Sagen aus dem Rheinland
zu schleudern. Und man weiß nicht, war seine Kraft zu schwach, so daß der Stein zwischen Marienthal und Drevenack am Weselerwald zu Boden fiel und also das Kloster nicht erreichte – oder zu ungestüm, so, daß er über Drevenacks Kirche weit in die großen Wälder flog, dahin, wo heute Wiese ist und wo er immer noch, wenn auch schon fast in die Tiefe eingesunken, liegt, und wo man immer noch an einer Seite die Löcher sieht, da seine Teufelskrallen sich in blinder Wut in die harte Masse eingegraben haben.
Im Sommer, wenn die Wiesenblumen blühen und die Rispen und die Ähren wogen, ist er kaum mehr zu sehen. Einst wird er ganz verschwunden sein, wenn aber doch die Kirchen von Marienthal und Drevenack noch lange, lange stehen werden.
Der Teufelsweg
Der junge Ritter Siegfried von Sezin hielt eines Tages um die Hand der schönen Tochter des Burgherrn von Falkenstein an. In finsterem, hochmütigem Schweigen stand der Falkensteiner, dann sprach er: »Bei Rittern ist es Sitte, die Braut hoch zu Roß mit Wagen und Gefolge abzuholen. Wenn Ihr es fertig bringt, in einer einzigen Nacht einen Weg auf meine Burg zu schaffen, so daß Ihr der Braut Eure Aufwartung machen könnt, wie es ihrem Stande zukommt, dann will ich Euren Wunsch erfüllten.« Niedergeschlagen und ohne Hoffnung ging der Freier davon; war doch die Forderung des Falkensteiners nicht in einem ganzen Jahre, geschweige denn in einer Nacht zu erfüllen.
Als der junge Ritter den Felsenpfad von Falkenstein hinabschritt, trat aus dem Gebüsch der Zwergenkönig in grünem Gewande und redete ihn an: »Der Grund Eures Trübsinns ist mir bekannt. Ich kann Euch zur Erfüllung Eures Wunsches verhelfen, wenn Ihr auf meinen Vorschlag eingeht. Ihr habt ein Bergwerk in der Nähe der Behausung meines Volkes. Wenn Eure Leute dort weiter arbeiten, so werden sie uns bald vertreiben. Versprecht mir, die Arbeit einzustellen, dann wollen wir noch in dieser Nacht den Weg nach Falkenstein vollenden.«
Mit tausend Freuden sagte Siegfried zu, und in wenig Minuten wimmelte der ganze Wald von Männlein, die den Weg absteckten, Bäume fällten und Gestein und Erdreich bewegten. Und als vom Turm die erste Stunde nach Mitternacht schlug, war das Werk vollendet. Dunkel und still lag der Wald, der eben noch hell erleuchtet und vom Lärm der Arbeit erfüllt gewesen war.
Am frühen Morgen ertönte des Falkensteiner Turmwarts Horn; ein prächtiger Zug von Reitern und Wagen bewegte sich auf breitem Fahrweg den Burgberg herauf. Da löste der Burgherr sein Wort ein und nahm den Ritter, der solchen Teufelsweg fertiggebracht hatte, zum Schwiegersohne an.
Der Todeskampf in der Luft
In dem Augenblicke, wo jemand verscheidet, findet ein Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen, zwischen Gott und dem Teufel, zwischen dem Licht und der Finsternis statt. Dieser Glauben herrscht namentlich noch im Dönberg und hat sich vielfach zu Sagen verdichtet.
Einst lag ein Greis zu Kattenbruch im Dönberg auf seinem Sterbelager. Als er das Ende nahen fühlte, sandte er seinen erwachsenen Sohn eiligst zu einem reformierten Geistlichen nach Elberfeld. Der Geistliche war sofort bereit, dem Sterbenden die Tröstungen der christlichen Kirche zu gewähren, und begab sich mit dem Burschen auf den Weg. Als sie nahe zum Hause gekommen waren, blieb der junge Mann plötzlich stehen und starrte einige Zeit sprachlos in die Luft. Auf die Frage des Pfarrers, was er dort sehe, erwiderte er, daß er dort einen Kampf, ein gewaltiges Ringen zwischen unbeschreibbaren Wesen gesehen habe. Der Pfarrer teilte nun dem jungen Manne mit, daß jedesmal beim Sterben des Menschen ein Kampf stattfinde. Als sie einige Minuten später ins Haus traten, hatte der Alte ausgekämpft. Sein Tod war in demselben Augenblicke eingetreten, als sein Sohn den Kampf in der Luft beobachtete.
Der Traum vom Glück auf der Brücke zu Koblenz
Ein Bewohner des am Hochwald gelegenen Dorfes Alt-Rinzenberg, hatte einst drei Nächte hintereinander den gleichen Traum; eine Stimme rief ihm zu:
Zu Koblenz auf der Brück'
Da blüht dir dein Glück.
Als der Mann den Traum seinen Verwandten erzählte, drangen diese so lange in ihn, bis er sich nach Koblenz aufmachte, um das Glück zu suchen. Dort begab er sich sofort auf die alte Moselbrücke, an der das Kur-Trierische Schloß stand, und ging hier auf und ab, das Glück erwartend, das sich aber nicht einstellen wollte. Eben gedachte er – denn es war schon gegen Abend – voll Ärger über die unnötigen Ausgaben
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