Sagen des klassischen Altertums
Tochter und ihren Freiern schwer.
Es kamen viele Bewerber um Hippodameia. Sie war sehr schön, und alle brachten wertvolle Geschenke mit. Oinomaos ließ sich erst einmal diese Geschenke aushändigen, dann stellte er seine Bedingungen. Einige dieser Bewerber, die klügeren und die feigeren, werden, wenn sie sich der Stadt näherten, vielleicht ihre Zweifel bekommen haben, ob es richtig war, was sie da vorhatten. Denn über der Mauerkrone waren lauter Köpfe aufgespießt und Hände. Das waren die Köpfe und die Hände der Bewerber um die Prinzessin Hippodameia, die ihr Ziel nicht erreicht hatten.
Die hatte ihr Vater umgebracht. Er hatte sich ein Ritual ausgedacht.
Er sagte: »Jeder, der meine Tochter haben will, der soll sie sich nehmen. Meine Tochter muß aus meinem Reich weggeführt werden. Ich gebe sie niemandem. Aber wer sie wegführen kann, der soll sie haben. Und der soll nicht nur meine Tochter haben, er kriegt auch noch mein ganzes Reich mit dazu.«
Er sagte: »Es soll der Bewerber meine Tochter auf seinen Wagen nehmen, er soll die Pferde antreiben und soll davonfahren. Ich selbst werde ihm eine halbe Stunde Vorsprung geben, dann werde ich ihn verfolgen. Wenn ich ihn erreiche, bevor er mein Reich verlassen hat, werde ich ihm von hinten den Speer in den Rücken stoßen. Wenn ich ihn nicht erreiche und er meine Tochter bis an das Ende meines Reiches entführt, dann gehört sie ihm.«
Der Haken daran war, daß Oinomaos die Pferde des Kriegsgottes Ares besaß, und damit hat er spielend jeden eingeholt.
Pelops wußte davon. Er war gewarnt worden, und als er in seinem Gespann auf die Stadt zufuhr, legte er sich einen Plan zurecht. Mit Stärke allein, das war ihm klar, gab es hier nichts zu gewinnen. Er hatte zwar die Pferde des Poseidon, aber das waren Pferde, die über das Wasser fliegen konnten, an Land waren sie nicht besser als andere Pferde, gegen die Rosse des Kriegsgottes hatten sie keine Chance.
Günstig für Pelops war, daß sich Hippodameia wahrhaftig in ihn verliebt hatte. Sie gab ihm Ratschläge. Er sollte den Wagenlenker ihres Vaters bestechen. Der Wagenlenker hieß Myrtilos, er war ein berühmter Wagenlenker, der Sohn eines Gottes, der Sohn des Hermes! Ihn sollte Pelops bestechen. Wie er das mache, sagte Hippodameia, das sei seine Sache.
Pelops hatte die Verruchtheit seines Vaters geerbt, er machte es auf seine Weise. Er zog Myrtilos eines Nachts beiseite und sagte: »Ich habe Achsen aus Wachs geformt. Diese Achsen wirst du statt der Achsen aus Eisen in den Wagen deines Herrn einsetzen.«
Myrtilos sagte: »Wie komm’ ich denn dazu! Ich diene meinem Herrn. Ganz im Gegenteil, ich werde dich verraten, du Narr!«
»Hör zu«, sagte Pelops. »Wenn ich das Wagenrennen gewinne, werde ich auch das ganze Reich gewinnen, und ich werde die Frau dazu gewinnen, und ich werde mit dir teilen. Du sollst das halbe Reich bekommen und die erste Nacht bei der Frau. Überleg es dir.«
Ja, Myrtilos überlegte, und er überlegte nicht lange. Er, der Sohn eines Gottes, wurde von seinem Herrn und König nur angetrieben und geschlagen. Was heißt da Loyalität! Er sagte zu: »Gut, ich werde es tun.«
Er tauschte heimlich die stählernen Achsen aus gegen die wächsernen. Das Wagenrennen begann. Pelops hatte, wie von Oinomaos versprochen, eine halbe Stunde Vorsprung. Aber er fuhr nur bis zur nächsten Kehre. Dort wartete er mit Hippodameia. Sie stand auf seiner Seite, sie wußte, was ihren Vater erwartete. Sie haßte ihren Vater, der ihr seit der Kindheit nachgestellt hatte. Heute war der Tag der Rache.
Tatsächlich, nach einer halben Stunde kam Oinomaos angefahren. Und schon in der Kurve waren die wächsernen Achsen so weich, daß der Wagen zusammenbrach.
Aber die Pferde des Ares hatten eine ungeheure Geschwindigkeit drauf, und Pelops mußte gar nichts weiter tun als zusehen, wie der König zu Tode geschleift wurde.
Somit hatte er das Rennen gewonnen.
Er bekam das Reich zu seinen ungeheuren Schätzen dazu und nahm die Tochter des Oinomaos zu seiner Frau.
Er fragte sie: »Was wünschst du dir für eine Hochzeitsreise?«
Sie sagte: »Ja, mit deinen Pferden, die über das Wasser fliegen können, mit denen möchte ich einmal über unser schönes Mittelmeer fliegen.«
»Das ist kein Problem«, sagte Pelops.
Da stellte sich Myrtilos dazwischen und sagte: »So, das hätte ich auch gerne.«
»Gut«, sagte Pelops, »dann steig du auch auf.«
Und sie flogen über das Mittelmeer.
Sie landeten auf einer Insel, und
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