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 Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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ansehen!« und reichte das Auge zur dritten.
    Perseus trat vor sie hin, er wollte nicht unhöflich sein, deshalb tat er so, als ob er sie nicht rieche. Er sagte zu ihnen, er möchte gern wissen, wo ihre Schwestern, die Gorgonen, wohnen.
    »Ja«, sagten die drei, »das werden wir dir nicht sagen, höchstens wenn du …«, und machten ein paar anzügliche Bemerkungen.
    Perseus hatte eine Wegzehrung bei sich, und er tat so, als ob er sich gemütlich niederlassen wollte, um zu essen.
    Die drei hatten Hunger, sie wollten auch essen.
    Er sagte: »Das, was ich hier zu essen habe, kann man durchaus auch ohne Zähne essen.«
    »Ah, kann man das«, sagten sie.
    »Jawohl, man kann das.«
    Er teilte seinen Proviant in drei Teile und gab jeder von ihnen etwas davon. Aber die eine hatte den Zahn in der Hand, die andere das Auge, deshalb sagte er: »Ich werde beides für euch halten. Eßt ihr einstweilen, ich hüte euer Auge und euren Zahn.«
    Sie taten das, und nun hatte er Auge und Zahn und sagte: »So, und jetzt im Ernst. Wenn ihr mir jetzt nicht sagt, wo eure Schwestern, die Gorgonen, wohnen, dann werdet ihr nie wieder euer Auge und euren Zahn bekommen.«
    So hatte er also die Adresse der Gorgonen aus ihnen herausgepreßt. Perseus war dann schlau genug, ihnen nur den Zahn zurückzugeben, das Auge warf er in den See, daß sie erst danach tauchen mußten.
    Dann verließ er die Graien. Die Nymphen, die in ihrer Nähe wohnten und die schon seit Jahrhunderten unter dem Gestank der alten Frauen litten, waren dem Perseus sehr dankbar, daß er die Graien gezwungen hatte, ins Wasser zu springen und zu tauchen.
    »Da waschen sie sich wenigstens einmal«, sagten die Nymphen und schenkten dem sympathischen Perseus drei Dinge, nämlich: eine Tarnkappe, Flügelschuhe und einen großen Mantelsack.
    So machte er sich weiter auf die Reise. Ich stelle mir das so vor: Er wird nun nicht mehr gegangen sein, sondern ist jetzt wie ein Surfer durch die Luft geflogen.
    Bei seiner Luftreise begegnete er unserem Gott Hermes. Der flog eine Zeitlang neben ihm her und betrachtete den jungen Mann. Perseus gefiel dem Gott außerordentlich. Hermes ist ja ein sehr sympathischer Gott, er fragte ihn aus, was er vorhatte. Perseus erzählte es, und Hermes sagte: »Du wirst eine Waffe benötigen.«
    Er reichte ihm ein Schwert hinüber, wünschte ihm noch viel Glück und flog dann weg.
    Die Gorgonen waren drei Schwestern, sie waren die schöne Ausführung der Graien, jedenfalls waren sie es einmal gewesen. Zwei von ihnen waren unsterblich, eine war sterblich, und zwar die jüngste und schönste von ihnen, Medusa.
    Medusa war sterblich. Aber dafür war sie so schön, daß sie sich eines Tages brüstete, sie sei schöner noch als die Göttin Pallas Athene. Athene hat das nicht gerne gehört, und sie verwandelte die drei Gorgonen in die häßlichsten Wesen, die auf dem Erdboden jemals gehaust haben, und die Häßlichste von ihnen war Medusa. Haare hatte sie wie Schlangen, ihr Gesicht war aufgedunsen, einen Hintern hatte sie wie ein Pferd. Sie waren unbeschreiblich häßlich – und böse, gefährlich.
    Den Kopf dieser bösen, gefährlichen Medusa sollte Perseus holen. Die Gorgonen schliefen gerade, als er ankam. Er holte das Schwert heraus, das er von Hermes bekommen hatte, und schlug der Medusa den Kopf ab. Er hatte sich gemerkt, was Athene gesagt hatte. Er schlug der Medusa den Kopf ab und schaute dabei in den spiegelglatten Schild. Es ging nämlich folgende Sage: Wer der Medusa ins Auge schaut, der erstarrt zu Stein. Das hat sich Perseus zu Herzen genommen, hat den Kopf abgeschlagen und sofort das Haupt der Medusa in den Mantelsack gestopft, den ihm die Nymphen gegeben hatten.
    Und siehe da: aus dem Hals der Medusa stürzten zwei Wesen. Chrysaor war das erste, das heißt soviel wie: der rote, goldene Stahl. Das zweite Wesen war Pegasos. Pegasos ist ein geflügeltes Pferd. Dieses Wesen wurde später zum Wappentier der Dichter. Man hat gesagt, die Höhenflüge, die die Dichter sich leisten, sind, als hätten sie ein Pferd mit Flügeln. Gemeint war wohl: Die Dichter spinnen und landen auf dem Bauch. Oft ist das so. Ich kann es bestätigen.
    Es gibt übrigens eine schöne, kleine Ballade von Friedrich Schiller, die heißt: »Pegasos im Joch«. Da gibt es einen ganz armen Dichter, zu dem kam Pegasos geflogen, der Dichter war aber so arm, daß er den Pegasos nicht ernähren konnte, weil der muß ja auch etwas zu fressen haben. Er verkaufte den Pegasos an einen Bauern, und

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