Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
die den Blick spöttischtriumphierend erwiderte. Chicas Atra hing an einer Goldkette, ein winziger Talisman, der im schwachen Fackelschein schimmerte. Das Amulett war etwas Besonderes, die winzige Darstellung eines Mannes, der von einem Pfahl aufgespießt wurde. Chica lächelte.
»Alyss! Hier steckst du also! Wir haben uns schon gewundert.«
Energisch gab sie ihre Befehle, und die beiden anderen Peitschen wurden zurückgezogen. Jikai-Vuvushis packten Delia, nahmen ihr die Waffen ab, drehten ihr die Arme auf den Rücken.
»Die Kovneva hat dich rufen lassen, Alyss, und du warst nicht zur Stelle. Nur die arme Thafti mit schmerzendem Hals, wohlverschnürt. Warum hast du das getan?«
Delia stand reglos da und schwieg.
»Du wolltest fliehen! Natürlich - das ist es! Armes Mädchen! Du wolltest vor der Kovneva ausreißen. Wie undankbar.« Der Spott war primitiv und hatte die Wirkung einer stumpfen Waffe, die mit großer Kraft geschlagen wurde.
Die beiden Kampfmädchen, die Delia festhielten, verstanden ihr Handwerk; trotzdem hätte sich Delia mit einem Trick losreißen können, den sie bei den SdR gelernt hatte. Dann hätte sie in die Dunkelheit fliehen können. Weiter seitlich aber warteten drei Jikai-Vuvushis mit schußbereiten Bögen. Es handelte sich um Reflexbögen, kurz und straff gekrümmt. Drei Pfeile waren aufgelegt, drei Bogensaiten halb angezogen. Drei Schritte, drei Pfeile - und mit der Sklavin Alyss wäre es aus gewesen.
Chica ließ ihre Peitsche züngeln. Die schimmernde schwarze Schnur, dick am Griff und am Ende gefährlich dünn, wirbelte hoch und traf Delia am Schenkel.
Obwohl der Überwurf des Vuvushi-Kampfanzuges den Schmerz weitgehend dämpfte, war es ein Schock.
»Bringt sie mit. Die Kovneva bietet uns heute wieder eine kleine Unterhaltung. Dies wird ihre Wonne noch steigern.«
Chica ringelte sich die Peitsche um den Arm und fuhr herum, eine große, geschmeidige, befehlsgewohnte Gestalt.
Von den Wächterinnen festgehalten, musterte Delia ihr Gegenüber, Chica die Reißzähne genannt. Ihre Beine waren lang und kräftig, und sie schritt frei und locker aus. Sie kleidete sich gern dunkel, darauf schimmerte kühn ein silbernes Wams, das sie auf den ersten Blick wie ein Wüstenreptil wirken ließ, schnell, beweglich, tödlich.
Von Schwertspitzen im Rücken bedroht, wurde Delia in den Eßsaal gezerrt. Die Tische waren wieder einmal zur Seite geschoben worden. Nyleen plante eine weitere blutige Unterhaltung für sich und ihre Freundinnen.
Übersät von Edelsteinen und Federn saß sie auf dem hohen Stuhl, und ihr Haar schimmerte unter einem Netz von Smaragden. Sie nahm die Stelle ein, an der ihr Bruder Cranchar bei seinen Vergnügungen gesessen hatte. Ihr bleiches Gesicht verzerrte sich grotesk vor Freude, als Delia hereingeführt wurde. Nadia zog sofort wutschäumend das Rapier.
»Ah, meine Liebe«, sagte Nyleen. »Man hat dich also gefunden. Ich glaube nicht, daß du heute abend für mich die Harfe spielen wirst.«
Delia antwortete nicht.
»Nein. Nein, das dachte ich mir. Aber wir werden andere Freuden finden. Mach dir deswegen keine Sorgen.«
Nadia schob sich mit wutverzerrtem Gesicht vor. »Diese Shif bildet sich ein, sie könnte mit einem Rapier umgehen, meine Dame! Ich will sie lehren…«
»Tsleethitsleetha«, sagte Nyleen. »Gemach, gemach! Zuerst wollen wir uns ein kleines Schauspiel vorführen lassen.«
Das kleine Schauspiel widerte Delia an. Sie schloß die Augen, bis es vorüber war.
»Ah«, sagte Nyleen und nahm anmutig einige Palines zur Hand. »Das war recht erfrischend. Aber natürlich haben die Männer eine solche Behandlung mehr als verdient.«
Paline Pontora eilte mit klirrenden Schlüsseln herein. Ihr grünes Kleid raschelte. Sie beugte sich vor und flüsterte Nyleen etwas ins Ohr. Die Kovneva fuhr auf. Ein Ausdruck der Wut verzerrte ihr Gesicht.
»Mein dämlicher Mann, der Kov, ist entwischt! Nun ja, um so schlimmer für ihn. Er wird bald zurückgebracht und bestraft.«
Sie richtete den Blick auf Delia, die seitlich vom Tisch stand. »Und du, Alyss die Harfe? Wußtest du davon? Aus welchem Grund trägst du sonst die Rüstung einer Jikai-Vuvushi?«
Delia machte sich nicht die Mühe, dieser unangenehmen Frau zu antworten.
»Du…!« kreischte Nyleen.
Nadia zog ihr Rapier. »Gestatte, daß ich ihr eine Lektion erteile, meine Dame!«
Nyleen ließ sich zurücksinken. Sie schloß halb die Augen und lächelte. Behutsam biß sie sich auf die Unterlippe. Dann öffnete sie
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