Sagen aus Franken
vorüber war, wie er es anfangs gehalten, als er in den Hof kam. Als keine Gefahr des Entdecktwerdens sich zeigte, mußte ihr Schützling auch Sonntags mit in den Sudenbetsaal gehen. Der Geistliche dort gab sich alle Mühe, der Liesl Herzenswunsch, sie mit ihrem Franzosen ehelich zu machen, durchzusetzen. Am ersten Pfingstfeiertag in früher Morgenstunde setzte sich ein gar seltsamer Zug vom Schützenhof nach dem Heiliggeist-Spital in Bewegung; es war der Brautzug der Schützenliesl. Lautlos zog man dahin; keine Glocke ward gezogen, auch die Türmer bliesen nicht, was nur bei ehrlichen Leuten damals üblich war. Voran schritt die Braut, geführt von den Schützenweibern, alle, so wie sie es eben konnten, als das beste geschmückt, dann kam der Franzose. Seinen Anzug zu beschreiben, ist nicht möglich, es war eben alles von den Schützen zusammengesteuert. Sie hatten unter anderem auch das Recht, die Kleider der Selbstmörder und Delinquenten an sich zu nehmen, und so mag der Bräutigam recht wacker, wenn auch ein wenig wunderlich, ausgesehen haben. Die Trauung war kurz, wie sich's für solche Leute damals ziemte, nach Beendigung des Gottesdienstes zog die ganze Schar nach Mögeldorf. Dort war Kirchweihtag, und da dachte man die Hochzeit nach Gebühr mit Essen, Trinken und Tanz zu feiern. Es ging auch alles gut und gar ab; doch der Abend nahte, und man mußte noch vor Torschluß in der Stadt sein, um nicht in Strafe zu fallen. Mit einem Menuett, allein getanzt von Braut und Bräutigam, sollte die Feier ein Ende haben. Damals zogen preußische Werber in den Städten und mehr noch auf den Dörfern herum. Zur späten Abendzeit übten sie in den Wirtshäusern ihre Pfiffe und Schliche, um dem König Mannschaften zu dingen, wobei es nicht immer säuberlich, aber zuzeiten gewalttätig und unmenschlich genug herging. Viele von ihnen führten große, wohlabgerichtete Hunde mit sich, englische Schweisshunde oder Bullenbeisser; und einer dieser scharfen Tiere gab den Anlaß zu einem bösen Handel, der zur wüsten Balgerei ward, in die zuletzt alle Gäste hineingerieten, wie das so geht, halb mit und ohne Absieht und Willen.
Die Schützen hatten einen Kreis um die Tanzenden gebildet. Einer dieser Werberhunde durchbrach, wie man später sagte, auf einen Hetzruf, den Kreis und riß die Braut zu Boden. Die Schützen warfen sich auf den Hund und schlugen ihn tot, da liefen die Werber mit Geschrei zusammen, und es gab einen grimmen Tanz. Der Bräutigam riß einem der Preußen den Säbel aus der Hand und verteidigte sich und seine Braut; er suchte sich einen Weg nach dem Gartenausgang zu sichern, was auch gelang. Von da aus ging die Rauferei den Berg hinunter auf die Wiese, und dort umgab die Streitenden finstere Nacht. Da hörten, die noch oben waren, einen gellen Schrei; die Werber stoben auseinander. Nun lief alles hinunter. Auf der Wiese im hohen Gras lag der Bräutigam und regte kein Glied mehr; sie hatten ihm den Leib durchstochen. Die Liesl warf sich zu ihm auf die Erde; bald waren ihre Hände voll Blut, sie sah sie an und lachte, hell und laut wie ein Kind über ein Spielwerk. Der Franzose war tot, die arme Liesl wahnsinnig. Die Schützen trugen das Irre Weib und den Toten in die Stadt. Auf dem Studentenplätzlein, hinter dem St. Rochuskirchhof, begruben die Schützen tags darauf den Franzosen.
Die Liesl ging lange Zeit wirr herum. Körperlich erholte sie sich langsam wieder, aber in ihrem Kopf kam es nie mehr zur Ordnung wie vorher. Lange Jahre lebte sie noch im Schützenhof in der Ludergasse; jedes Jahr hockte sie auf dem Kindlesmarkt mit ihren drolligen Zwetschgenmännern, die vor sich an einem kleinen Tischchen auf einem roten Decke aus gezacktem Glanzpapier schöne messingene oder zinnerne Ringlein mit farbigem Glas liegen hatten. Auf dem Tisch des großen Zwetschgenmannes in französischer Uniform lagen zwei Ringe ohne Stein. Um das Jahr 1820 starb sie, und man sagt, sie ruhe auf dem Studentenplätzlein auf dem Rochus bei ihrem ehrlichen Mann, ihrem »pauvre ami sergeant«.
Die schwarze Kuh in Schlottenhof bei Arzberg
Unweit des Städtchens Arzberg liegt das ehemalige Kloster Schlottenhof. In dem Stall des dortigen Ritterguts stand vor Zeiten eine schwarze Kuh. Sie sah aus, als wäre sie durch anstrengende Feldarbeit sehr ermüdet; die Augen standen ihr hervor, und ihr Körper war stets mit Schweiß bedeckt. Da es seit jeher hieß, wenn nicht eine schwarze Kuh auf dem bestimmten Platze stünde, würde der Stall von
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