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Sagen aus Schwaben

Sagen aus Schwaben

Titel: Sagen aus Schwaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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stand eine hohe Tanne. Jemand hatte eine Nische in den Stamm gehauen und ein Muttergottesbildchen aus Pergament hineingestellt, Wer an der Tanne vorbeiging und das Bild sah, grüßte es. Bisweilen verrichtete auch ein Vorübergehender ein kurzes Gebet an dieser Stelle. Eines Tages jedoch fiel das Bild aus seiner Nische. Ein Triberger Mädchen fand es, nahm es mit sich nach Hause und stellte es in den Herrgottswinkel. Dort aber schien das Bildchen nicht bleiben zu wollen. Denn das Kind erkrankte, und im Traum hörte es eine Stimme, die ihm sagte, es werde nur wieder gesund werden, wenn es die Muttergottes an den alten Platz zurückbringe. Dies geschah, und das Mädchen erlangte seine Gesundheit wieder. In den folgenden Jahren ersetzte ein Mann, der vom Aussatz geheilt war, aus Dankbarkeit das Pergamentbild durch eine Holzfigur, die mit der Zeit das Ziel einer Wallfahrt wurde.
    Diese Wallfahrt geriet aber nach und nach in Vergessenheit. Einmal kamen drei Tiroler Soldaten an der Tanne vorbei, vernahmen einen lieblichen Gesang, gingen ihm nach und entdeckten die Muttergottes in der Tanne. Daraufhin belebte sich die Wallfahrt wieder, und es wurde an dieser Stelle eine Kirche erbaut. Zwar mußte die Tanne gefällt werden, doch der untere Teil blieb stehen.
    Anno 1713, als französische Soldaten die Gegend unsicher machten, mußte das Muttergottesbild in die Triberger Pfarrkirche gebracht werden. Dabei zeigte sich die Wunderkraft des Bildes. Sobald nämlich feindliche Soldaten nur von ferne die Wallfahrtsstätte erblickten, zogen sie sich zurück und belästigten weder den Wallfahrtsort noch Triberg, obwohl sie jedesmal ringsum plünderten und sogar die Hirten auf dem Felde mit dem Tode bedrohten.

Die Wallfahrt zweier Schwaben nach Compostella
    Zwei Schwaben, Vater und Sohn, machten sich einst auf, um das Grab des heiligen Jakonus in Compostella, Spanien, aufzusuchen. Sie waren gegen die Unbill des Wetters ausgestattet, wie es für Jakobsbrüder üblich war. Nach langer Wanderung kamen sie endlich in das St.-Jakobs-Münster. In der Stadt fanden sie bei einem Wirt Herberge. In ihrer Meinung, die fromme Einfalt, die ihnen aus ihrer Heimat etwas Selbstverständliches war, sei überall zu finden, vor allem in einer so frommen Stadt, sollten sie sich gründlich täuschen. Der Wirt war sehr freundlich, so daß sie volles Vertrauen zu ihm hatten. In ihrer Harmlosigkeit zählten sie in seiner Gegenwart ihr Reisegeld. Den Wirt aber lockten die Gold- und Silbermünzen, und er sann nach, wie er sie an sich bringen könnte.
    Die Wallfahrtszeit war um, und die zwei Schwaben machten sich auf den Heimweg. Sie waren noch nicht weit von Compostella entfernt, da wurden sie von bewaffneten Reitern angehalten. Unter ihnen war auch ihr Gastwirt, die andern waren Polizisten. Man warf den Wallfahrern vor, sie hätten dem Wirt einen goldenen Becher gestohlen, und durchsuchte ihr Gepäck. Tatsächlich fand sich der goldene Becher im Ranzen des Vaters.
    Die Schwaben wurden nach Compostella zurückgebracht und vor Gericht gestellt. Der Vater wurde zum Tod verurteilt. Doch der Sohn bat den Richter, an Stelle seines Vaters gehenkt zu werden; denn ohne den Vater gerate die Familie in größtes Elend. Nach langer Beratung nahm der Richter das Anerbieten des Sohnes an: die Strafe wurde vollzogen.
    Traurig trat der Vater den Heimweg an, der ihn am Galgen vorbeiführte. Noch einmal schaute er zu seinem jugendlichen Sohn hinauf. Siehe, dieser lebte noch. Vater und Sohn konnten miteinander reden und sprachen die Hoffnung aus, Gott werde auf die Fürbitte des heiligen Jakobus ihnen doch noch helfen. Eilends lief der Vater zum Richter. Als er mit diesem am Wirtshaus vorbeikam, wo beide gewohnt hatten, betraten sie, einer inneren Stimme folgend, die Schenke; der Wirt saß gerade wohlgefällig beim Essen. Vor ihm stand der goldene Becher mit Wein, auf einer Platte lagen gebratene Tauben.
    Als der Schwabe erzählte, daß er soeben beobachtet habe, sein Sohn lebe noch, lachte der Wirt laut und meinte: "Du Narr, dein Sohn lebt so wenig, als diese Tauben hier fliegen können."
    Im selben Augenblick flogen die gebratenen Tauben von der Platte weg in die Höhe und zum Fenster hinaus. Nun war auch der Richter von der Unschuld der beiden Schwaben überzeugt. Er ließ sofort den Sohn vom Galgen herunterholen. Der Wirt aber wurde vor Gericht gestellt, für schuldig befunden und zur gleichen Strafe verurteilt.
    Vater und Sohn dankten Gott und dem heiligen Jakobus für ihre

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