Saigon - Berlin Thriller
Lautsprechern.
»Die Kunden lieben es, auf ihrer Marke enthauptet zu werden. Ein schönes Spielzeug. Findest du nicht auch?«
Dazu sagte ich besser nichts. Ein Glas sparte ich mir. Nahm die ganze Flasche. Vielleicht klappte es so, den Unbekannten aus seinem Versteck zu locken.
»Und wenn ich jetzt mal muss? In welches Requisit pinkle ich dann?«
Der Spiegel sprang auf. »Ist an alles gedacht. Bitte bedien dich. Ist nicht wie im Lager.«
Die Stimme kannte das Lager. Das reduzierte zumindest die Möglichkeiten. Aber es waren immer noch zu viele, die in Betracht kamen. Er gab sich nicht zu erkennen. Warum nicht?
Das Bad hinter dem Spiegel war eine sanitäre Fortsetzung der Folterkammer. Badewanne, Duschen mit Handschellen und Würgeeisen.
»Na, gefällt dir der Arbeitsplatz deiner Tochter?«
Ich lehnte die Spiegeltür nur an und setzte mich wieder auf die Folterbank.
»Was willst du? Was muss ich tun, um meine Tochter hier rauszuholen? Ich könnte die Polizei rufen.« Den Nachsatz hätte ich mir besser erspart. Ein gewaltiges, von den Lautsprechern verstärktes Lachen dröhnte durch den Raum. Brach sich an den diversen Foltergeräten und den Gittern eines Käfigs.
»Die Grenzen sind offen. Gut für alle Geknechteten in diesem Staat. Weniger gut für mein Geschäft. Die Bonzen suchen sich neue Studios im Westen. Ihre untergebenen Polizisten auch. Vergiss es also, auf deren Hilfe zu bauen. Nur kosten die mich langsam ein Schweinegeld. Also muss ich mir auch neue Bereiche suchen, um zu überleben. Wenn da nicht ein kleines Problem wäre. Und um das zu lösen, brauche ich dich.«
Mir musste etwas einfallen, um hier herauszukommen. Die Stimme meinte es ernst. Und einschüchtern ließ er sich offensichtlich nicht. Wie hatte Hauptwachtmeister Steiger in seinem beginnenden Alkoholtran gesagt? Die Mafia zahlt inzwischen besser als der Staat.
»Ich trau dir nicht. Ich habe auch etwas zu verlieren. Beweise mir, wer du bist. Sonst kannst du meine Tochter behalten. Sie ist dann nicht mehr mein Kind. Weißt du, warum?«
Einen eigentlich unbedeutenden, aber doch entscheidenden Moment war nur ein hektisches Atmen über die Lautsprecher zu hören.
»Ich will Beweise für deine Existenz. Sonst kannst du jedes Geschäft mit mir vergessen«, brüllte ich in den Raum. »Schneide meiner Tochter den Hals durch und wirf sie in die Spree. Das hast du doch schon einmal mit ihrer Freundin getan. Die passte deinen Kunden wohl nicht in den Kram. Oder kannte sie jemanden von deinen Parteibonzen und musste deshalb weg?«
Die Lautsprecher atmeten schwer.
»Mach die Tür auf. Ich gehe. Das Geschäft kannst du vergessen.« Wütend trat ich den Spiegel zum Bad ein. Nahm die Scherben und zerschnitt das Polster der Folterbank. Als Nächstes waren die Kalotten der Lautsprecher meinem Wutanfall ausgesetzt. Eine nach der anderen gab unter meinen Hieben ihren Geist auf. Nur diese verdammte Kamera war nicht zu finden. Mich hatte die Zerstörungswut gepackt. Was konnte ich hier noch zerkleinern?
»Du bist genauso hilflos wie damals«, tönte die Stimme. »Deine Aggressivität im Einsatz hat dir schon damals den Namen ›Ratte‹ eingebracht. Glaubst du vielleicht, ich bin nicht auf dich vorbereitet? Du kannst kaputtmachen, was du willst. Es steigert nur den Preis für The-Maria. Und du würdest deine Tochter nie aufgeben. Dafür hast du zu viel erleiden müssen, um sie überhaupt zu bekommen. Also spiel hier nicht den Rambo. Geh ... sonst überlege ich es mir noch und deine Tochter ist heute Nacht nicht die Domina, sondern das Opfer.«
Das Licht erlosch. Die Tür wurde entriegelt.
»Sie haben etwas vergessen«, sagte der Grobian, der die Tür öffnete, und wedelte mit einem Schlüssel in der einen Hand und einer Pistole in der anderen.
»Was soll das?« Mir reichte diese Demonstration von Macht und Gewalt, die sich seit 1968 permanent durch mein Leben zu ziehen schien. Mal in dieser, mal in jener Form. Mal regelmäßig, mal abwartend lauernd. Dann sprang sie mich aber ohne Vorwarnung aus dem Hinterhalt an. Meinem Pass nach war ich noch ein junger Mann von 43 Jahren. Aber meine Nerven hatten inzwischen die Konsistenz der eines Hundertjährigen. Nämlich überhaupt keine mehr.
»Das sind Ihre Autoschlüssel«, sagte der Türsteher lächelnd. »Und die Waffe habe ich mir erlaubt zu entladen. Das ist kein Spielzeug für einen Vietcong. Den finden Sie übrigens im Kofferraum. Halten Sie sich ab 12.00 Uhr morgen bereit. Der Chef ruft Sie im Auto
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