Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut
das bestätigen können.«
»Ehefrauen«, warf Friedolin verächtlich ein. »Das bringt uns nicht wirklich weiter, oder? Wie ist es eigentlich, hat Heinrich Weiher ein Alibi für Dienstagabend? Oder auch für gestern Morgen, als seine Tochter überfallen wurde?«
Rainer schnaubte: »Setz das auf die Liste der Dinge, die wir ihn fragen, wenn wir ihn haben.«
»Du meinst, ihr habt ihn gestern nicht einmal gefragt, was er gemacht hat?« Der junge Beamte klang erstaunt, und er sah seine älteren Kollegen an, als könne er nicht verstehen, wie man so etwas vergessen konnte. Eva verzog das Gesicht: »Als wir mit ihm sprachen, wussten wir noch nichts von der Sache mit seiner Tochter.« Sie machte weiter: »Klara Weiß.«
»Unsinn.« Rainer schüttelte den Kopf. »Bei ihr gilt genau das Gleiche wie bei Glaubnitz – Alibi und fehlendes Motiv.«
»Du meinst, wir haben kein Motiv gefunden, das heißt nicht, dass es keines gibt«, berichtigte Friedolin, nickte dann allerdings leicht mit dem Kopf. »Aber das Alibi sitzt. Sie und ihre Tochter hatten Karten für die Freilichtbühne und wurden dort auch gesehen.«
»Von Leuten, die sie kannten?«, hakte Eva nach. »Sie könnte jemand anderen mit ihrem Mädchen ins Theater geschickt haben.«
»Hmpf«, machte Friedolin wenig erhellend, aber Rainer fand die Vorstellung von Klara Weiß als Mörderin Kronauers so absurd, dass er ungeduldig erklärte: »Selbst wenn sie etwas gegen Kronauer gehabt haben sollte, wo kommt dann bei ihr die Baarer-Weiher ins Spiel?«
Eva lachte auf. »Außer bei Heinrich Weiher ist das doch der einzige Fall, wo eine uns bekannte Verbindung besteht. Vielleicht wollte sie ihre Rivalin aus dem Weg räumen.«
»Ach, komm, Eva, das ist so was von klischeehaft«, befand Rainer. »Außerdem sind Eifersuchtsdramen meistens ganz offen. Da findet man den Täter oder die Täterin mit dem Messer in der Hand, nicht eine Leiche mitten in der Pampa, noch dazu mit einem blutgefüllten Abendmahlskelch ausgestattet.«
»Der Kelch«, murmelte Eva. »Friedolin, habt ihr hier noch was über Satanisten oder heidnische Kulte herausbekommen?«
»Nichts. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass der Kelch uns nur auf eine falsche Fährte führen sollte.«
»Gut, streichen wir den Ritualmord«, stimmte sie zu. »Dann sieh zu, dass du noch mehr über den alten Mordfall herauskriegst oder über die anderen Verdächtigen. Oder überhaupt irgendetwas, was uns weiterbringt.«
»Und was machen wir derweil?«, wollte Rainer wissen.
»Ich weiß nicht, was du vorhast«, antwortete Eva, »aber ich geh in die Kantine, was essen.«
»Ich komme gleich nach, ich will mal meine Mails checken. Wahrscheinlich eher zwanzig Spam-Mails löschen«, setzte er hinzu, als Eva gegangen war. Tatsächlich saß er aber mehrere Minuten reglos vor dem Bildschirm und starrte auf die Tastastur wie auf der Suche nach einem Muster, das er doch irgendwann erkennen musste, wenn er nur lange genug hinsah. Auf der anderen Seite des Schreibtischs arbeitete sich Friedolin schweigend durch Akten, Notizen und Fotos. Erst jetzt in der Stille nahm Rainer wahr, dass draußen schon seit einiger Zeit das Prasseln eines starken Regens zu hören war, immer wieder untermalt vom Sausen eines Windes, der in Böen kam, abflachend und wieder auflebend.
Plötzlich schaute Friedolin abrupt auf und brach das Schweigen mit den Worten: »Es gibt eine Verbindung zwischen Margarete Hofmann und den Weihers.« Gerade, als er ansetzte, das näher zu erläutern, klingelte das Telefon. Rainer hob ab, lauschte kurz und hängte dann wieder ein. »Sie haben ihn«, sagte er tonlos.
36
Heinrich Weiher wirkte noch schmaler als am Tag zuvor, und seine Augen waren von dunklen Ringen eingefasst. Sein weißes Haar klebte ihm in dünnen, nassen Strähnen am Kopf, und aus seinen Kleidungsstücken tropfte Regenwasser. Den Mund, ein einziger dünner, farbloser Strich, presste er zusammen. Der Beamte, der ihn in das Büro geführt hatte, war ebenso nass wie der alte Mann. »Wir haben ihn am Augsburger Hauptbahnhof aufgegriffen«, erklärte der Beamte. »Möglicherweise wollte er den Zug nach München nehmen, zum Flughafen vielleicht, aber er wollte uns nichts sagen.«
»Möchten Sie mit einem Anwalt sprechen?«, fragte Rainer, gerade als die Tür hinter Weiher aufging und Eva mit Friedolin, der sie aus der Kantine geholt hatte, eintrat. Weiher drehte sich kurz nach den beiden um, sagte aber nichts.
Eva setzte sich dem durchnässten Mann
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