Saga von Dray Prescot 27 - Pandahem-Zyklus 01 - Die Labyrinthe von Scorpio
und ich geboten über kein Gefolge und hatten uns im Gegensatz zu den anderen nicht mit Zelt oder Betten oder Tischen und Stühlen belastet. Wir lagerten, wie wir es in so mancher anderen Nacht und an vielen anderen kregischen Orten getan hatten. Die Erfahrungen zahlreicher Feldzüge kamen uns zugute.
Von der dichten Laubdecke, in der sich die Blätter zwischen den Ästen zu Puzzlemustern erstreckten, bis hinab zum weichen Boden, auf dem die herunterfallenden Überreste landeten, konsumiert und fortgetragen wurden, enthielt jede Ebene ihre eigene Scheibe von Leben. Wir wagten keinen Aufstieg, sondern blieben am Boden und suchten uns einen Weg zwischen den mächtigen berankten Baumstämmen. Für unser Nachtlager bauten wir die Zelte im Kreis auf, legten Feuerstellen an und stellten Wachen auf. Häufig blieben wir nicht ungestört, doch begleiteten uns zahlreiche geschickte Kämpfer, so daß wir uns gegen die Dschungelbewohner durchsetzen konnten.
Zumindest gegen einige ...
In der Nacht vor dem Tage, da wir der Landkarte zufolge den oberen See mit Wasserfall und Felsklippe erreichen würden, wechselten Seg und ich Bemerkungen über unsere Begleiter und kamen zu dem Schluß, daß wir nicht genug über sie wußten.
»Palu der Pachak ist bestimmt wie die meisten Pachaks ein ehrlicher Mann. Allerdings überrascht es mich, daß er mit einem Schurken wie Ornol oder einem Widerling wie Skort zu tun hat ...«
»Ich«, sagte ich, »sehe Exandu als Bösewicht.«
»Nun ja, damit hättest du vielleicht sogar recht. Er äußert sich nicht über seinen Beruf. Und er hat zu Opaz dem Neunfach Erhabenen gebetet.«
»Was ihn als Nicht-Pandahemer ausweist.«
»Es sei denn, er wäre konvertiert«, bemerkte Seg lachend.
Normalerweise strömten vier Gruppen von Leuten in ein neues Land: Das Militär, die Kaufleute, die Söldner und die Missionare.
»Mit den Missionaren der Schwarzen Federn des Großen Chyyan gab es ziemlich heftige Auseinandersetzungen«, sagte ich. »Und auf jeden Fall huldigt Skort der Clawsang irgendwelchen finsteren Göttern. Aber Exandu?«
»Morgen erreichen wir den Unterschlupf der Drikinger. Dann erfahren wir mehr.« Seg rollte sich in seinem Schlafsack herum. »Gute Nacht.«
Die hatten wir, und am nächsten Morgen marschierten wir bis zum Ende des Waldes und schauten über den See auf die steile Felswand.
Jeder blickte unwillkürlich auf die Wasserfläche und versuchte festzustellen, ob Slaptras darin lauerten. Es waren keine samtigen blaugrünen Lilienblätter auszumachen.
»Ich marschiere rechts herum«, verkündete Strom Ornol.
Schweratmend sagte Exandu: »Nach links sieht es kürzer aus.«
Skort der Clawsang zog seine Klinge zur Hälfte und stieß sie wieder in die Scheide. Er war mit einem Lynxter bewaffnet, einem lohischen Schwert, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem havilfarischen Thraxter besitzt. Skort kannte sich in den Dschungeln von Chem aus, das in Loh liegt. Doch hatte er bisher kein Wort darüber verloren, wo er geboren worden war. Wie alle anderen war er in diesem Punkt sehr schweigsam. Wir begnügten uns damit, in ihnen die schlichten Abenteurer zu sehen, als die wir ebenfalls auftraten.
»Ich glaube, ich begleite Strom Ornol«, sagte Skort.
Der See schimmerte im vermengten Schein der Sonnen von Scorpio. Der Dschungel wucherte bis dicht ans Ufer. Direkt gegenüber lag die hohe Felswand, übersät mit Ranken und leuchtenden Blüten. Scharen von Vögeln schwirrten krächzend hin und her. Auf den ersten Blick schien es kaum einen Unterschied zu machen, welchen Weg wir wählten. Über dem See schimmerte die Hitze und ließ die Felswand hier und dort wabernd verschwimmen.
Inmitten der am Himmel umherhuschenden Vögel entdeckte ich plötzlich ein prächtiges rotgoldenes Flügelwesen. Es löste sich aus den engen Lianen und flog am Ufer des Sees entlang. Ich hatte meine Gefährten vergessen und beobachtete den Vogel aufmerksam.
Das Wesen kam vom Kurs ab. In steilem Flug hielt es genau auf meinen Kopf zu, die Flügel ausgebreitet, deren Gefieder in der Sonne schimmerte – ein herrliches Bild. Er war der Gdoinye, der Spion und Bote der Everoinye, der Herren der Sterne.
Ich wußte, daß nur ich allein den Gdoinye sehen konnte.
Der Vogel krächzte arrogant, beschrieb eine Kurve und verschwand auf der rechten Seite des Wassers.
»Großer Exandu«, sagte ich, »ich glaube, der Weg rechts herum täte deinen zerbrechlichen Knochen besser.«
Ruckhaft hob er das gerötete Gesicht, und vom
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