Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Sommer
Vom Netzwerk:
schlug ihr Beil ihm in den Rücken. Er fühlte nur einen einzigen Stich; von dem Augenblicke an aber war ihm der Rücken so schwer, und als die Sonne aufging, sah er mit Schrecken an seinem Schatten daß er bucklich war. Als jedoch im folgenden Jahre der erste Mai heran kam, konnte er seine Lust nicht bezwingen und ging wieder auf den Glockersberg, weil ihm die Tänze gar zu wohl gefallen hatten. Und als er wieder in der Weide saß, bemerkte ihn die Hexe wie das vorige Mal und trat lachend zu ihm und sprach »Ich will mein Beilchen nur aus dem Weidenknorren ziehen, damit es nicht verloren geht.« Sie griff nach seinem Rücken; er fühlte wieder einen leisen Stich, und von Stund an war der Höker verschwunden. Die Hexe aber hielt, als sie die Hand zurück zog, ein Beil darin.

     

50. Die Hexe.
     

      Mündlich aus Wettin.

     

    Ein Windmüller bei Wettin konnte lange keinen Mühlknecht bekommen, weil es in der Mühle spukte und schon vier Knechte kurz nach einander gestorben waren. Endlich aber gab sich ein beherzter Bursch wieder bei ihm in Dienst. Als der um Mitternacht das Getreide aufschüttete, schlich eine kleine, schwarze Katze herzu; bald folgte eine zweite etwas größere, und sie grinsten den Burschen tückisch an, und die eine sprach zur andern »Wenn nur die große graue erst käme !« Bald darauf kam eine große graue Katze; die schoß, sobald sie den Burschen sah, ihm nach der Kehle empor: doch der Bursch hieb ihr gewandt mit dem Beile eine halbe Pfote ab, die sich alsbald in einen halben Frauenarm verwandelte. Da liefen die Katzen davon. Am Morgen aber wartete der Bursch vergeblich auf sein Frühstück. Er ging hinunter und fragte den Müller warum er heut Fasttag mache. Da entschuldigte sich der Müller und sagte, seine Frau sei plötzlich todtkrank geworden. »Fehlt ihr vielleicht ein halber Arm ?« fragte der Bursch, »so kann ich ihr einen borgen.« Und wirklich hatte die Frau den einen Arm nur noch halb, und das abgehauene Stück paßte an den Stumpf. Da erkannte man daß sie eine Hexe war und verbrannte sie.

     

51. Der Gundermannskranz.
     

      Mündlich aus Wettin.

     

    Ein Dienstmädchen hörte daß ihre Frau eine Hexe sei, und um die Wahrheit zu erfahren wand sie sich am Sonntage nach Walpurgis einen Gundermannskranz, setzte ihn auf und ging in die Kirche. Sie war die Erste drin und die Erste wieder draußen und sah nun wie ihre Frau und viele andre Frauen des Dorfes auf Besen und Ofengabeln aus der Kirche geritten kamen. Doch sobald die Hexen den Gundermannskranz auf dem Kopfe des Mädchens bemerkten, fielen sie über sie her und zerschlugen sie so, daß sie am folgenden Tage starb.

     

52. Die gebannte Hexe.
     

      Mündlich aus Gutenberg.

     

    Vor etwa fünfzig Jahren wohnte ein Bauer in Gutenberg, der immer das schönste Vieh im ganzen Dorfe gehabt hatte; doch seit einiger Zeit kam alles ersinnliche Unglück über ihn. Seine Pferde starben; seine Kühe gaben Blut statt Milch; seine Kälber und das Federvieh vergingen beim schönsten Futter, und es schien als ob aller Segen von seinen Ställen genommen wäre. Er klagte den Nachbarn oft seine Noth und versuchte manches gute Mittel, doch wollte nichts anschlagen. Da kam einst ein Scharfrichter in sein Haus, und als er die Frau des Bauers so traurig sah, fragte er sie was ihr fehle. Sie klagte ihm ihren Kummer, daß sie nun bald arme Leute sein würden und es bisher den reichsten im Dorfe gleich gethan hätten. Da lachte der Scharfrichter und sprach »Wenns weiter nichts ist: ihr sollt bald wieder so reich sein wie zuvor. Euer Stall ist behext; darum nehmt diese Kräuter und kocht sie gegen Mitternacht: dann wird die Hexe, die euch das Unglück angethan hat, kommen und Etwas von euch borgen wollen. Borgt ihr aber ja nichts, sondern kocht immerfort: alsdann wird sie so gepeinigt werden daß sie gewiß den Zauber von euern Ställen nimmt .« Damit gab er ihr eine Handvoll Kräuter und sagte, wenn sie dieselben lange genug gekocht haben würde, sollte sie den Trank in eine Gießkanne füllen und kreuzweis über die Schwelle des Stalles gießen und dabei sagen

     

    »Ich gieße das Kreuze

    Böser Leute,

    Meinen Nutzen,«

     

    und zwar so, daß sie bei den Worten »Ich gieße das Kreuze« die Schwelle entlang gösse, bei dem Übrigen aber quer über die Schwelle: wenn sie spräche »Böser Leute,« bis zur Schwelle hin außerhalb des Stalles, doch bei »Meinen Nutzen« über die Schwelle hinweg in den Stall hinein. Die Frau

Weitere Kostenlose Bücher