Sahnehäubchen: Roman
sich tatsächlich gerade Schaum vor meinem Mund?
»Nicht so direkt – aber sie hatte an dem Tag auch sehr wenig Zeit und meinte, mein Ursprungstext habe ihr schon ganz gut gefallen. Und da dachte ich, es sei wichtiger, schnell zu sein als perfekt.« »Aber wie um Gottes willen sind Sie auf die hirnverbrannte Idee gekommen, das Buch an Frauenzeitschriften zu schicken? Ist Ihnen denn nicht klar, wer unsere Zielgruppe ist? Männer! Und die lesen die Blättchen nicht, die Sie jetzt bemustert haben! Ganz abgesehen davon, dass das Buch unseres Autors geradezu prädestiniert dafür ist, von der durchschnittlichen Frauenzeitschriftsredakteurin richtig auseinandergenommen zu werden. Da haben wir uns dann mit viel Aufwand richtig schlechte Presse organisiert.« Es ist einfach nicht zu fassen! Ich starre ihn böse an. »Wie kann man so blöd sein, Herr Weidner?«
Obwohl ihm meine Lautstärke eigentlich eine schicke Föhnfrisur verpasst haben müsste, gibt sich der Herr Supervolontär bereits wieder recht souverän. »Ich habe in die Datenbank das Stichwort Frauen eingegeben, weil das Buch doch von Frauen handelt. Ich habe das direkt mit der Funktion Serienbrief verknüpft, damit mir der Computer auch gleich die Etiketten vorbereitet – es sollte schließlich schnell gehen, ich wollte Zeit sparen.«
»…«, sage ich. Oder besser, ich versuche etwas zu sagen, obwohl ich liebend gerne ein bisschen Dampf ablassen und brüllen würde. Noch ein Versuch: »…« Okay, klappt nicht. Ich bin einfach nur sprachlos und hyperventiliere schweigend vor mich hin.
»Als die fertigen Briefe mit den Ansprechpartnerinnen dann vor mir lagen, habe ich auch gemerkt, dass der Suchbegriff wohl nicht besonders schlau gewählt war. Das wollte ich noch ändern. Die Bücher und die Pressetexte hatte ich im Postraum bereits so zusammengelegt, dass ich sie nur noch in die Umschläge einzutüten brauchte. Dann musste ich los, wegen einer Verabredung. Tja, und als ich am nächsten Morgen wiederkam, war die gesamte Sendung schon raus. Frau Smit wollte mir wohl helfen.«
Es gibt Tage, an denen bleibt man besser im Bett. Heute ist so einer. »Lassen Sie gefälligst Frau Smit aus der Sache raus«, donnere ich. »Das glaube ich jetzt nicht. Sie haben unseren Bosworth also aus Versehen verschickt!« Immerhin: Der Schreck hat mir die Sprache zurückgegeben.
»Na ja, irgendwie schon«, sagt er und wirkt für einen klitzekleinen Moment aufrichtig erschrocken. Aber natürlich verfliegt diese Reue so schnell, wie sie gekommen ist. Als müsse er mich beruhigen – was streng genommen sogar stimmt, nun aber gar nichts zur Sache tut –, fährt Tom Weidner mit einem entschuldigenden Lächeln fort: »Aber ist das denn alles so schlimm? Ich meine, es ist doch eigentlich nur schade um die Leseexemplare. Davon haben wir aber noch fünfzig Stück hier rumliegen. Wir suchen einfach die richtigen Redaktionen raus, und dann fange ich noch einmal von vorne an. Natürlich erst, nachdem Sie sich mein Anschreiben und die gewählten Kontakte angesehen haben.«
»So, und die Redaktionen, die die Bücher jetzt fälschlicherweise erhalten haben, die rufen wir an und sagen: Oh-oh, großes Missverständnis, schmeißt das Buch bitte einfach weg? «
»Vielleicht haben wir ja Glück und die interessieren sich sowieso nicht für solch einen Ratgeber. Die kriegen doch jeden Tag so viel Zeug zugeschickt.«
»Da muss ich Sie leider enttäuschen!«, schnauze ich ihn an. »Die auflagenstärkste Frauenzeitschrift hat schon angerufen. Die wollen unbedingt mit Bosworth auf Tour gehen.«
»Oh. Mist.« Tom Weidner guckt betreten zu Boden.
»Ich werde die Angelegenheit nun mit Frau Becelius besprechen, dann sehen wir weiter. Gehen Sie aber davon aus, dass Ihr eigenmächtiges Handeln Konsequenzen haben wird.« Ich rausche aus dem Zimmer. Warum haben wir diesen Idioten bloß eingestellt? Unter normalen Umständen müssten wir den sofort rausschmeißen, aber ich bin mir sicher, dass Susanne beide Augen zudrücken wird. Nur gut, dass es das Projekt seines eigenen Vaters ist, sonst wäre die ganze Angelegenheit noch ärgerlicher.
Susanne ist nicht in ihrem Büro, und das Fehlen von Jacke und Handtasche deutet darauf hin, dass sie nicht nur kurz um die Ecke verschwunden ist. Ich klingele beim Empfang durch.
»Frau Smit, wo steckt denn Frau Becelius?«
»Hat einen Auswärtstermin.«
»Wissen Sie, wann sie zurückkommt?«
»Nein, hat sie leider nicht gesagt.«
Ich überlege kurz, ob ich
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