Sagen aus Bayern
Brunnengasse ein prächtiges weißes Füllen zur Welt. Mit der Zeit wurde aus dem Füllen ein Roß, fünfzehn Schuh lang und im Springen und Laufen ohne seinesgleichen.
Von keinem Menschen ließ es sich zäumen als von einem alten, verkrüppelten Knecht namens Stephan, dem man in Lauingen das Gnadenbrot gab. Dieser hatte den Schimmel sehr lieb, striegelte ihn fleißig und führte ihn gern vor, wenn Neugierige kamen, ihn zu beschauen.
Damals erkrankte der Bürgermeister der Stadt schwer, und es war kein Arzt in ganz Lauingen anzutreffen. Da hieß es: »Wenn wir nur den Pater Severin aus dem Heiligenkreuzkloster zu Donauwörth da hätten, der könnte wohl helfen, wenn noch zu helfen ist. Aber die Zeit, ihn zu holen, ist zu kurz. Der Bürgermeister wird nicht mehr viele Schöpplein trinken.«
Sogleich erbot sich Stephan, mit seinem Schimmel den Arzt herbeizuholen. Doch als er zum Dillinger Tor hinausreiten wollte, stand ein Heuwagen unter dem Tor, der zu breit geladen hatte und nun weder vor- noch rückwärts konnte und solcherart das Tor versperrte.
Doch Stephan besann sich nicht lange. Er wandte seinen Schimmel zur Seite, gab ihm die Sporen und sprang mit einem gewaltigen Satz über die Stadtmauer hinweg. Und ehe die Nacht einbrach, war Stephan wieder in Lauingen, den heilkundigen Mönch hinter sich auf dem Roß. Der Schimmel aber konnte den Weg von Lauingen nach Donauwörth und wieder zurück nur deshalb in so kurzer Zeit zurücklegen, weil er zwei Herzen hatte.
Zur Erinnerung an diese wundersame Begebenheit ließen die Lauinger den großen Schimmel an den Hofturm malen und nennen diesen seither den »Schimmelturm.«
Der Schlorgger in Kaufbeuren
Zur Zeit, als um die St. Martins-Pfarrkirche in Kaufbeuren noch ein Friedhof war, spukte auf demselben nächtlich zu gewissen Zeiten ein Geist, der in Schlappschuhen daher huschte, und den man deshalb den »Schlorgger« nannte. Er ging gewöhnlich um die Kirche herum, während das Innere derselben hell erleuchtet war und man schönen Gesang aus derselben vernahm. Viele fürchteten den Schlorgger sehr und wären um keinen Preis des Nachts auf den Friedhof zu bringen gewesen. Als dann später der Platz für den Friedhof zu klein geworden war, hat man diesen vor die Stadt hinaus verlegt und seitdem ist auch der Schlorgger verschwunden.
Der Schmied von Mitterbach
Vor vielen Jahren lebte zu Mitterbach ein Schmied, der hielt sein Hauswesen schlecht instand und vertat alles in Trunk und Spiel. Er wußte sich bald nicht mehr zu helfen und rief den bösen Feind um Beistand an. Dieser stellte sich ungesäumt ein, und der leichtfertige Schmied verschrieb sich ihm mit Leib und Seele; mit seinem eigenen Blut unterfertigte er den Vertrag: der Teufel solle ihn haben, wenn der Böse ihm nur drei Jahre lang in allem zu Willen sei.
Der Mitterbacher schwelgte nun in Lust und Freuden und warf das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus, so daß sich die ganze Nachbarschaft höchlich darob wunderte.
Doch bald war die bedungene Zeit um, und Luzifer kam abends in des Schmiedes Stube und machte Miene, sich auf die Ofenbank zu setzen. Aber die Schmiedin wollte dies nicht zulassen, sondern brachte mit zierlicher Höflichkeit einen gepolsterten Stuhl aus dem schönen Stüble herbei. Luzifer fragte nach ihrem Ehegatten. Die Schmiedin erwiderte, ihr Mann schlage den Rossen des Wirtes in der Schenke Eisen auf. Das war aber nur Weiberlist; denn in seiner großen Angst und Not hatte der Schmied seiner Ehegesponsin das Geheimnis seines Vertrages geoffenbart. Des Schmiedes Ehefrau trug nun dem Bösen gut Essen und Trinken auf und sandte den Gesellen nach dem Schmied, ihrem Mann, der sich indessen bei einem alten Großmütterlein im Dorfe Rat holte. Diese war eine kluge Frau, eine bekannte Wahrsagerin und mit allerlei Zauberkünsten vertraut.
Der Mitterbacher kam schließlich fröhlichen Mutes nach Hause und ging den Satan höflich an, seine Lebensfrist zu verlängern.
Der aber schlug das Verlangen rundweg ab und mahnte den Schmied zum Aufbruch. Als beide hinter dem Haus durch den Garten gingen, wo die Kirschbäume voll reifer Früchte hingen, bewog der Schmied den Teufel, auf einen Baum zu steigen und ihm als letzte Gunst einige Kirschen zu brocken. Der Teufel wollte, nachdem er genug abgepflückt zu haben wähnte, wieder vom Baum herabsteigen, aber siehe da! inzwischen hatte der Schmied mit einer weißen, wundertätigen Kreide, die ihm die kluge alte Wahrsagerin gegeben hatte, einen Kreis um
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