Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
gegenüber jeder Form der Freundlichkeit oder menschlichen Wärme verschließen, sie verbittert und seelenlos machen.
In keiner Weise tröstend war dabei der Umstand, daß sie diese Situation ja selbst heraufbeschworen hatte. Wäre sie damals geflohen, als sie noch die Chance hatte, wäre sie jetzt längst in Sicherheit, womöglich wäre der Palast nur noch eine qualmende Ruine - und der Rücken täte ihr nicht weh. Soviel zum Thema des In-die-Welt-Ziehens und Abenteuer-Suchens!
Aber schließlich konnte Delia nicht leugnen, daß sie Delia war und daß sie gar nicht anders hatte handeln können. Ob sie unter gleichen Umständen wieder so handeln würde… nun ja, das würde sie auf sich zukommen lassen und dann abwägen müssen: für die Verteidigung würden dann ihr Rechtsempfinden sprechen, für die Anklage die verdammten Rückenschmerzen, die noch immer eine Plage waren.
Schon bei diesem Gedanken fühlte sie sich besser.
Ihr Mann hatte oft gesagt, Kreger hätte einen seltsamen Humor. Allgemein wurde behauptet, der Herrscher lächle oder lache selten, doch in ihrer Gegenwart hatte er oft gelacht und gescherzt - zu einer Zeit, als er dazu noch Grund hatte. Als dann die schlimmen Zeiten anbrachen und er sich jenen Ausdruck angewöhnte, den die Leute das Teufelsgesicht nannten, tat er ihr innerlich leid. Er hatte vieles tun müssen, was er verabscheute - aber das war ihr nicht anders ergangen. Diesen Preis mußte man eben zahlen, wenn man in die Position des Herrschers und der Herrscherin berufen wurde. Bei nüchterner Betrachtung war Delia klar, daß ihre Karriere als Herrscherin, hätte sie ihren Vater beerbt, ohne ihn viel schwieriger, bitterer und weitaus unglücklicher verlaufen wäre.
Ihr war auch bewußt, ohne Stolz, doch mit einem Gefühl der Dankbarkeit, daß er ohne sie viel kummervoller, wilder und unduldsamer gewesen wäre - und sehr einsam.
Der Abend ging vorbei. Delia spielte Harfe und spürte, daß sie heute nicht besonders gut war. Nyleen gab keinen Pardon.
»Spiel, Sklavin!« befahl sie. »Du hörst erst auf, wenn ich es dir gestatte.«
Einige ihrer engen Vertrauten versammelten sich in ihrem Ruhezimmer - gefühllose, ehrgeizige Frauen. Die meisten stammten wie ihre Herrin aus Evir. Sie waren Nyleen Gillois in der Hoffnung gefolgt, durch die Ränke zu Einfluß und Reichtum zu gelangen. ›Wenn die Herrscherin erst tot ist…‹ - diese Worte fielen mehr als einmal. Delia bekam nur nicht mit, welche Pläne nach diesem Ereignis in Kraft treten sollten.
Sie merkte sich die Frauen, prägte sich ihre Gesichter, ihren Charakter, ihre Namen ein. Eine sehr gute Freundin aus früherer Zeit war in Evir geboren worden - eine Frau, die mit diesen Geschöpfen wirklich nichts gemein hatte. Thelda, die Frau Seg Segutorios, war aufdringlich und begeisterungsfähig gewesen und immer bemüht, das Richtige zu tun, womit sie dann meistens ein totales Chaos angerichtet hatte. Thelda war aber mit einem goldenen Herzen gesegnet gewesen und hatte sich als Delias beste Freundin gesehen, was sie immer wieder allen Leuten erzählte, so auch Delia. Nun ja, sie galt als tot, und soweit Delia wußte, war Seg inzwischen über den Tod seiner Frau hinweg. Er versuchte sich ein neues Leben zu schaffen - zunächst, indem er wieder einmal mit dem Herrscher auf Abenteuer zog.
Eine Hofdame, eine harte, abweisende Frau, deren Gesicht an das stumpfe Ende eines Zeltpfahls erinnerte, sagte: »Wirklich schade, Nyleen, daß das dumme Mädchen gestorben ist. Sie wußte wenigstens, wie die Herrscherin aussieht.«
»Willst du mich kritisieren, Ethanee?«
»Nein, Kovneva! Natürlich nicht!«
Nyleen nahm sich eine Paline vom Silberteller, den ihr Sissy aufmerksam hinhielt. »Das ist gut. Das Mädchen starb, ehe ich mich richtig erkundigen konnte. Bedauerlich ist, daß keines unserer Mädchen Lancival durchlaufen hat, während die Herrscherin dort war, noch als Prinzessin Majestrix. Wir müssen neue anwerben.«
»Unbedingt, Kovneva.«
Nyleen saugte sich eine neue Paline in den Mund, dabei ähnelte ihr Gesicht den äußeren Formationen der Eisgletscher Sicces.
Delia versuchte ihren brennenden Rücken zu entspannen, spielte leichte Melodien und lauschte. Dabei konzentrierte sie sich ausschließlich auf zwei Dinge. Erstens: auf das Harfespielen. Zweitens: auf die Gespräche dieser Frauen. Sie wollte sich auf keinen Fall ausmalen, was einer Schwester der Rose widerfahren mochte, wenn sie über die Herrscherin befragt wurde. Noch
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