Saga von Dray Prescot 27 - Pandahem-Zyklus 01 - Die Labyrinthe von Scorpio
unbändiger Wut.
Sie richtete sich auf und deutete mit zitterndem Finger auf mich.
»Ich werde dich nicht töten, Dray Prescot. Hier und jetzt kannst du mir widerstehen. Aber du wirst dich noch unterwerfen, das wirst du! Und wenn es dein ganzes Leben dauert, du wirst dich beugen!«
»Ich weiß nicht, wer du bist«, sagte ich. »Jedenfalls bist du nicht Königin Mab. Dich kenne ich nicht.«
»Du wirst mich kennenlernen, Dray Prescot, o ja!«
Ich atmete tief durch. Der Bann war gebrochen. »Du scheinst mich mit einem Namen anzureden, der dir bekannt ist. Wie kommt das?«
»Dummkopf!«
»Nun ja«, sagte ich gelassen, »damit hast du recht, ich streite es nicht ab. Du sprichst davon, in Zuneigung zu mir entbrannt zu sein. Das ist dein Pech, Frau, denn eigentlich solltest du es besser wissen ...«
»Nimm dich in acht ...!«
»Oh, das werde ich nicht tun! Du bist nicht Pancresta, soviel steht fest. Aber kennst du dich mit Spikatur Jagdschwert aus?«
Anglar lachte. Selbst der Chulik, der gerade seine Hauer polierte, zog eine Grimasse – dabei ist Humor bei Chuliks äußerst selten.
»Ich weiß von diesen elenden Würmern! Spikatur! Wir haben sie übernommen und unserem Willen unterworfen – unserem Willen! Und du, du hast alles zunichte gemacht, du mit deinen Zauberern! Ich weiß es! Warum ich dich nicht einem Leben voller Qualen überantworte, weiß ich nicht ...« Sie hob eine Hand an die Stirn; ein nackter weißer Arm schlängelte sich aus der schwarzgrünen Robe hervor. Sie schien plötzlich verwirrt zu sein.
Ich hielt Ausschau nach meinem Verbündeten, dem Skorpion, doch er war verschwunden.
Die Bettvorhänge wurden aufgerissen, und Anglar und Nath der Kaktu halfen der Frau vom Bett zu ihrem Stuhl. Dieses thronähnliche Gebilde wurde in eine freigeräumte Zone gestellt. Ich stieg vom Fußende des Bettes und überlegte, ob ich nach dem Krozair-Langschwert greifen sollte, das ich unter dem Bann der Frau abgelegt hatte. Ja, sie mußte einen Zauber über mich geworfen haben!
Aber dann! Bei Zair, ich kann Ihnen sagen, das Herz drehte sich mir in der Brust, und das Blut schoß mir in den Kopf, und ich hätte mich beinahe übergeben ...
Dann ertönte das feine Klimpern goldener Glocken ...
Die Frau, die aufrecht auf ihrem kleinen Thron saß, schloß die Augen. Ihre Lider waren golden angemalt, und das Gold war über den Hautfältchen abgeblättert. In diesem Augenblick verschwand die bezwingende Schönheit ihres Gesichts, und die Blässe ihrer Haut und die goldenen Lider schienen ein Leichengesicht zu erschaffen, angemalt für die letzte Todesreise zu den Eisgletschern Sicces.
Die unzähligen Glöckchen klimperten unentwegt, und ich spürte, wie mir das Blut aus dem Herzen wich.
Mit steifer Bewegung drehte ich mich um. Eine Prozession betrat den hellerleuchteten Saal. Eine vertraute, entsetzlich vertraute blasphemische Prozession ...
»Du Dummkopf!« flüsterte die Frau, die unter ihrer schwarzgrünen Robe nackt war. »Was du ausgeschlagen hast ...«
Es waren nicht sechzehn Womoxes, sondern zwölf, deren schwarze Heroldröcke von Gürteln aus grüner Echsenhaut zusammengehalten waren, deren Hörner golden schimmerten. Sie trugen eine von Zierrat überladene Sänfte, deren bestickte goldene Vorhänge halb geschlossen waren. Vor dem ungewissen rotgoldenen Schimmer der Seidenstoffe zeigte sich im beschatteten Inneren eine kleine Gestalt. Die zahlreichen kleinen goldenen Glocken klimperten in der absoluten Stille und ließen mir einen Schauder nach dem anderen über den Rücken laufen.
Katakis nahmen an der Prozession teil, wild, unbändig, raubtierhaft, Sklavenmeister mit flachen Stirnen und ungleichmäßigen Zähnen. Die Peitschenschwänze ringelten sich kühn über schwarzen Mähnen und führten gefährliche Klingen. Wir erblickten außerdem Chail Sheom, wunderhübsche, halbnackte, angemalte und geschmückte Mädchen, die ergeben in Ketten dahinschritten. Herein marschierten alle möglichen seltsamen obszönen Kreaturen, die unsäglichen Alpträumen entsprungen zu sein schienen und wenig mit dem mir bekannten Kregen zu tun hatten. Ich erblickte Wesen, die mir völlig unbekannt waren; dafür fehlten andere.
Wieder flüsterte die Stimme, die ich in dem Raum mit den blauen Türen gehört hatte, von denen alle bis auf eine rot geworden waren.
»Mutter«, fragte die zarte Stimme, »warum zögerst du? Was bekümmert dich?«
Die Frau öffnete die Augen, die nun durchscheinend grün waren. Ich ließ meinen
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