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Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition)

Titel: Sag Onkel - Psycho-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg F. Gifune
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ein, während er mich ansah. »Was darf ich Ihnen bringen, Kumpel?«
    »Einen Cutty auf Eis, bitte.«
    Er schob eine Serviette vor mich, füllte rasch eine kleine Schale auf der Theke mit Erdnüssen auf und gab mir meinen Drink. »Hab Sie hier noch nie gesehen«, sagte er mit dem Anflug eines Lächelns.
    »Bin nur auf der Durchreise.«
    Der Barkeeper nickte. Offenbar fand er meine Antwort annehmbar. Er öffnete den Mund, um das Gespräch fortzusetzen, als der alte Mann am Ende der Bar ihn unterbrach. »Benny«, sagte er mit schwerer Stimme, »spiel’s noch mal, für einen alten Mann, machst du das?«
    Der Barkeeper schmunzelte, nahm etwas Kleingeld aus der Kasse hinter sich und ging zur Jukebox. Innerhalb von Sekunden spielte der Song erneut.
    Ich schlürfte meinen Drink, fühlte ihn warm meine Kehle hinunter- und weiter hinabrinnen.
    »Gut, was zu trinken«, sagte der Mann neben mir. »Meinen Sie nicht?«
    Ich lächelte und nickte.
    »Besonders mitten im Winter«, antwortete er sich selbst. »Da geht nichts drüber. Entspannt einen, ist’s nicht so? Man fühlt sich besser, auch wenn man nicht das Recht hat, sich besser zu fühlen. Hilft einem, einen Moment lang all das Schlechte zu vergessen, hab ich nicht recht?«
    Der Barkeeper kam zurück und lächelte mich entschuldigend an.
    »Henry«, sagte der Alte und streckte mir eine knochige Hand entgegen.
    Ich schüttelte ihm die Hand. Sie war kühl. »Andy.«
    »Schön, Sie kennenzulernen, Mann. Schön, Sie kennenzulernen.«
    »Freut mich auch.« Ich nahm einen weiteren Schluck von meinem Drink.
    »Verheiratet, wie ich sehe.«
    Ich sah auf meine linke Hand und den goldenen Ehering an meinem Finger, dann hob ich ihn, lächelte und nickte.
    »Ich auch.« Er seufzte schwer, hob sein Glas und starrte es an. »Es ist gut, verheiratet zu sein. Viele beklagen sich, aber ich war es immer gern.«
    Ich schaute nach dem Barkeeper, aber der war ans Ende der Bar gegangen und unterhielt sich mit dem alten Mann über Country-Musik.
    »Wie lange sind Sie schon verheiratet?«
    »Zehn Jahre«, antwortete ich.
    »Gut für Sie.« Er hob anerkennend sein Glas. »Eine echte Leistung.«
    Ich stieß mit ihm an. »Und Sie?«
    »Sechsundzwanzig Jahre, drei Kinder – alle erwachsen inzwischen, natürlich. Haben Sie Kinder, Andy?«
    »Nein.«
    »Wie kommt das?«
    Nachdem er zweifellos bereits betrunken war und mir harmlos vorkam, ließ ich ihm die Zudringlichkeit seiner Frage durchgehen.
    »Wir haben einfach keine.«
    »Wollen Sie und Ihre alte Dame keine?«
    »Eines Tages vielleicht.«
    »Wartet nicht zu lang«, sagte er ruhig und nahm eine etwas reserviertere Haltung ein. »Man wartet zu lange, und dann wacht man eines Tages auf und stellt fest, dass es zu spät ist. Wir denken immer, wir hätten alle Zeit der Welt, wissen Sie? Haben wir aber nicht, Mann. Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass es nicht so ist.« Er stürzte den Rest seines Drinks hinunter. »Das ist wie mit dem Heiraten, wissen Sie? Das Gleiche. Sie glauben, es ist genau wie es ist, stimmt’s? Sie liebt Sie und Sie lieben sie und das Leben geht weiter. Und dann ändert sich alles. Einfach so. Zu Ende. Verschwindet einfach alles in verdammter Schwärze.«
    Ich nickte, als hätte ich verstanden, und wandte mich wieder meinem Drink zu.
    Er beugte sich näher zu mir herüber, und der Geruch von billigem Rasierwasser stieg mir in die Nase. »Eines Tages komme ich von der Arbeit nach Hause, okay? Ich arbeite beim Sicherheitsdienst von Danton Industries. Wissen Sie, die stellen drüben im Industriegebiet wirklich schöne Austauschfenster her. Ich arbeite da beim Sicherheitsdienst, am Empfang, keine große Sache, aber dauerhaft, ich bin da schon seit Jahren. Hab einen netten Rentenplan und alles. Meine Frau und die Kinder haben nie was entbehren müssen, verstehen Sie, was ich meine? Wir waren nicht reich, aber ich habe meine Familie nie auf etwas verzichten lassen. Wenn ich einen zweiten Job in der Nacht annehmen musste oder was auch immer, hab ich es getan, in Ordnung? Einmal habe ich an Weihnachten die Regale im Lebensmittelmarkt eingeräumt – echt wahr – ich und eine Horde pickeliger kleiner Teenager-Kotzbrocken. Sie haben mich alle ausgelacht, so nach Scheiß, blöder alter Versager, der die Regale einräumt, ja? Aber meine Familie hatte ein schönes Weihnachtsfest in diesem Jahr, also hab ich die Scheiße runtergeschluckt, um es ihnen zu schenken, okay? Und ich hab’s mit Freuden getan, Mann. Verdammt noch mal, mit Freuden

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