Saga von Dray Prescot 25 - Spikatur-Zyklus 03 - Die Legionen von Antares
Ich hatte ihn so schonend wie möglich niedergeschlagen, wahrscheinlich schwächer, als es angebracht gewesen wäre. Mir kam eine Zeile aus einem Gedicht Covells mit der Goldenen Zunge in den Sinn, eines der bedeutendsten Dichter Vondiums. Er war ein lebhafter, intelligenter, empfindsamer Mann, der Gewalt in jeder Form verabscheute. Es wäre sinnlos gewesen, seine Lyrik in eine irdische Sprache zu übersetzen, so einzigartig und wunderschön ist das Kregische. Er singt: ›Es wäre der Tod, in Romantik und Liebe menschlicher Beziehungen keine Hoffnung zu sehen. Einsamkeit ist das wahre Unglücklichsein.‹
Bei Zair, auch ich war einsam gewesen! Unter den vielen prächtigen Freunden, die das Glück mir auf Kregen zugeführt hat, nahm dieser Mann, dieser Edelmann eines verfeindeten Landes, dieser Nedfar, eine wichtige Stellung ein; es wurde Zeit, den Kartenraum der verrückten Herrscherin Thyllis zu verlassen und mich meinen eigentlichen Aufgaben zu widmen.
Ich warf einen letzten schnellen Blick in die Runde, blieb bei dem teiggesichtigen Mann stehen und riß ihm den schwarz- und grüngefiederten Grascent ab. Das Abzeichen steckte ich in die Tasche. Nedfar begann zu stöhnen. Ich salutierte förmlich vor ihm und verließ den Moorn-Vew, indem ich die Tür des quadratischen Raumes und den weiteren Durchgang zum Korridor hinter mir schloß. Nath die Kugel schlief noch. Im Vorbeigehen überzeugte ich mich, daß er es bequem hatte, und stützte ihn zusätzlich mit seinem Stock ab.
Dann nahm ich die Schultern zurück, hob den Kopf, setzte das verächtliche Gesicht eines Adjutanten auf, der einen wichtigen Auftrag erhalten hat, und marschierte in den Vorraum.
Die Mühe hätte ich mir sparen können. Im Saal schien sich nichts verändert zu haben, auch wenn es etwas lauter zuging als vorher. Die Chulik-Wächter an der gegenüberliegenden Tür ließen mich ohne Murren durch. Laternen und Lampen verbreiteten ein vages streifiges Licht. Auf der Landeplattform warteten etliche Kuriervoller und Melde-Flugvögel, doch natürlich mußte ich das Protokoll beachten. Ich spürte ein seltsames Kribbeln im Rücken. Dieser Saal voller schlummernden Offiziere konnte nicht lange unbemerkt bleiben. Man wußte, wer ich war. Ich war Dwa-Jiktar Jak der Schuß, Angehöriger des Hamalischen Luftdiensts, Kapitän der Mathdi. Ich seufzte, als der Jiktar auf mich zukam und dabei bereits dem nächsten Voller zuwinkte.
»Gibt es Ärger, Jik?« fragte der Offizier, ein kleiner, kräftiger, atemloser Mann, der seine Arbeit sehr genau nahm.
»Aye, Jik. Herrelldrins Höllen sind einfach nicht tief genug. Ach, das ist nun mal das Leben. Ist dies mein Voller?«
»Dienstbereit, Jik!« rief eine fröhliche Stimme. Doch ehe die Worte zu hören waren, ertönte ein kurzes, verlegenes, beinahe innerliches Lachen. Bonzos fröhliches Gesicht schaute zu mir auf, und das blonde Haar schien sich von seinem Kopf in den Himmel strecken zu wollen.
Was sollte ich tun? Wenn Bonzo mir in den Weg geriet, würde er sich schlafen legen müssen, Bratch!
Auf seine übliche schwungvolle Weise steuerte er uns vom Gebäude fort. »Wohin, Jik?«
»Zu den Vollerschuppen in Urnmayern.«
Er musterte mich mit blauen Augen. Ich wußte, was er dachte. Adjutanten standen keine Meldevoller zur Verfügung, wenn sie ins Quartier zurückwollten. In diesem Punkt waren die hamalischen Vorschriften streng – wie überhaupt in jeder Hinsicht. Während des kurzen Fluges erfuhr ich, daß Bonzo gern spielte; was er über die Wettsituation bei Zorca- und Sleethrennen nicht wußte, hätte auf einem Kupfer-Ob Platz gehabt. Ich sagte, bei solchen Rennen würde doch oft betrogen; dann bat ich ihn zu warten, während ich an Bord der Mathdi ging. Dabei hielt ich mir vor, daß die Risiken, die ich gewohnheitsmäßig einging, bestimmt viel törichter waren als seine Einsätze bei den Wetten.
Hikdar Bonnu war einsatzbereit und konnte es kaum noch abwarten – und sobald ich ihm das Ziel sagte, würde er starten. Der kleine dreiarmige Och mit dem Besen hatte neue Probleme heraufbeschworen.
»Ich weiß, Bonnu, ich weiß. Befehl, Gegenbefehl, Chaos. Aber es gibt neue Gesichtspunkte. Du kennst die Höhlen des Kov Mak, etwa zwanzig Dwaburs nördlich der Stadt?« Er nickte. Diese Höhlen, die ihren Namen der extremen Dunkelheit in ihrem Innern verdanken, führten viele Meilen in die Berge und waren seit Urzeiten in Gebrauch. »Dort wartest du auf mich. Die Mathdi muß solange von der Oberfläche
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