heben und sie auf Michael Rings Kopf richten, ohne ihn auch nur anzusehen.
    »Jetzt. Tu es jetzt.«
    Ich lege den Hörer auf, während Martha und ich ihn anstarren, als sei er ein außerirdisches Instrument, etwas, das uns mit Ehrfurcht erfüllt und von dem wir uns große Weisheit und Hilfe erhoffen. Doch es bietet uns weder das eine noch das andere.
    Am Fußende des Bettes schnurren die schlafenden Kätzchen, der ruhige Rhythmus ihres Atems ist das friedlichste und wunderbarste Geräusch, das ich je gehört habe. Ich sehe sie lange an, fast erscheint es mir wie eine Ewigkeit, und spüre in ihren winzigen Körpern und ihren kindlichen Gesichtern die Anwesenheit Gottes auf eine Weise, in der ich sie nicht mehr erfahren habe, seit ich selbst ein kleines Kind war. Mir erscheint der Himmel weit jenseits jedes Begreifens, doch Babys ist er unendlich viel näher, nicht so unerreichbar weit entfernt. Ich versuche, mich zu erinnern, wie sich das Leben angefühlt hat, als es noch neu war und alles möglich schien, doch selbst das bleibt weit außerhalb meiner Reichweite. Irgendwie verstehe ich, dass es so sein muss, zumindest im Moment, und für einen kurzen Augenblick ergibt das alles einen Sinn.
    Als das Aufblitzen von Klarheit verblasst, tritt Martha näher und legt ihren Kopf schief wie ein verwunderter Welpe. »Sag mir, was los ist«, flüstert sie.
    Meine Mutter ging den schmalen Pfad zwischen dem Verwalterhaus und dem Waldrand entlang. Ich konnte ihr Gesicht aber nicht sehen. Ihr Kopf war gesenkt, und ihre Bewegungen waren seltsam fließend und traumwandlerisch, mehr ein Gleiten als ein Gehen.
    Ich bemerkte die Kälte nicht mehr, als ich näher an das alte Gebäude heranstapfte, näher zu den zerbrochenen Fenstern.
    Durch die Spinnweben, die die Vergangenheit von der Gegenwart trennten, sah ich, wie Onkel die Pistole an Michael Rings Schläfe drückte. Die Augen des Jungen verdrehten sich, glitten zur Seite, beobachteten den Onkel, und eine seltsame Ruhe kam über ihn. Er hörte auf zu kämpfen, versuchte nicht länger zu sprechen.
    Im Gesicht des Schützen sah ich die Erinnerungen an einen Mann, der mit uns lachte und spielte, der Angela und mich durch unseren Garten jagte, uns kitzelte oder uns still auf seinem Schoß hielt, uns vergötterte und uns schützte und uns zuliebe alles war, was wir brauchten. Ich sah ihn mit meiner Mutter tanzen, wie er sie in der Küche herumwirbelte und wir alle lachten. Ich sah ihn, wie er neben mir herging, als ich ihm erst bis zur Taille reichte, seinen Arm auf meine schmalen Schultern gelegt, der meine um seine Hüften geschlungen, wie er mehr zuhörte als redete, mich anhörte . Ich dachte daran, wie warm und stark sich sein Körper anfühlte, und wie er mir das Gefühl der Unbesiegbarkeit und Sicherheit gab, wenn ich neben ihm ging. Ich erinnerte mich daran, wie oft ich mir still gewünscht hatte, er wäre mein Vater, und wie ich später zu der Erkenntnis kam, dass er auf die unterschiedlichste Weise genau das gewesen war.
    Seine Stimme hallte – in einem Ton, den ich nie zuvor gehört hatte – noch immer durch die verfallenden Wände des alten Hauses.
    » Verdammt sollst du sein. Verdammt für das, was du getan hast. Und verdammt für das, was ich deinetwegen tun muss.«
    Der Schuss in meinem Kopf dröhte ohrenbetäubend.
    Ein Schwarm Spatzen, der in den Bäumen darüber nistete, flog aufgeschreckt davon. Die Tiere flogen in perfektem Einklang, wirkten wie eine einzige dunkle Wolke, als sie in eine Richtung stoben, abdrehten und dann in die entgegengesetzte Richtung zurückwirbelten, bevor sie am Winterhimmel verschwanden.
    Ich wandte mich von all dem ab. Boone stand direkt hinter der Baumlinie und starrte mich an. »Es gibt keinen Grund für uns, hier zu sein«, schrie er noch einmal. Er zitterte jetzt so sehr, dass nur noch schwer zu verstehen war, was er sagte. »Warum hier? Warum bringst du mich nicht in den Wald hinter eurem alten Haus? Warum gehen wir nicht da hin? Warum ist dieser Ort so ein verdammter Schrein? Warum gehen wir nicht raus zu dem Weg, wo der Bastard Angie vergewaltigt hat? Warum gehen wir nicht da hin und kriegen da feuchte Augen, du scheinheiliger Dreckskerl!«
    In vielerlei Hinsicht

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