Sagen aus Bayern
Glorie umstrahlt, hatte ein rotes Kreuz auf der Brust und war umgeben von noch vierzehn andern himmlischen Kindlein, alle rot und weiß (das sind des alten Frankenlandes Farben) gekleidet. Jetzt fragte Hermann: Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes: Wer seid ihr, und was wünschet ihr? – Da antwortete das himmlische Kind: Ich bin Jesus Christus, und diese sind die vierzehn heiligen Nothelfer. Wir wollen hier wohnen und ruhen und euch dienen, so ihr uns dienet! – Darauf schwebte das Jesuskind, und die vierzehn mit ihm, zum Himmel empor. Und am nächsten Sonntag sah der Seher vom Frankental um dieselbe Stunde zwei brennende Kerzen vom Himmel sich auf jene Stelle niedersenken; und eine des Weges daherkommende Frau sah dies Wunder ebenfalls und sah auch, wie die Kerzen wieder himmelan schwebten. Da ging nun Hermann der Schäfer zum Abte von Langheim und verkündete ihm und den Vätern des Klosters die wiederholten Erscheinungen; und es wurde eine Kapelle auf jener Berghöhe gegründet, die bald als besonderer Gnadenort weit und breit in Ruf kam; Wunder geschahen dort, Wallfahrer strömten aus Nähe und Ferne herbei und beteten zu den vierzehn heiligen Nothelfern, auch wurde die Kapelle mit reichem Ablaß begnadet; eine Brüderschaft nannte sich nach den Nothelfern, ein Graf von Henneberg gründete ihnen einen Ritterorden; Kaiser Friedrich III. wallfahrtete dorthin, ein Gelübde zu erfüllen, auch Albrecht Dürer war im Jahre 1519 dort. Und durch gute und schlimme Zeiten hindurch behielt die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen ihren großen, dauernden Ruf und Ruhm; immer schöner und herrlicher wurde sie gebaut, eine Propstei ward neben ihr errichtet. Mitten im Kreuz, das Langhaus und Querschiff bilden, erhebt sich ein dreifacher Altar mit unten offenem Raume über der Stelle, wo der Seher vom Frankental die Erscheinung sah. An dieser Stelle zu beten, zu büßen, zu geloben, wallen alljährlich viele Tausende dem hoch und schön gelegenen Tempel zu. Die Namen der vierzehn heiligen Nothelfer sind: Georgius, Blasius, Erasmus, Pantaleon, Vitus, Christophorus, Dionysius, Cyriakus, Achatius, Eustachius, Aegidius, Margaretha, Barbara und Katharina. Unvergänglich lebt das Andenken an den frommen Schäfer Hermann, den Seher im Frankental.
Der Spiegelbrunnen in München
Das Eck, welches die Theatinerstraße in das Schrannengäßchen der k. Polizeidirektion gegenüber bildet, hieß in alten Zeiten das Spiegelbrunneneck und kömmt unter diesem Namen schon in einer Urkunde vom Jahre 1543 vor. Noch vor etwa fünfzig Jahren war an diesem Hauseck ein Gemälde angebracht, welches ein hahnartiges Tier, wie man den fabelhaften Basilisken zu malen pflegt, vorstellte. Vor diesem Hause stand damals an derselben Stelle, wo noch jetzt der Schöpfbrunnen steht, ein Zieh- oder Kettenbrunnen. Hierüber geht folgende Sage:
In diesem Brunnen hauste vor uralten Zeiten ein Basilisk. Der Basilisk ist aber ein greuliches Tier, denn seinen Blick kann kein lebendiges Wesen ertragen; wer ihn sieht muß sterben, und auch er selbst, wenn er seiner ansichtig wird. Das war nun ein großer Jammer in München, denn jeder, der in die Tiefe des Brunnens hinabschaute, wurde von dem Blick des Basilisken sogleich getötet, und viele waren auf diese Weise schon umgekommen. Da wurde endlich ein großer Spiegel herbeigebracht und über dem Brunnen aufgestellt, und als gleich darauf der Basilisk aufwärts schaute und in dem Spiegel sein eigenes Bild erblickte, war er sogleich tot. So wurde die Stadt von diesem Unheil errettet, und der Brunnen hieß seitdem der Spiegelbrunnen.
Der Spuk in der Universitätsbibliothek zu Würzburg
In dem Gewölbe der Manuskriptensammlung der Universität spukt von Zeit zu Zeit nachts ein graues Männchen, welches einen Pack Pergamentmanuskripte unterm Arme trägt. Dies soll der Geist eines Bibliotheksdieners sein, welcher einst den Schweden die versteckten wertvollen Manuskripte verraten hat. Diese Manuskripte wurden sämtlich von Gustav Adolph nach Schweden geschickt.
Der Strumpfstricker zu Ingolstadt
Es geschah im Jahre 1634 um die Zeit des Überfalls des Herzoges Bernhard von Weimar, daß ein Oberst von Farnspach die Festung zu verraten gedachte. Er stund im Bunde mit einem Strumpfstricker von Ingolstadt. Dieser sollte sich mit einem roten und weißen Strumpfe auf dem schwächsten Punkte des Walles sehen lassen. Der Verrat mißglückte; was dem Strumpfstricker widerfahren, ist unbekannt, nur so viel
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