Sagen aus Schwaben
Höhle und schnellte recht wacker die zierliche Spindel.
"Du spinnst dir wohl ein Brauthemd, du graue Schönheit?" lachte der Vogt.
"Ein Brauthemd und ein Totenhemd, Herr Vogt", versetzte das Mütterchen.
"Du hast da einen gar schönen Flachs, der ist gewiß von irgendwo gestohlen?"
"Mit nichten, dort drunten ist er gewachsen auf einem armen Bauerngrab."
Den Vogt überlief es kalt. Die Jagd war ihm verleidet, er kehrte sogleich nach Eberstein zurück, mit sich selbst im Kampf, ob er die Zustimmung zu Klärchens Heirat geben solle oder nicht.
So vergingen einige Tage, ohne daß er zu einem festen Entschluß gelangen konnte. Als er eines Abends eben beim vollen Humpen im Rittersaal seine ängstlichen Gedanken niederzutrinken suchte, erschien Klara, zwei schöne Hemden auf dem Arm tragend. "Herr Vogt", sagte sie, "Eurem Verlangen ist nun entsprochen. Hier sind die zwei Hemden aus den Nesseln von dem Grabe meiner Eltern; das eine für Euch, das andere für mich. Jetzt haltet aber auch Euer gegebenes Wort!"
"Das will ich, gewiß, das will ich", stotterte der Vogt, dem es ganz unheimlich zumute war, "morgen soll deine Hochzeit sein!"
In der Tat gab er auch sogleich dem Schloßgärtner die Erlaubnis zur Trauung und versprach, er werde sich selbst dem Ehrengeleit in die Kirche anschließen.
Doch während am folgenden Morgen das junge Paar glücklich am Altar stand, lag der Burgvogt auf der Bahre, mit dem Leichenhemd aus Nesseln angetan.
Die Strafe des Himmels hatte den Sünder unmittelbar später ereilt.
Das Rockertweibchen
Nach dem Tode eines Grafen von Eberstein sprach dessen Witwe den Rockertwald bei der Murg sich zu eigen an, obwohl er Eigentum der Gemeinden Scheuern, Hilpertsau und Reichental war. Es wurde daher ein Gericht einberufen, vor dem die Gräfin an einem Platz im Wald beschwören sollte, daß er ihr gehöre. Da sie das wahrheitsgemäß nicht behaupten konnte, bediente sie sich einer List. Sie versteckte in dem Federbusch ihrer Haube einen Löffel oder Schöpfer, tat in ihre Schuhe Erde aus ihrem Burggarten und schwur dann vor dem Gericht. »So gewiß der Schöpfer über mir ist, so gewiß stehe ich auf eigenem Grund und Boden!« Daraufhin ward ihr der Forst zuerkannt; aber sie starb nach wenigen Tagen und geht seitdem, zur Strafe für ihre Lüge, in der Gegend um, besonders im Rockertwald und auf der angrenzenden Gättelwiese. Sie wird das Rockertweibchen genannt und wird oft mit einem Bund Schlüssel und in der schwarzen Trauerkleidung, die sie seit dem Tode ihres Mannes trug, gesehen. Zuweilen fährt sie in einer vierspännigen Kutsche, gewöhnlich aber geht sie zu Fuß, wobei sie manchmal von vielen Hunden begleitet ist, mit welchen sie das Wild hetzt. Öfter schreit sie wehklagend: »Hu, hu!« Mädchen, die Laub oder Gras holten, hat sie schon die Körbe aufgeholfen; binnen Jahresfrist aber waren die Mädchen tot.
Ein Schneider aus Obertsrot hörte nachts beim Heimgang von Lautenbach die Gräfin rufen und fing an, sie laut zu beschimpfen. Da faßte sie ihn am Arm und führte ihn gewaltsam durch Hecken und Stauden auf den Lautenfelsen. Hier mußte er dann bis zum Morgen bleiben und warten, bis er von Vorbeigehenden herabgeholt werden konnte.
Andere Leute, welche das Rockertweibchen beleidigten, hat sie in einen Gumpen oder Weiher getaucht oder sich ihnen auf den Rücken gesetzt und sich auf den Berg hinauf und hinab bis an den Bach tragen lassen, wo sie dann, wie ein Maltersack, ins Wasser fiel.
In einer regnerischen Nacht kam sie im Rockert zu drei Wilderern, die an einem Feuer saßen, und wollte an der Wärme ihre nassen Kleider trocknen. Da rief einer von ihnen: »Pack dich fort!«, aber im gleichen Augenblick war er von ihr ergriffen und durch dick und dünn fortgeschleift bis zum Tagesgrauen, so daß er, von Dornen zerkratzt, vier Stunden von dem Wald entfernt in Ohnmacht aufgefunden wurde.
Manche Wanderer hat sie schon irregeführt, aber auch manchen Verirrten wieder auf den rechten Weg gewiesen. Nicht jedes Jahr läßt sie sich sehen; aber wenn sie erscheint, dann gibt es in diesem Jahr Frucht und Heu in Hülle und Fülle.
Das Schrättele
Im Lautlinger Tale, in Laufen, aber auch in Tieringen, in Ebingen auf dem Heuberg, in Fridingen und anderswo nennt man die besondere Art von Hexen, die das Alpdrücken erzeugen, Schrättele. Sie legen sich dem Menschen über die Brust und auf den Hals, so daß es ihm Angst wird und er um Hilfe rufen will, aber nicht kann. Nur wenn jemand ihn bei
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