Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut
Kontrast zu der Selbstsicherheit und Überlegenheit, die der sportliche Körper ausdrückte.
Rainer nickte ihm zur Begrüßung nur zu und kam gleich zur Sache. »Hören Sie, wegen gestern früh, ich muss Sie noch etwas fragen.«
Werner Blum lehnte sich wie schon am Morgen gegen die Schreibtischkante und verschränkte die Arme vor der Brust. Rainer blieb stehen, um wenigstens annähernd auf Augenhöhe mit ihm zu bleiben.
»Sie sagten, dass Sie ungefähr um halb acht hier angekommen sind? Und dass Herr Kahlert in etwa um die gleiche Zeit eingetroffen sei, ist das richtig?«
Der andere antwortete nicht sofort, sondern sah abschätzend auf den Polizisten herab, der fast einen Kopf kleiner war als er; doch dann sackten seine Schultern herunter und er blickte zur Seite. Es war mehr als offensichtlich, dass ihn etwas stark beunruhigte. Rainer schwieg abwartend.
»Ich – passen Sie auf, ich muss Ihnen was sagen«, brach es schließlich aus dem jungen Mann hervor.
»Über gestern Morgen?«, fragte Rainer, als der andere nicht weitersprach.
»Ja – nein. Über den Anruf.«
Das Wort Anruf wirkte wie ein Signalton auf Rainer, der sich gespannt aufrichtete. »Von Dietmar Kronauer?«
Werner schüttelte den Kopf. Er schien nach Worten zu suchen, die er nicht finden konnte, und sagte schließlich gequält: »Ich arbeite jetzt seit drei Jahren hier.« Und Rainer dachte triumphierend, dass Eva Recht gehabt hatte, ihn noch einmal hierher zu schicken. Er wusste, was dieser Satz wirklich bedeutete – ich arbeite seit drei Jahren hier, ich kenne diese Frau schon seit Ewigkeiten, wir sind schon zehn Jahre verheiratet, ich kenne ihn doch seit meiner Kindheit. Was er ausdrücken sollte, war, dass jemand von diesem alten Freund, Arbeitskollegen, Geliebten, was auch immer, nichts Schlechtes denken konnte. Tatsächlich war es aber die Kapitulation vor den Tatsachen – was auch immer die Tatsachen in diesem Fall waren. »Ein Anruf«, wiederholte Rainer deshalb nur ernsthaft.
»Er kam schon am Dienstag«, sagte Werner, und die Bedrückung war seiner Stimme anzuhören. »Ich hatte vergessen, es auszurichten, und gestern Morgen war dann noch eine Nachricht auf dem AB, und Bernd – Herr Kahlert – mein Chef – so habe ich ihn noch nie gesehen. Er war furchtbar wütend, dass ich ihm nicht vorher von dem Anruf erzählt hatte.«
Endlich kamen sie weiter. »Von wem war der Anruf?«, fragte Rainer angespannt.
»Ich – es war eine Frau«, antwortete Werner zögernd. »Ich fürchte, ich habe den Namen vergessen. Aber es war ein Doppelname, und sie hat gesagt, sie arbeitet an der Universität. Und dass es um eine Sache ging, wegen der schon ihr Bekannter mit Bernd gesprochen hätte.«
Rainer nickte langsam. Die Dinge begannen, sich zusammenzufügen. »Baarer-Weiher?«
»Das war der Name, ja. Zumindest bin ich ziemlich sicher.«
»Und das war gestern Morgen, die Nachricht auf dem AB, meine ich? Ungefähr um die Zeit, als Sie beide hier eintrafen, ja? Halb acht, hatten Sie gesagt? Und ist Herr Kahlert danach noch einmal weggefahren?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Werner Blum unglücklich. Es war offensichtlich, dass er es nicht über sich gebracht hätte, die Frage mit ja zu beantworten. »Ich bin gleich darauf joggen gegangen.«
»Und kamen wann zurück?«
»Kurz vor neun«, nuschelte der junge Mann.
»Und Ihr Chef war zu diesem Zeitpunkt anwesend oder nicht?«
»Er kam kurz darauf aus dem Bootsschuppen. Das heißt, wir nennen ihn den Bootsschuppen. Eigentlich bewahren wir dort altes Zeug auf, das eigentliche Bootshaus liegt am Seeufer. Er hatte dort im Schuppen etwas repariert.«
»Behauptete er«, verbesserte Rainer unerbittlich. »Oder können Sie das mit Sicherheit bestätigen?«
Das ausweichende Schweigen war Antwort genug. Rainer nickte düster. »Können Sie mir diesen Bootsschuppen mal zeigen?«
38
»Fangen Sie am besten mit dem Streit an«, schlug Eva vor, während Friedolin fast gleichzeitig sagte: »Erzählen Sie uns, was Sie am Dienstagabend gemacht haben.«
Heinrich Weiher war weniger blass als zuvor, und auch sein Haar klebte nicht mehr so nass an seinem Kopf. Er ignorierte beide Aufforderungen und begann seine Aussage mit dem, was ihn offenbar am meisten beschäftigte. »Ich konnte nicht verstehen, warum sie nicht auf meine Anrufe reagiert hat«, erklärte er mit rauer Stimme. »Das sah ihr nicht ähnlich. Sie war erschüttert, als sie die Sache mit Martin Blumenthals Schmuckstücken hörte, aber
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