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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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grüne, gelbe Papierlaternen mit Schriftzeichen und Fransen tauchten die Umgebung in ein unwirkliches Licht. Der Lärm aus Kofferradios wurde noch durch das Gemurmel und Kreischen der Prostituierten übertönt. Ein startender Hubschrauber konnte nicht lauter sein. Lange hielt ich das hier nicht aus.
    Kleiner Drache hakte sich bei mir unter und zog mich zielsicher durch das Gewirr von Straßen. Ich hielt dagegen. Ein beleuchtetes Schild wies eine kleine Ecknische als »Steakhouse« aus. Mir war nach dem ausgebackenen Ungeziefer nach einem Steak und einem Bier.
    »Das geht nicht«, wehrte Kleiner Drache ab und zerrte an mir. »Die mögen da keine Viets.«
    »Das wollen wir doch mal sehen.« Ich hob sie hoch, trug sie über die Straße und setzte sie im Lokal ab. Der Raum war blau gestrichen. Etwa fünf mal fünf Meter groß. Zwei Deckenventilatoren. Eine kleine Bar aus Rattan. Einige GIs kauten auf T-Bone-Steaks. Tranken. Rauchten und beobachteten uns misstrauisch.
    »No, no«, rief die Frau hinter der Bar und wedelte mit den Händen. »Kein Zutritt für Viets.«
    »Ich bin deutscher Journalist«, protestierte ich.
    »Wir gehen besser«, murmelte Kleiner Drache und zog an mir.
    »Ein doppelter Grund, hier zu verschwinden. Journalisten mögen wir auch nicht.« Die Stimme kam von einem Mann, der nach uns hereingekommen war. Er trug die Uniform der amerikanischen Militärpolizei und fuchtelte mit dem Schlagstock. Seine Kollegen grinsten.
    »Du bist hier genauso ein Ausländer wie ich.« Kleiner Drache lächelte. »Das ist alles in chinesischer und amerikanischer Hand. Da wundert es keinen Viet, wenn seine Leute immer mehr zu den Vietcong überlaufen. Sollen sie doch an unseren alten Wasserbüffeln verrecken.« Aber sie bebte am ganzen Körper. Sie war wütend. Ich war wütend.
    »Und jetzt?« Mein Magen knurrte.
    »Jetzt essen wir da, wo wir willkommen sind.«
    Kleiner Drache zog mich weiter durch das Gewimmel.
    Wie ich das bei der Dunkelheit und meinem halbwegs funktionierenden Orientierungssinn orten konnte, befand sich das Lokal am Rand von Cholon. Es war mit Edelhölzern, niedrigen Tischen, vor denen der Gast nur in der Hocke Platz nehmen konnte, und Klimaanlage ausgestattet.
    Das Publikum hier gehörte zur oberen Schicht. Männer in Anzügen und Seidenkrawatten. Lackschuhen. Goldene Uhren. Amerikanische Straßenkreuzer vor der Tür. Die wenigen Frauen rauchten Zigaretten mit silbernem Mundstück.
    »Wo sind wir hier?«, flüsterte ich.
    »Im Restaurant ›Kleiner Drache‹. Es gehört einem Onkel von mir. Dem Bruder meiner Mutter.«
    Mir drängte sich sofort eine Frage auf: Warum half er dann seiner Familie nicht finanziell? Warum musste ich herhalten? Hier schien mehr Geld zu stecken, als meine Kreditbriefe hergaben. Die Frage sprach ich besser nicht aus. Ich würde hier allein nie wieder herausfinden. Vielleicht sollte ich doch die Sprache lernen ...
    Die Gäste blickten nur kurz auf und widmeten sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten.
    Eine kleine weibliche Person in einem Silberkleid eilte auf Kleiner Drache zu und umarmte sie. Ich verstand kein Wort.
    »Das ist die Tochter meines Onkels. Sie leitet das Geschäft hier«, stellte sie mir das Mädchen mit einem unausprechlichen Namen vor.
    »Du nimmst Bier und Whiskey?«, übersetzte Kleiner Drache, und sie wies uns einen Tisch zu. Geplapper zwischen den Frauen. Ein Lächeln. Ein Nicken. Zufrieden ließ sie sich neben mir nieder. »Du zahlst natürlich.«
    »Natürlich«, sagte ich und erschrak. Tastete mich ab. Meine Brieftasche war weg. Mit Pass und allen Papieren. Der Schweiß drang mir aus allen Poren. Nur das Schminkzeug und der Revolver waren noch an seinem Platz. Das war eine Katastrophe. Ich konnte mich nicht mehr ausweisen. Hatte kein Geld und auch keinen Kreditbrief mehr. Wer Pass und Brief hatte, konnte in jedem Hotel Geld abheben.
    Kleiner Drache beobachtete meine hektischen Versuche, doch noch etwas an mir zu finden. Aber da war nichts mehr. Weg.
    »Suchst du das hier?«
    »Verflucht. Wie kommst du daran?«
    Lächelnd schob sie mir die Brieftasche zu.
    »Wenn ich es nicht getan hätte, wärst du auf dem Weg hierher mindestens vier Mal von den chinesischen Nutten bestohlen worden. Und du hättest es nicht einmal bemerkt. Also sei froh, dass ich keine echte chinesische Nutte bin, von denen ihr Europäer immer träumt. Die reden nicht viel. Die klauen.«
    »Und dafür hackst du ihnen die Finger ab?«
    » Ja .«
    Ich schluckte. Das war wirklich ein

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