Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)
Höhe bei Rollsdorf und warf zwei Schippen Erde ins Wasser, und noch jetzt ist das Loch zu sehen, wo er die Erde ausgestochen hat: als er aber die dritte Schippe ausstach, kam grade eine alte Frau von Rollsdorf, welche einen Korb mit Hühnern auf dem Rücken trug und sie nach Halle auf den Markt bringen wollte. Und wie sie vorbei ging, begann ein Hahn im Korbe zu krähen. Da schwang sich der Teufel ergrimmt in die Luft und rief »Ein altes Weib geht über den Teufel .« So war der Graf von Seeburg gerettet; der unvollendete Damm aber ist noch heut zu sehen und wird die Teufelsspitze, bisweilen auch die Teufelsbrücke genannt.
46. Teufelssteine.
Mündlich.
Vergl. Dreyhaupts Chronik des Saalkreises 1,650. 2,958.
In dem Dorfe Sennewitz bei Halle liegt etwa fünfzig Schritt von der Kirche entfernt an einem Grabenrande ein Stein, auf welchem vier Löcher und der Ansatz zu einem fünften zu sehen sind. Diese kommen von des Teufels Krallen; das eine große auf der einen Seite vom Daumen, die übrigen weit kleineren von den Fingern: der kleine Finger hat sich am Wenigsten tief eingedrückt. Diesen Stein hat der Teufel nach der Kirche zu Sennewitz geworfen; doch ist der Wurf zu kurz gerathen, und der Stein ist vor der Kirche nieder gefallen. Er war ungeheuer groß und fuhr tief in die Erde: die Spitze, welche hervorragt, ist kaum der zehnte Theil des ganzen. Von der Erschütterung aber bekam die Kirche einen Riß, den man mehrere Jahrhunderte hindurch vergeblich zuzumauern suchte, weil er immer wieder aufbrach. Erst in der neuern Zeit ist es gelungen den Spalt zu füllen. – Ein ähnlicher Stein, welchen man wie den zu Sennewitz den Teufelsstein nennt, liegt vor der Mühle im Vorwerk Gimritz bei Halle. Auch auf ihm sind fünf Finger eingedrückt, und ihn schleuderte der Böse nach der Kapelle auf dem Petersberge, doch in der Hast zielte er nicht recht, und der Stein flog über den Petersberg hinweg bis hieher. Auch soll einer der Grenzsteine an der dölauer Heide und ein Stein auf dem Felde bei Hohenthurm vom Teufel dorthin geworfen sein. Auf zwei andern Teufelssteinen, von denen einer bei Wettin, der andre am Fuße des Petersberges liegt, sieht man Spuren von den Füßen des Teufels, der einst von dem einen Steine zum andern gesprungen ist.
47. Engel und Teufel bei der Pest.
Pomarius Chronica der Sachsen und Nidersachsen S. 16.
Im Jahre 615 nach Christi Geburt verfinsterte sich die Sonne, worauf im Herbst ein großes Sterben erfolgte; und es ward in vielen Städten gesehen daß ein Engel und ein böser Geist des Nachts umgingen. Der böse Geist trug einen Knüppel in der Hand, und so viele Streiche er auf Befehl des Engels an eine Thür that, so viele Menschen starben in dem Hause.
48. Warum sich in Sachsen der Teufel nicht sehen läßt.
Mündlich aus Beesen bei Halle.
Ob in den uralten Zeiten der Teufel auch in Sachsen umgegangen ist, das weiß man jetzt nicht mehr; doch das ist gewiß, daß unter allen Menschen, die leben, Niemand in Sachsen den Teufel gesehen hat, weil er schon vor langer Zeit von hier nach Ungarn verwünscht worden ist. In Ungarn liegt ein großer, finstrer Wald, und wo er am Finstersten ist, da steht ein Schloß, dem kein Mensch nahen darf. Dort haust der Teufel mit vielen tausend seiner Genossen. In dem ganzen Walde regt sich nichts: es nisten dort keine Vögel, kein Wild wird gejagt, es plätschern keine Bäche, und selbst der Wind weht nur ganz leise in den Wipfeln. Doch in der Nacht von elf bis zwölf spielen die Teufel auf dem Schlosse Karten mit großen eisernen Kartenblättern, und die werfen sie dann so heftig auf den steinernen Tisch, um den sie sitzen, daß man es ritsch ratsch! weit durch den Wald klingen hört.
49. Der Schneider auf dem Brocken.
Mündlich aus Halle.
Ein Schneider hatte gehört daß in der Nacht vom letzten April zum ersten Mai die Hexen sich auf dem Glockersberge versammeln und da wunderbare Tänze aufführen. Und weil er neugierig war, machte er sich den Tag zuvor auf den Weg und wanderte auf den Glockersberg, barg sich in den Zweigen einer Weide und sah nun wie viele hundert Hexen durch die Luft daher flogen, wie sie ein köstliches Mahl hielten und dann fröhlich tanzten. Eine der Hexen aber bemerkte ihn und rief lachend einer andern zu »Sieh was für einen großen Knorren dieser Weidenast hat: ich will mein Beilchen hinein hauen, daß ichs übers Jahr wiederfinde .« Und sie
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