Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
die aus irgendeinem Höllenloch stammten. Die Männer sollten bald erfahren, was die Peitsche bedeutete. Frauen und Mädchen drohte ein anderes Schicksal. Delia sollte bald erfahren, daß die Pläne Cranchars und seiner Gefolgsleute nicht hätten verwirklicht werden können, wenn die Kovneva im Schloß geblieben wäre.
Innerhalb einer Sklavengruppe gab es natürlich Unterschiede. Delia, die in eine Gesellschaftsform mit Sklaverei hineingeboren worden war, begriff diese Hierarchie. Sie hatte der Sklaverei abgeschworen und sie im Land verboten. Sie wußte aber, daß die Frauen, die hier in die Burg geschleppt wurden, auf der niedrigsten Stufe des Sklavendaseins standen. Sissy dagegen befand sich so ziemlich am oberen Ende und hätte womöglich überhaupt nicht Sklavin werden müssen, wenn ihre Familie nicht Schulden gemacht und sie verkauft hätte. Noch besser wäre es Sissy ergangen, wenn man ihr einen anständigen Ehemann besorgt hätte; aber manche Leute können sich nicht an den Gedanken gewöhnen, ein Vermögen aus dritter Hand zu beziehen.
Vier massige Burschen stürmten in den Ruheraum der Kovneva und schleppten die Harfe nach unten in den Eßsaal. Delia wartete auf den Ruf. Sie legte einen sauberen gelben Lendenschurz und eine alte, aber noch intakte braune Tunika um, die in einer Holztruhe um eine Silberschale gewickelt gewesen war. Schließlich kam eine zerzaust aussehende Sklavin, um sie in den Saal zu bringen.
Hier schlug ihr sofort der Geruch nach verschüttetem Wein und Schweiß und billigem Parfüm in die Nase. Fackeln qualmten in Halterungen an den Wänden. Die Tische waren links und rechts an die Seite geschoben worden, so daß sich in der Mitte eine freie Zone erstreckte, und entlang den Wänden saßen Cranchars Gefolgsleute und aßen und tranken und brüllten und schlugen ausgelassen mit den Kelchen auf die Tischplatten.
In der Mitte standen vier Mädchen, gehüllt in verschiedene farbige Schleier. Sie zitterten. Offenbar war der Tanz der Neun Schleier vorgesehen. Natürlich würde jedes Mädchen nur acht Schleier tragen.
Nath der Muncible, der rechts von Cranchar saß, hob den Blick. Sein Gesicht rötete sich. »Hier ist sie!«
Cranchar drehte sich nicht um.
»Spiel, Mädchen… du kennst die Melodie.«
Wortlos begab sich Delia an die Harfe, nahm Platz, kippte das Instrument zu sich heran und legte die Hände auf die Saiten.
Nun ja…
Der Eßsaal war im Handumdrehen in einen männlichen Sündenpfuhl verwandelt worden. Halbnackte Mädchen eilten mit überschwappenden Krügen hin und her. Hitze wogte aus der Nische, wo Nan der Busen mit ihrem Löffel um sich hieb. Hoch türmten sich die Speisen auf Silberplatten. Zahlreiche Amphoren waren bei Rangeleien umgeworfen worden, und ihr Inhalt strömte und tröpfelte zu Boden und in die Fugen zwischen den Steinen. Niemand kümmerte sich darum. Der Gestank nach Wein und fettigem Braten, das Geschrei und das dumpfe Dröhnen der Kelche auf den Tischen, die Kämpfe, die hier und dort ausbrachen und mit Hieben und Flüchen endeten - dieses teuflische Treiben sollte für Delias Musik den Hintergrund bilden.
Sie berührte die Saiten und erzeugte jenen geheimnisvollen, das Herz erfüllenden Ton, der aus der Seele der Harfe aufstieg.
Alle wandten sich in ihre Richtung.
Cranchar fuhr sich über die Lippen und bellte: »Tanzt!«
Die Mädchen waren vermutlich aus irgendeiner einfachen Taverne geholt worden, vielleicht sogar aus einer Dopa-Höhle. Sie kannten den Tanz und führten ihn mit zitternder Behutsamkeit auf, die sich mit dem Rhythmus zu einer höchst lebhaften Aufführung beschleunigte. Ihre Arme und Beine blitzten, sie lächelten. Sie drehten Pirouetten und reckten die Arme, sie nahmen immer neue Positionen ein, und einer nach dem anderen wehten die Schleier zur Seite. Als der Tanz zu Ende war, bekundeten die Männer lärmend ihren Beifall. Die Mädchen eilten hinaus. Es wurde nachgeschenkt, und man trank von neuem, dann begann die nächste Aufführung. Es handelte sich um Mädchen, die ihre Körper auf unheimliche, wundersame Weise verdrehen konnten. Wieder verfolgte Delia das Schauspiel ziemlich losgelöst; sie unterdrückte ihren Widerwillen nicht, sondern versuchte sich bewußt jeden Gefühls zu enthalten, zumal sie erkannte, daß die Mädchen Profis waren. Offenkundig waren sie es seit jüngsten Jahren gewohnt, die unglaublichsten Verrenkungen zu vollführen. Sie waren raffiniert und biegsam, daran bestand kein Zweifel.
Zwischen der
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