Sag's Nicht Weiter, Liebling
und bin plötzlich gerührt.
»Und darum ging es auch in den Anrufen?«, frage ich zaghaft. »Musstest du deswegen neulich abends so plötzlich verschwinden?«
Jack seufzt. »Die beiden hatten vor ein paar Tagen einen Verkehrsunfall. Es war nicht so schlimm. Aber … nach Petes Unfall sind wir besonders empfindlich. Wir wollten einfach sichergehen, dass sie richtig behandelt werden.«
»Klar«, ich zucke ein bisschen zusammen. »Das verstehe ich.«
Wir schweigen eine Weile. Ich versuche, all die Puzzleteile zusammenzusetzen. Mir ein Bild zu machen.
»Was ich nicht verstehe«, sage ich, »warum sollte ich es geheim halten, dass du in Schottland warst? Da hätte doch keiner was mit anfangen können.«
Jack verdreht reuig die Augen.
»Das war total bescheuert von mir. Ich hatte ein paar Leuten gesagt, dass ich an dem Tag nach Paris fliege, nur als Vorsichtsmaßnahme. Keiner wusste etwas von meinem Ausflug nach Schottland. Ich dachte, niemand würde es merken. Und dann komme ich ins Büro … und da sitzt du.«
»Und da ist dir das Herz in die Hose gerutscht.«
»Nicht direkt.« Er sieht mir in die Augen. »Es wusste nicht recht, in welche Richtung es sich bewegen sollte.«
Ich spüre, wie sich plötzlich meine Wangen färben, und räuspere mich befangen.
»Und … äh …«, sage ich und sehe weg. »Deswegen hast du …«
»Ich wollte nur nicht, dass du plötzlich verlauten lässt, ›Hey, er war gar nicht in Paris, er war in Schottland!‹, und damit die Gerüchteküche anheizt.« Jack schüttelt den Kopf. »Du würdest dich wundern, was die Leute für alberne Theorien aufstellen, wenn sie nichts Besseres zu tun haben. Das habe ich doch alles schon gehört. Ich plane, die Firma zu verkaufen … ich bin schwul … ich bin in der Mafia …«
»Äh … echt?«, sage ich und streiche mir eine Haarsträhne glatt. »Herrje. Wie blöd!«
Ein paar Mädchen schlendern in der Nähe vorbei, und wir schweigen eine Weile.
»Emma, es tut mir Leid, dass ich dir das nicht vorher sagen konnte«, sagt Jack mit gedämpfter Stimme. »Ich wusste, dass es dich verletzt. Ich wusste, dass du das Gefühl hattest, ich schließe dich aus. Aber … es ist einfach nichts, was man einfach so erzählt.«
»Nein!«, sage ich sofort. »Natürlich konntest du das nicht. Es war dumm von mir.«
Ich streiche unbeholfen mit dem Fuß im Kies herum und bin etwas betreten. Ich hätte mir doch denken können, dass es etwas Wichtiges ist. Als er sagte, es sei kompliziert und heikel, war das die Wahrheit.
»Nur eine Hand voll Leute weiß davon.« Jack sieht mich ernst an. »Einige wenige, besondere, vertrauenswürdige Leute.«
In seinem Blick liegt etwas, das mir die Kehle zuschnürt. Ich sehe ihn an und spüre, wie mir das Blut ins Gesicht steigt.
»Kommen Sie rein?«, ruft eine helle Stimme. Wir zucken zusammen und sehen eine Frau in schwarzen Jeans auf uns zukommen. »Die Aufführung fängt gleich an!«, sagt sie strahlend.
Ich komme mir vor, als hätte sie mich mit einer Ohrfeige aus einem Traum geweckt.
»Ich … ich muss rein und Lissy tanzen sehen«, sage ich benommen.
»Klar. Na ja, dann lasse ich dich mal allein. Das war auch schon alles, was ich sagen wollte.« Jack steht langsam auf und dreht sich dann noch mal um. »Nur eins noch.« Er sieht mich einen Moment lang schweigend an. »Emma, ich weiß, dass die letzten Tage nicht leicht für dich waren. Du warst die ganze Zeit über ein Musterbeispiel an Diskretion und ich … nicht. Und dafür wollte ich mich entschuldigen. Noch einmal.«
»Das … ist schon okay«, bringe ich heraus.
Jack dreht sich wieder um, ich sehe ihn langsam über den Kies weggehen und bin hin- und hergerissen.
Er ist extra hergekommen, um mir sein Geheimnis zu verraten. Sein großes, kostbares Geheimnis.
Das hätte er nicht zu tun brauchen.
O Gott. O Gott …
»Warte mal!«, höre ich mich rufen, und Jack dreht sich sofort um. »Willst du … willst du nicht mitkommen?« Und ich freue mich, als sein Gesicht sich zu einem Lächeln verzieht.
Als wir zusammen über den Kies knirschen, nehme ich all meinen Mut zusammen.
»Jack, ich muss dir auch etwas sagen. Über … was du gerade gesagt hast. Ich weiß, dass ich neulich gesagt habe, du hättest mein Leben zerstört.«
»Ich erinnere mich dunkel«, sagt Jack ironisch.
»Na ja, das war möglicherweise nicht ganz richtig.« Ich räuspere
mich beschämt. »Ehrlich gesagt … das war falsch.« Ich sehe ihn offen an. »Jack, du hast nicht mein Leben
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