Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
bestand aus einfacher Schnur. Das braune Haar bildete mit ihrem Gesicht eine alles in allem friedliche, beherrschende, sanfte und barsche Komposition, vereint zu jenem Rätsel des Vaol-Paol, das sich im Gesicht jeder Frau findet. Zu jenem ewigen Vaol-Paol, dem Großkreis der Universalen Existenz, gehört mehr als nur die Philosophie.
»Es betrübt mich, wenn ich dir Kummer gemacht habe.« Delias Blick streifte das halb geschlossene Bett in der Ecke. »Ich entschuldige mich außerdem für meine Tochter Dayra, die sich Ros die Klaue nennt.«
Delia spürte eine seltsame Enge in der Brust. Wenn ihr schlechte Nachrichten offenbart werden sollten, mußte sie die Kraft aufbringen, sie zu ertragen. Sie schwieg. Sie wartete, wie es die Disziplinen vorschrieben.
»Du hast mein Bett gesehen. Ich benutze es hier, anstatt meine geringen Kräfte zu verschleißen, indem ich mich abends in meine Gemächer zurückziehe und morgens wieder hierherschleppe.«
»Herrin…«
»Warte, meine Tochter, warte. Es gab eine Zeit, da war ich so wie du. Aber das ist lange her. Es wird Zeit, daß ich meinen Frieden in Opaz mache. Daß ich meine Aufgaben in kräftigere Hände…«
»Herrin!«
»Trauere nicht. Delia, einst Delia Valhan, jetzt Delia Prescot, Herrscherin von Vallia.«
»Du weißt, das bedeutet mir…«
»Es bedeutet sehr viel. Aber ich ziehe mich zurück, und nichts und niemand kann mich daran hindern, und du, Delia, bist die von mir erwählte Nachfolgerin. Du wirst Herrin der Schwestern der Rose sein.«
6
»Nein.«
»Ich habe dich ausgewählt, Delia, du sollst meine Nachfolgerin sein. Deine offizielle Wahl wird sich anschließen.«
»Nein.« Für Delia gab es kein Zögern, keinen Zweifel. Dieser Posten war nichts für sie. »Nein, Herrin, ich weiß durchaus zu würdigen, was deine Entscheidung bedeutet. Das weißt du. Aber ich kann das nicht annehmen.«
Die Herrin legte sich ein schlichtes quadratisches Taschentuch aus gelbem Leinen über den Mund. Ihr Hüsteln erinnerte an das Kratzen winziger Vögel in einem Nest.
»Wie könntest du ablehnen?«
»Ich weiß es noch nicht. Ich weiß nur, daß ich nicht anders kann.«
Eine schmale verkrümmte Hand, von blauen Adern überzogen, kroch auf die Tischplatte. Diese Hand zitterte.
»Delia…«
»Ich kann nicht zusagen. Ich empfinde deswegen Schmerz und Scham und ein Gefühl der Ehrlosigkeit - alles dumme Gefühle, ich weiß. Aber nimm dieses Geschenk zurück.«
Die Herrin sagte: »Ich hatte einmal einen Ehemann. Er bedeutete mir alles. Dann aber starb er. Ich hatte einst auch Kinder. Eines davon lebt noch - irgendwo. Alles, was du von Ehemann und Kindern brauchst, findest du hier in Lancival.«
»Das glaube ich dir gern, dennoch kann ich nicht…«
»Einst nannte man mich Elomi die Strahlende. Ich wurde in Vallia geboren. Wußtest du das?«
»Ja.«
»Valka ist so schön, daß der Anblick einem das Herz brechen kann. Dennoch ist Lancival…«
»Ich kann nicht Herrin sein, Herrin. Verlang dies nicht von mir.«
»Und wenn ich…?«
»Du würdest es mir nicht befehlen. Das steht nicht in deiner…«
»Aber wenn ich es täte?«
»Du wirst es nicht tun.«
Die Herrin lehnte sich in dem weichgepolsterten Sessel zurück und schien sichtlich kleiner zu werden. »Nein«, flüsterte sie hilflos. »Nein, das würde ich niemals tun.«
Einen Augenblick lang hüllte Schweigen die beiden Frauen ein. Die Herrin schaute auf einen Seitentisch mit einer kristallenen Weinkaraffe, deren Glas in der Sonne funkelte. Augenblicklich erhob sich Delia und schenkte ein Glas Parclear ein, das erfrischend moussierte. Die Herrin kostete und trank dann einen großen Schluck. Ihr Hals wirkte zerbrechlich.
Delia machte keine Anstalten, sich ebenfalls ein Glas einzugießen, bis die Ordensherrin ihr zunickte.
Als sie gleich darauf im Mund das Prickeln und die Labsal des Getränks spürte, war Delia bereit, sich gegen ein ungewolltes Schicksal zur Wehr zu setzen.
Wie ein General, der seine Truppen über ein Schlachtfeld kreuzen läßt, um eine neue Möglichkeit zum Vorrücken zu finden, wechselte die Herrin das Thema.
»Deinem Mann geht es gut?«
»Als ich ihn zuletzt sah, ging es ihm gut. Wir hatten gerade eine große Schlacht gewonnen…«
»Widerlich, die Sache mit den Brennenden Vosks! Wir haben davon gehört. Die SdR müssen den Kampf gegen die Shanks unterstützen, die über uns herfallen und uns versklaven wollen, so gut es geht.«
»Das ist eines der großen Ziele, die sich
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