Sahnehäubchen: Roman
wartet nur darauf, von mir geweckt zu werden.«
Ich glaube, ich habe mich verhört. Frauen wie ich? Vulkan? Der hat sie doch nicht mehr alle! Und davon mal ganz abgesehen: Nett ist er nicht. Kein Stück. Erst vor einer halben Stunde ist Dwaine F. Bosworth höchstpersönlich in unserer Agentur aufgekreuzt – und bereits in dieser kurzen Zeit haben sich alle meine bösen Vorahnungen bestätigt.
Susanne, Tom Weidner und ich sitzen um den ovalen Tisch im Konferenzraum und lauschen den Bosworthschen Ausführungen zu seinem Buch. Dabei rekelt er sich selbstgefällig in einem der braunen Ledersessel und scheint sich selbst unglaublich gerne zuzuhören. Dass dieser Kerl nun der große Verführungskünstler sein soll, kann ich kaum glauben, optisch ist er nämlich nicht gerade mein Fall: zurückgegelte braune Locken, ein schwarzes T-Shirt mit tiefem V-Ausschnitt, in welchem eine Kette mit dem goldenen Schriftzug LOVE prangt – und zwar so unauffällig wie weiland das Nora -Kettchen bei Thomas Anders. Der ganze Mann ist außerdem einen Tick zu gebräunt, der hängt mit Sicherheit ständig auf dem Asi-Toaster. Das Schlimmste aber ist sein Akzent: Der schwankt irgendwo zwischen Howard Carpendale und Roger Whittaker. Nur deutlich öliger.
»Tja, Herr Bosworth, bei allem Brodeln unter meiner Oberfläche würde ich jetzt gerne zum eigentlichen Thema zurückkommen«, versuche ich, den Ego-Riesen auf seine Normalgröße zurechtzustutzen, »und das ist unsere Pressearbeit im Vorfeld des Erscheinens Ihres … äh … Ratgebers.«
Bosworth gibt sich unbeeindruckt. »Das ist kein Ratgeber, Hase, das ist die Bibel.«
»Und ich bin nicht Frau Hase. Mein Name ist Seefeld. Ich schreibe Ihnen den gerne auf, falls Sie ihn sich nicht merken können.« Der soll nicht meinen, dass ich hier so schnell die Waffen strecke! Ich erinnere mich, in irgendeinem Karrierehandbuch für Frauen gelesen zu haben, dass es für Männer unglaublich wichtig ist, beim ersten Treffen gleich mal die Hierarchie untereinander zu klären. Und auch wenn dieser aufgeblasene Texaner gewissermaßen mein Kunde ist – ein bisschen Respekt möchte ich ihm schon einflößen. Leider habe ich dabei bisher eher mäßigen Erfolg.
Bosworth strahlt mich an und zeigt dabei eine Reihe sehr ebenmäßiger und vor allem sehr vieler Zähne. »Honey, eine so schöne Frau nenne ich doch, wie sie es möchte.« Aus den Augenwinkeln kann ich beobachten, dass Tom Weidner sich am liebsten vor Lachen auf dem Boden wälzen würde.
Jetzt mischt sich Susanne ein. »Herr Bosworth, ich nehme an, Ihre Zeit ist ebenso kostbar wie unsere, deswegen schlage ich vor, wir lassen Frau Seefeld nun erläutern, in welche Richtung wir uns die Pressearbeit für Ihr Buch vorstellen und in welchen Punkten wir für Ihren persönlichen Einsatz dankbar wären.«
Bei den Worten persönlicher Einsatz wechselt das Lächeln auf Bosworths Lippen von sehr breit zu sehr schmierig. Uah! Was für ein widerlicher Kerl! Ich räuspere mich.
»Wie ich eben schon versuchte zu erklären, wollen wir interessierten Journalisten eine Reportage über Ihre Methode, Frauen kennenzulernen, anbieten und …«
»He, das ist schon mal falsch, Süße!«, unterbricht mich Bosworth. »Es ist keine Methode, um Frauen kennenzulernen. Es ist eine Methode, sie ins Bett zu kriegen. Fürs Kennenlernen habe ich keine Zeit.«
Himmel! Wenn er das so Frau Lipfert erläutert, sehe ich die Schlagzeile schon deutlich vor mir.
»Herr Bosworth, es wäre zu freundlich, wenn Sie mich mal ausreden lassen könnten. Ich weiß sehr wohl, wovon Ihr Buch handelt, ich musste es schließlich lesen. Also, wir organisieren einen Abend, an dem die Journalisten Sie in diverse Bars begleiten können und dort Zeugen Ihres Könnens werden.« Ich mache eine Pause und gucke Bosworth scharf an. »Meinen Sie, Sie kriegen das hin?«
»Was kriege ich hin?«, gibt er, nun leicht irritiert, zurück.
»Na, an diesem Abend eine überzeugende Vorstellung zu liefern«, erkläre ich zuckersüß. »Oder ist Ihr Buch eher eine theoretische Abhandlung, und Sie haben Ihre Tipps und Tricks in Wirklichkeit noch nie ausprobiert?«
Susanne hebt die Augenbrauen. »Also bitte, Nina, was ist das denn für eine Frage? Wir wollen unseren Gast nicht beleidigen! Auf mich wirkt das Buch von Herrn Bosworth sehr authentisch.«
Ich hebe entschuldigend die Hände. »Ich will doch niemanden beleidigen! Ich will nur vor unangenehmen Überraschungen sicher sein.« Und um die Wogen wieder
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