Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)
nie wieder aussprechen wolle. So kennen denn die Bauern der Umgegend auch jetzt das Wort noch nicht und bleiben arm, während die Kucksgänger von den Schätzen der Pfanne alle Jahre reicher werden.
59. Tippelsdorf.
Mündlich aus Bendorf.
Zwischen Ahlsdorf und Anneroda liegt ein finstrer Wald, an dessen Stelle einst ein Dorf stand, welches Tippelsdorf hieß: auch kennt man in der Nähe noch die Tippelswiese und Tippelsbrücke. In dem Dorfe war ein Nonnenkloster, und noch jetzt sieht man bei Nacht oft Nonnen im Walde umher gehen. Am lichten Tage aber sind Leute, die im Walde Gras schneiden wollten, oft erschreckt worden, doch stets zu ihrem Glücke. Manchmal nämlich haben sie plötzlich, wenn sie einen Busch Gras zu fassen meinten, die Hand voll Schlangen gehabt: wenn sie aber die Schlangen tödteten und mit nach Hause nahmen, wurden dieselben zu Gold. Andre fanden eine seltsame, in Sachsen sonst unbekannte Art Rüben unter dem Grase, die eiskalt waren, und auch diese verwandelten sich nachträglich in Gold. – Ein Schäfer von Ziegelrode that ein Gelübde, wenn er einen Schatz auf der wüsten Marke Tippelsdorf finde, wolle er in seinem Dorfe eine Kirche bauen, und ging in das Gehölz um zu suchen. Und bald fand er wirklich einen unermeßlichen Schatz, von dem er die noch heut stehende ziegelroder Kirche aufführte; und er behielt noch so viel übrig, daß er der reichste Mann der Umgegend war. Zum Andenken ist das Bild des Schäfers über der Kirchthür in Stein gehauen und noch zu sehen.
60. Der Gutsherr von Schochwitz.
Mündlich.
In dem Dorfe Schochwitz hatte ein Schäfer seinem Gutsherrn den jährlichen Pachtzins gegeben, doch noch keine Quittung darüber erhalten, als der Gutsherr einige Tage darauf plötzlich starb. Die Frau forderte nun den Zins noch einmal, und da ihn der Schäfer nicht zahlen konnte, wollte sie ihn ins Gefängniß werfen. Da ging er einst traurig umher und dachte über sein Unglück nach: und als er in das Lupphölzchen bei Schochwitz kam, begegnete ihm ein graues Männchen mit langem weißen Bart; das gab ihm einen Stab und führte ihn zu einer Thür, welche der Schäfer nie zuvor bemerkt hatte. Hier hieß ihn das Männchen anklopfen und sagte ihm, er werde den Gutsherrn finden, doch solle er ihn nur mit dem Stabe, nicht mit der Hand anrühren und eine Quittung von ihm fordern. Als der Schäfer an die Thür klopfte, sprang sie auf, und er fand den Gutsherrn, wie er mit drei Andern an einem Tische saß und Karten spielte. Sobald er ihn mit dem Stabe berührte, sprühten Flammen um die Spitze des Stabes; denn der Gutsherr war im Fegefeuer. »Ich weiß weshalb du kommst« sprach er zu dem Schäfer: »geh zu meiner Frau und sag ihr, die Quittung steckt hinter dem Spiegel; und damit man dir besser glaube, nimm meine Mütze zum Wahrzeichen mit .« Er gab ihm die Mütze, und der Schäfer machte sich fröhlich auf den Heimweg. Er traf das graue Männchen wieder, dankte ihm für den guten Rath und gab ihm den Stab zurück. Die Wittwe des Gutsherrn aber fand die Quittung richtig hinter dem Spiegel. Doch während sie dieselbe las, legte der Schäfer die Mütze auf einen Tisch, und kaum berührte sie das Holz, so brannte sie ein Loch und fiel durch. Da ließ man die Stube zumauern, und sie soll bis heut noch nicht wieder aufgemacht sein.
61. Entdeckung der Salzquelle zu Halle.
Caspar Calvör Das alte heydnische und christliche Niedersachsen S. 380b.
Mündlich.
Die schöne Stadt Halle hat nächst Gott ihren Ursprung den Salzkothen zu danken. Man erzählt, als in uralten Zeiten, annoch vor des Herrn Christi Geburt, ein Hirte daselbst gehütet, da hat sich eine Sau bei heißem Wetter in dem Salzwasser abgekühlt. Als sie sich nachmals an der Sonne abtrocknete, haben ihr die Borsten von dem Salz stark geglänzt: da hat man vermuthet daß eine Salzquelle daselbst breche, welches sich auch nach weiterer Schürfung und Einsenkung gefunden.
62. Die Erbauung von Halle und die Rechte der Halloren.
Mündlich von einem Halloren.
In alter Zeit standen dort, wo nun die Stadt Halle erbaut ist, nur sechs und neunzig Hütten aus Stroh und Holz, und in diesen wohnten die ältesten Halloren und sotten ihr Salz. Sie waren adligen Geschlechtes, und aus jener Zeit stammt noch das adlige Wappen, welches beim Pfingstbier vor dem Zuge der Halloren hergetragen wird. Als sie nun eines Mittags vor ihren Hütten saßen, kam der Bischof
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