Sahnehäubchen: Roman
Frau Smit auf das Mailing-Desaster anspreche, lasse es aber vorerst. Wichtiger ist jetzt, Spiegel der Frau von der Bosworth-Reportage abzubringen. Um den Rest kümmere ich mich später.
»Was meinen Sie denn damit, dass Herr Bosworth doch nicht zur Verfügung steht?« Frau Lipfert von Spiegel der Frau klingt schwer irritiert.
»Schauen Sie«, versuche ich es möglichst sanft, »Sie wollten die Geschichte doch exklusiv. Leider haben wir jedoch schon einer anderen Redaktion zugesagt, dass sie Herrn Bosworth an diesem Abend begleiten können.«
»Ach?« Frau Lipfert ist offensichtlich nicht überzeugt. »Wir waren so schnell – wer soll uns denn da zuvorgekommen sein?«
Berechtigte Frage. Was sage ich denn nun?
»Das tut doch hier gar nichts zur Sache. Jedenfalls können wir Ihnen keine Exklusivität anbieten.«
»Natürlich tut das etwas zur Sache. Wir sind ein wöchentliches Heft mit sehr kurzem Vorlauf. Wenn uns also ein Kollege einer monatlichen Zeitschrift begleitet, stört uns das nicht. Also, wem haben Sie die Geschichte noch zugesagt?«
Mist! Wenn man einmal mit dem Lügen anfängt.
»Äh, also so genau weiß ich das gar nicht, da müsste ich noch einmal in meine Liste …«
»Wissen Sie was? Ich glaube Ihnen kein Wort.« Frau Lipfert schlägt genau den Ton an, um den ich mich vorhin bei Tom Weidner umsonst bemüht habe – ich möchte am liebsten im Erdboden versinken. »Für mich klingt das eher so, als sollten wir Herrn Bosworth nicht zu Gesicht bekommen. Da frage ich mich doch, ob Sie sich das gut überlegt haben. Schließlich haben Sie uns das Buch gerade erst geschickt. Und normalerweise sind Verlage immer begeistert, wenn wir über eines ihrer Bücher berichten.« Ihre Stimme bekommt einen drohenden Unterton. »Wir sind Deutschlands auflagenstärkste Frauenzeitschrift. Als PR-Agentur sollten Sie das eigentlich wissen. Ich weiß nicht, ob der Verlag so glücklich darüber ist, wenn er erfährt, wie hier mit uns umgesprungen wird.«
Ja, das ist er vermutlich nicht. Ob die Tatsache, dass der Verlegerspross die Sache verdaddelt hat, etwas daran ändert? Ich möchte eigentlich ungern die Probe aufs Exempel machen. Wie komme ich aus der Nummer bloß wieder raus?
»Frau Lipfert, ich verstehe Ihren Ärger. Tatsächlich bin ich mir gar nicht sicher, welche Zeitschrift noch berichten wollte. Ich schlage vor, ich kläre das so schnell wie möglich und melde mich noch einmal.«
»Tun Sie das«, sagt sie schneidend. »Ich warte auf Ihren Anruf.«
Gut, so gewinne ich wenigstens ein bisschen Zeit.
»Also ohne größeres Theater scheinen wir die Sache nicht mehr absagen zu können, richtig?« Susanne ist inzwischen wieder von ihrem Auswärtstermin zurückgekehrt, wir sitzen in ihrem Büro.
»Genau.«
»Dann hilft wohl nur Augen zu und durch. « Dabei grinst sie – fast ein wenig verschlagen, wie ich finde. Aber Susanne stand ja schon immer auf dem Standpunkt: Any PR is good PR. Egal, wie schlecht die Presse auch ist, Hauptsache, wir erregen Aufmerksamkeit. »Wann genau lernen wir den Herrn Verführungskünstler denn kennen?«
»Er kommt nächste Woche nach Hamburg. Weidner lässt ihn extra einfliegen, seinen neuen Star.«
»Hast du eine Ahnung, ob Bosworth Deutsch spricht?«, fragt Susanne. »Oder brauchen wir noch einen Dolmetscher für unsere Aktion?«
»Nein, Salchow hat mir ausdrücklich gesagt, dass Bosworth Deutsch spricht. Erstaunlich, nicht?«
»Ja, wirklich. Und vielleicht erstaunt uns Bosworth ja auch in anderer Hinsicht und ist in Wirklichkeit ein ganz nettes Kerlchen, und die Journalisten fressen ihm sofort aus der Hand.«
Ich nicke. Ja, das wäre eine schöne Entwicklung. Hoffen wir also darauf, dass Dwaine F. Bosworth die Journalistinnen sofort mit seinem gewinnenden Wesen für sich einnehmen wird. Vielleicht ist er ein dufter Kumpel, der beim Verfassen seines Buches lediglich ein wenig zugespitzt formulieren wollte. Genau so wird es sein, mache ich mir selbst Mut. Wahrscheinlich sitzen wir mit Dwaine und der Reporterin bald bei einem schönen Glas Rotwein und einem tollen, geistreichen Gespräch. Anschließend schreibt sie einen Artikel, der das Buch auf amüsante Weise kommentiert, und viele Leserinnen schenken ihren Männern das Buch zu Ostern oder zum Geburtstag. Alles wird gut. Hauptsache, Dwaine ist nett.
»Sorry, Süße, ich kenne Frauen wie dich. Nach außen gibst du die Kühle, Unnahbare. Aber unter deiner Oberfläche brodelt es wie ein Vulkan. Und dieser Vulkan
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