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Sagen aus Franken

Sagen aus Franken

Titel: Sagen aus Franken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: unbekannter Verfasser
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denn die hatten durch ihre Lebkuchenbäckereien, zu denen sie Honig brauchten, bei dem allgemeinen Mangel an Zuckerwaren, einen sehr großen Verdient. Im Oktober des Jahres 1264 – es war gerade wieder eine Zeit, in der ganze Rudel von Wölfen die Gegend unsicher machten kam ein Zeidler mit seiner Frau, mit einer schweren Honiglast beladen, nach Nürnberg. Ihre Hütte draußen im Wald mit ihren beiden Kindern Emma und Wolfgang hatten sie allein lassen müssen. Sie hatten streng befohlen, daß Wolfgang die Türe nicht öffnen und besonders auf sein kleine Schwesterlein Emma acht geben solle. Dafür hatten die Eltern versprochen, daß sie den Kindern Lebküchlein aus der Stadt mitbrächten. Die Kinder spielten in der Hütte bis gegen Abend. Da kam der Sohn eines anderen Zeidlers, der genau so alt war wie Wolfgang, d. h. etwa zehn Jahre, und in der Nähe wohnte. Er klopfte an das Fenster und es gelang ihm wirklich, den Wolfgang aus der Hütte herauszulocken. Die Tür blieb offen stehen und das vierjährige Schwesterlein lief dem Bruder nach ins Freie. Wie sie so spielten, hörte man plötzlich ein Fauchen in der Nähe, dann ein Bellen, zwei Wölfe sprangen daher. Der Nachbarsbub kletterte geschwind auf einen Baum und rief dem Wolfgang zu: »Schnell, Wolfgang, komm auch herauf zu mir, sonst fressen dich die Wölfe!« Aber Wolfgang erschrak bis ins Herz hinein. Er dachte zuerst an sein kleines Schwesterlein, nahm es auf den Arm und rannte, so schnell er konnte, auf die nahe Haustür zu. Und fast waren sie hineingekommen! Auf der Schwelle packte ihn ein Wolf an der Schulter und riß ihn zu Boden. Gleich darauf bissen die scharfen Zähne in seinen Leib und rissen ihm die Eingeweide heraus. Der andere Wolf biß einstweilen das kleine Mädchen unbarmherzig. Es rief noch ein paar mal: »Vater, Mutter, lieber Gott!« Zuletzt wimmerte es nur ein wenig. Die hungrigen Wölfe fraßen solange, bis nur noch die blutigen Knochen übrig waren. Da kamen die Eltern durch den Wald daher gewandert. Mit lautem Schreien verscheuchten sie die Wölfe. Sie sahen wohl die Knochen vor der Haustür liegen, dachten aber nicht daran, dass das ihre lieben Kinder seien. Sie suchten im ganzen Haus und riefen immerzu: »Emma, Wolfgang! Wo seid ihr denn? Kommt her! Die Wölfe sind fort. Wir haben euch Lebküchlein mitgebracht!« Da hörten sie drunten an der Haustüre die Stimme eines Knaben. Aber es war nicht ihr Wolfgang, sondern der Nachbarsbub, der vom Baum heruntergeklettert war und den armen Zeidlersleuten von dem Tod der Kleinen erzählen mußte.
    Am Tag darauf, als der Burggraf Friedrich mit seiner Gemahlin, mit seinen sechs Kindern und seinem Gefolge bei Tische saß, entstand auf einmal großer Lärm an der Saaltüre. An den Wachen verbei bei, die sie aufhalten wollten, stürzte der Zeidler mit seiner Frau Die arme Mutter warf die blutigen Knochen ihrer Kinder auf den Boden vor die Gesellschaft hin und der Vater schrie: »Herr Reichsvogt, da ist meine letzte Steuer. Es sind meine Kinder! Gesten haben sie die Wölfe zerrissen, während ich und mein Weib euch den Honigzehnten brachten.« Erst war die ganze Tafelrund ganz erstarrt vor Schreck. Dann stand die Burggräfin auf und tröstete die arm Mutter; die Herren aber machten sogleich aus, daß sie am andern Tag eine große Wolfsjagd im Reichswald halten wollten, um da Untier auszurotten Am frühen Morgen bliesen die Hörner zur Jagd. Unter den sechs Kindern des Grafen Friedrich waren zwei junge Herrlein. Hans war 18 und Sigmund 16 Jahre alt. Beide waren schlank und kräftig herangewachsen; sie waren gut geübt in den Waffen und hattet schon oft bewiesen im Kampf und im Turnierspiel, daß sie Mut und Entschlossenheit besassen. Die grösste Freude war für die bei den jungen Herren, wenn sie im groBen Reichswald Bären und Wölfe jagen durften. Die beiden waren auch heut mit großem. Eifer dabei, und als die Jagd voranging, ritten sie allen voraus. Sie waren unbesorgt, wenn auch. am Morgen beim Auszug plötzlich ihre Mutter, die Burggräfin, bleich und mit rot geweinten Augen erschienen war und ihren Mann herzlich gebeten hatte die beiden Söhne nicht mit zur Jagd ziehen zu lassen. Sie habe einen so schrecklichen Traum gehabt. Die beiden hatten ihre Mutter ausgelacht: »Sei doch nicht abergläubisch!« Und auch der Burggraf Friedrich hatte sie beruhigt: »Dein Traum kommt nur von dem Schrecken und der Aufregung durch die beiden Zeidlersleute gestern mittag. Fürchte dich nicht, ich werde auf die

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