Sagan
Nach und nach verstummten die Anwesenden, bis schließlich völlige Stille auf den Rängen herrschte. Die Stille war so vollkommen, dass alle die Diener ächzen hören konnten, als sie den Stuhl zu Malayas Rechter abstellten. Mit einer schnellen Verbeugung vor ihren Monarchen verließen die beiden die Loge.
Die Zwillinge warteten schweigend.
Senator Jericho erhob sich, um das Wort zu ergreifen, und Malaya warf Guin rasch einen Blick und ein durchtriebenes Lächeln zu. Sie hatte gesagt, dass Jericho beginnen würde, doch Guin hatte auf Angelique gewettet. Wie es schien, hatte sich Malaya eine Nacht verdient, in der er ganz zu ihren Diensten wäre. Guin erwiderte ihr Lächeln, und seine Augen blitzten erregt angesichts des Versprechens.
»Mylady, gehe ich recht in der Annahme, dass es Grund zu einer ausgelassenen Jubelfeier gibt, da Ihr Eure Wahl bezüglich Eures Gemahls bereits getroffen habt?«
Malaya erhob sich, trat an das Geländer auf der Seite des Podiums und wandte sich an die Versammlung und speziell an Jericho.
»
Ajai
Jericho, bevor ich Eure aufmerksame Frage beantworte, möchte ich Euch zuerst selbst eine Frage stellen.«
»Gewiss …«
»Ich würde gern wissen, ob Ihr krank seid,
Ajai
?«
»K-krank? Nein, natürlich nicht«, sagte er entrüstet, da er seine Männlichkeit und seine Vitalität infrage gestellt sah.
»Ihr leidet also nicht an Gedächtnisverlust?«, fuhr sie unbeirrt fort.
»Nein. Mylady. Ich erfreue mich bester Gesundheit und eines ziemlich klaren Verstands.«
»Hmm. Nun gut, dann nehme ich an, dass Eure Weigerung, uns mit unserem Titel anzusprechen, ein Akt krasser Respektlosigkeit ist und wir deswegen eine Strafe verhängen müssen. Hiermit befehlen Euch die Kanzler, für den Rest der Saison alle Senatsangelegenheiten niederzulegen. In dieser Zeit werdet Ihr über Euer Verhalten nachdenken und darüber, dass wir das in Zukunft nicht dulden werden. Wir schlagen außerdem vor, dass Ihr die Anrede
K’yatsume
übt, denn wenn Euch in der nächsten Saison der Fehler erneut unterlaufen sollte, werdet Ihr sowohl aus dem Senat verbannt als auch exkommuniziert.«
An mehreren Stellen im Saal war ein Stöhnen zu hören, und Jericho bebte vor Zorn. Angelique schoss hoch, um das Wort zu ergreifen, doch Malaya kam ihr zuvor.
»Jede Beschwerde und jeder Einspruch gegen diese Entscheidung aus dem Forum wird ignoriert und als Provokation gegen uns betrachtet. Sollte der Fall eintreten, werden wir ähnlich streng vorgehen gegen denjenigen, von dem die Provokation ausgegangen ist.«
Nachdem sie das gesagt hatte, wandte sich Malaya mit majestätischer Haltung um und ging zu ihrem Stuhl zurück. Die Zwillinge warteten, bis ein wütender Jericho von zwei Wachen aus dem Senat geführt worden war. Malaya wandte sich zu ihrem Liebsten um und verneigte sich leicht. Sie hatte ihm gerade ihr Verlobungsgeschenk gemacht. Guin hatte ihr gesagt, wie sehr er es verabscheute, dass sie sich eine solche Respektlosigkeit gefallen ließ, und sie war damit einverstanden gewesen, etwas dagegen zu tun. Sie würde nicht zulassen, dass eine weitere Acadian sie für schwach hielt.
Sobald Jericho weg war, stand Tristan auf und wandte sich an die Versammlung.
»
Anai, Ajai
, hiermit verkünde ich Euch die Verlobung meiner Schwester und präsentiere Euch den Verlobten ihrer Wahl.«
Tristan setzte sich wieder, und während alle auf den auserwählten Mann warteten, war der ganze Raum erfüllt von angespannter Erwartung. Sie blickten um sich, um zu sehen, ob sich jemand auf die königliche Loge zubewegte oder ob jemand unter ihnen fehlte. Dann, als es still war und alle unverwandt geradeaus blickten, schlug Guin deutlich hörbar die Hacken zusammen und schritt zu dem Platz neben Malaya, um ihn sogleich einzunehmen. Er rückte einen Moment lang seine Waffen zurecht, griff dann nach der Hand seiner Partnerin, und nachdem er seine Finger mit ihren verschränkt hatte, hob er ihre Hand an die Lippen, während sie einen intensiven Blick tauschten.
Der Raum explodierte.
Guin schloss kurz die Augen, während ihn der Zorn und der Schock und die unverhohlene Feindseligkeit des versammelten Adels mit voller Wucht trafen. Als er sie wieder öffnete, konnte er die Enttäuschung in Malayas Augen sehen, auch wenn ihr Gesichtsausdruck unbewegt blieb. Einige Senatoren begannen zur königlichen Loge hinaufzurufen, und ihre Wut traf ihn wie ein Peitschenhieb.
Plötzlich fuhr Malaya von ihrem Stuhl hoch und rief mit lauter Stimme:
»Wie
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