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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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Er zuckte mit den Schultern. »Was soll's? Wozu brauche ich Reis, wenn ich den ganzen Tag zugedröhnt sein kann? Die Amis gehen daran auch kaputt. So wie die Franzosen vor ihnen. Der Krieg gegen Rauschgift ist nicht zu gewinnen. Und das weiß die Not. Sie ist ein böser Berater. Gewinnt aber immer. Komisch. Oder?«
    So hatte ich das noch nie gesehen. Aber widersprechen konnte ich ihm nicht. Wozu brauchte ich feste Nahrung, wenn ich den Hunger einfach wegrauchen konnte? Irgendwer aus der Familie würde mich schon mit dem nötigen Stoff versorgen, wenn ich als zusätzlicher Esser nicht an ihre Reisrationen ging. Die brauchten sie, um arbeiten zu können. Abgeschrieben war ich als Opiumraucher ohnehin. Ich war für die Familie nichts mehr wert. Dann lieber ein paar Gramm Sucht als ein Kilo Reis in der Woche, für das ich keine Leistung mehr erbringen konnte. Hier nannte man es Familie. Und bei uns? Ich dachte besser nicht darüber nach.
    »Und La Troux?«, nahm ich den Faden wieder auf. »Mein Kleiner Drache nennt ihn den ›Sampan‹. Ist er einer?«
    Ali lachte verhalten.
    »Ein Sampan ist so was wie ein Pate. Davon gibt es Dutzende in der Stadt. Sie versuchen sich gegen die sehr streitbaren Chinesen in Cholon zu behaupten. Nein. Ein Sampan ist La Troux sicher nicht. Aber er scheint unter einem besonderen Schutz zu stehen oder eine Sondervollmacht von jemandem zu haben. Das macht ihn nahezu unangreifbar. Aber dahinter bin ich auch noch nicht gekommen.«
    »Handelt er mit Opium?«, versuchte ich es aus einer anderen Richtung. Irgendwo musste doch der Zugang zu diesem undurchschaubaren Franzosen vietnamesischer Herkunft sein.
    Ali atmete schwer.
    »Woher soll ich das wissen? In diesem Land ist alles möglich.«
    Das Licht im Garten und dem Hotel flackerte wieder auf. Eine Explosion donnerte durch die Stadt. Das Licht verlosch wieder.
    Ali seufzte.
    »Da ist wieder eine der maroden Umspannstationen in die Luft gegangen. Schade. Dann gibt es kein Eis mehr in den Whiskey. Und die Pumpen für die Wasserversorgung werden auch nicht mehr funktionieren. Also mach dich auf eine dreckige Woche gefasst.«
    Ali sagte das alles so beiläufig, als kommentiere er für seine Zeitung einen Zustand, der ihn nicht betraf.
    »Was glaubst du, warum Brian Eppstein bei seiner Schwiegermutter auf einem Boot wohnt? Er kennt die Scheiße hier.«
    Wieder ein tiefes Durchatmen.
    »Aber deswegen kann ich doch nicht 'ne Vietnamesin vom Fluss heiraten, nur um fließendes Wasser zu haben. Ich kann auch keinen Reis oder Opium in Algerien anbauen. Unter dem Eiffelturm geht das schon gar nicht. Nein, La Troux verdient an einer leichter zu transportierenden Ware. Informationen. Das ist sein Spezialgebiet.«
    Irgendwo wurde geschossen. Es knatterte wie Feuerwerk zum chinesischen Neujahr.
    »Monsieur. Da möchte Sie jemand sprechen.« Der Ober schob lautlos ein Tablett auf den Tisch. Ali rückte die Kerze zurecht. Nahm etwas, das wie eine Visitenkarte aussah, und nickte.
    »Du kannst ab sofort kein Wort Französisch mehr. Wir kommen deinen Fragen näher. Hör einfach zu und halt die Klappe. Oder rede nur Englisch. Verstanden?«
    Ich verstand zwar kein Wort. Jetzt auch nicht in Französisch. Aber es war besser meinen Mund zu halten. So weit hatte sich mein Instinkt in diesem Land schon verfeinert. Ali nahm die Füße vom Stuhl und erhob sich. Winkte mir sitzen zu bleiben.
    Ein kleiner Mann, bei Kerzenlicht von unbestimmbarem Alter, verbeugte sich kurz. Lüpfte kurz den Leinenhut und plapperte auf Ali in Französisch ein. Hakte sich bei ihm unter und zog ihn in den Garten.
    »Wer ist der Kerl?«, verstand ich.
    »Deutscher. Spricht aber nur Englisch.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ganz sicher.« Dann verstand ich die beiden nicht mehr und besah mir die Karte, die langsam in der Feuchtigkeit der Nacht den Zustand eines nassen Toilettenpapiers anzunehmen drohte.
    Eugene Guibaud. Directeur International. Paris. France.
    Mehr gab dieses Stückchen Papier nicht her. Keine Telefonnummer. Keine Adresse. Nur Paris.
    »Ich habe Hunger«, flötete Kleiner Drache aus dem Fenster. Und das ausgerechnet auf Französisch.
    Der kleine Mann drehte sich um und sah in die Richtung meines Zimmers. Es war zu dunkel, um es lokalisieren zu können.
    »Ich komme gleich«, antwortete ich betont laut auf deutsch.
    Die beiden Männer verabschiedeten sich sehr schnell.
    »Du hättest das Maul halten sollen. Du verstehst kein Französisch, aber antwortest auf das Gemeckere deiner

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