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Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Sommer
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Mondsüchtigen: als Drückmahrten aber müssen Liebende bei Nacht zu ihren Geliebten ziehen, wenn diese treulos geworden sind; und sie müssen sich auf sie legen und sie ängstigen, um sie so für ihre Untreue zu bestrafen. So kam auch einst ein junger Bursch alle Nächte in Gestalt eines weißen Mäuschens zu seiner frühern Liebsten, die ihm die Treue gebrochen hatte. Neben dem Bett des Mädchens stand eine Lade, und die hatte sie eines Abends zuzumachen vergessen. Als nun das Mäuschen heran schlich und auf das Bett springen wollte, lief es schnell über den Deckel der Lade hin; doch es glitt aus, fiel in die Lade, und der Deckel schlug zu. Nun fand man den Burschen, der mehrere Meilen von dem Dorfe des Mädchens entfernt wohnte, am folgenden Morgen todt im Bette. Man ließ dem Mädchen sagen daß ihr alter Geliebter gestorben sei, wenn sie vielleicht zu seinem Begräbniß kommen wollte, und sie beschloß das auch zu thun. Als sie aber am Begräbnißtage die Lade aufmachte, ihre Sonntagskleider heraus zu nehmen, sprang das weiße Mäuschen heraus, lief über das Feld, und bald darauf sahen die Verwandten des Burschen, die an seinem Sarge standen, wie das Mäuschen dem Todten in den Mund schlüpfte. Da schlug er die Augen auf und war gesund. Und er erzählte daß ihm geträumt habe, er falle in eine tiefe Höhle und sitze drei Tage darin eingeschlossen. Als nun das Mädchen kam und dies hörte, erzählte sie von dem weißen Mäuschen, das sich in ihrer Lade gefangen hatte, und man erkannte wohl daß der Bursch zu ihr mahren gegangen war.

     

41. Der Hörselberg.
     

      Becherer Newe thüringische Chronica (Mühlhausen 1601) S. 234.

      Binhard Newe vollkommene thüringische Chronica (Leipzig 1613) 2,127 f.

     

    Reinschwig, eine Königin von England, war von ihrem Gemahl aus geringem Geschlechte um ihrer Tugend willen erwählt worden und hatte ihn sehr lieb; und als er starb, gab sie viel Almosen und ließ Seelenmessen lesen um ihn aus dem Fegefeuer zu erlösen. Als sie nun dies mit großer Andacht eine Zeit lang getrieben hatte, kam einst des Nachts eine Stimme zu ihr und sprach, eine Meile jenseits Eisenach liege ein Berg, in dem ihres Herrn Seele gequält werde. Da rüstete sich die Königin mit ihren Jungfrauen und zog nach Thüringen, baute eine kleine Kirche unter dem Berge, und sie hörte wie die Seelen im Berge jämmerlich schrieen und nannte ihn Höre-Seel-Berg, weshalb er noch jetzt der Hörselberg heißt.

     

42. Gespenst in den Sumpf gebannt.
     

      Mündlich aus Groß-Oschersleben.

     

    Auf einem Landgute bei Halberstadt starb der Verwalter, der ein böser Mann gewesen war und in seinem Leben viel Unrecht gethan hatte. Darum konnte er nach dem Tode keine Ruhe finden, sondern kehrte alle Nächte auf das Gut zurück, ging in die Ställe und quälte das Vieh, daß es laut schrie und in den Ställen und im Hofe umher rannte. Da ließ der Gutsherr einen Kapuziner kommen; der bannte den Verwalter in einen Sack und trug ihn in einen benachbarten Sumpf. Dort treibt er noch heut sein Wesen und erschreckt oft bei Nacht die Vorübergehenden.

     

43. Bischof Odo von Magdeburg.
     

      Pomarius Chronica der Sachsen und Niedersachsen S. 231-233.

     

    Zu Magdeburg ging ein Knabe Namens Odo in die Schule; dem wurde das Lernen sehr schwer, und alle Strenge seiner Lehrer blieb ohne Früchte. Als er nun einst seiner Unwissenheit wegen in der Schule geschlagen wurde, ging er in die Kirche des heiligen Mauritius und betete voll Andacht zu dem Heiligen und zur Jungfrau Maria, sie möchten ihm einen helleren Verstand verleihen. Über dem Gebet entschlief er, und die Jungfrau erschien ihm im Traum und sagte, sie wolle nicht allein seine Bitte gewähren, sondern ihm die noch größere Gnade erweisen daß er nach dem Tode des jetzt regierenden Erzbischofs zu seinem Nachfolger erwählt werden solle: wenn er dann gut regiere, so werde er auch einen guten Lohn empfahen; doch wenn er dem Stifte übel vorstehe, solle er mit Leib und Seele des Todes sein.

    Als nun Odo wieder in die Schule kam, that er es bald allen seinen Mitschülern zuvor, und Jedermann verwunderte sich woher ihm solche Geschicklichkeit gekommen sei. Zwei Jahre darauf starb der Erzbischof, und Odo wurde an seine Stelle erkoren. Er führte anfangs ein löbliches Leben; dann aber begann er im Guten abzunehmen, verbrachte Kirchengüter, lebte unzüchtig und wurde bei allen Ehrliebenden verhaßt. Da hörte er einst drei Nächte hinter einander eine

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