Sakramentisch (German Edition)
beruflicher
Neugier daran hängen. Entzückendes Niveau. Es entsprach der geistigen Ebene des
obigen Originalkommentars eines »Users« dieser Sendung. Hadi begriff rasch. Aus
einer Anzahl Menschen, die sich aus Geldmangel oder Geltungssucht prostituieren,
wählen die Zuschauer einen zum »König« oder zur »Königin« des Dschungels. Je
schneller und doller einer durch Höhlen mit Kakerlaken, Spinnen, grauem Schleim
und Mehlwürmern kriechen und je mehr anderes Ekliges er mit dem Mund greifen
und schlucken kann, desto höher steigt er auf der Beliebtheitsskala.
Doch Hadi war keiner, der auf Dirk Bach, den niedlichen, süßen
Moderator, auf die Teilnehmer oder gar die Fernsehzuschauer herabsah. Chacun à son goût , war seine Devise.
Er war eh nur halb bei der Sache gewesen. Arturs Notlage
beschäftigte ihn. Der Banküberfall aus der Zeitung beschäftigte ihn. Wenn’s
nicht fünfunddreißigtausend Euro Beute wären, sondern nur zehn- oder
fünfzehntausend, wäre Artur schon geholfen. Mit den Tresoren der Banken
befasste er, der Kriminalschriftsteller, sich schon lange. Sie beflügelten
seine Phantasie. Hier war im Übermaß gelagert, woran es den meisten Menschen
mangelt. Womit man Not lindern könnte. Zum Beispiel Arturs Not.
Würde man eine Bank ausrauben, beginge man ein gutes Werk. Und wie
bei keinem anderen Delikt könnte man nach so einer Tat mit sehr viel Sympathie
rechnen. Vor allem, wenn der Coup erfolgreich war. Dann käme beim Publikum
Schadenfreude noch dazu. Die ewige Geschichte von Arm und Reich. Freilich, man
würde sich nicht einfach eine Bank aussuchen, hineinmarschieren und sich das
Geld abholen. Der Varianten gab es viele. Ein Überfall auf ein Geldinstitut,
einen Geldtransporter, auf Postzüge, Postfilialen, Lottostellen. Bewaffnet, scheinbewaffnet,
mit oder ohne Geiselnahme.
In Stundenschnelle reifte in Hadi der Entschluss, Artur auf
ungewöhnliche Weise zu helfen.
Aber mit einem Banküberfall?
Die Zeiten hatten sich geändert, so auch die Zeit der Banküberfälle
und Tresorknackereien. Aus Alarmsirenen, die auf dem Dachgiebel einer
Raiffeisenbank bei starkem Regen absoffen, waren Direktverbindungen oder
Standleitungen zur Polizei geworden. Schlecht geratene Zeichnungen, die eher
den stellvertretenden Polizeichef karikierten statt den Räuber zu beschreiben,
waren zu Computerbildern und Videoclips mit achtzigprozentigem
Wiedererkennungswert herangereift. Sonderkommissionen waren gezielt und
koordiniert auf Haar-, Abdruck- und Speichelspuren trainiert. Mit punktgenauen DNA -Analysen waren sie ungleich näher am Täter dran als
die auf Spurensicherung umgeschulten uniformierten Oberkommissare früherer
Tage. Totale Überwachung und absolute Sicherheit bei den Banken.
Nein, diese Art von Gelderwerbsmethode fiel flach, befand Hadi.
Sie sehen, verehrte Leserinnen und Leser, auch das droht
schiefzugehen. Und Hadi Yohl ist immerhin eine Hauptperson in diesem Stück.
Deshalb rate ich Ihnen nochmals eindringlich: Lassen Sie die Hände von diesem
Buch.
Es gibt ja die verschiedensten Arten von Büchern. Das ist auch
vernünftig. Denn es gibt noch viel mehr verschiedenartige Menschen, die alle
einen anderen Geschmack und andere Interessensgebiete haben. Deshalb geben
Zehntausende von Verlagen Millionen von Büchern heraus. Liebesschnulzen,
Gesellschaftsromane, Bastelanleitungen für das Anfertigen einer Durchreiche von
der Küche ins Esszimmer, Thriller, Kinder- und Jugendbücher,
Zusammenbauvorschriften für Laubsauger, Bibeln und Satanisches, Satirisches.
Ratgeber fürs Reichwerden, Gesundbleiben, für alles im Leben, gebundene Bücher,
Taschenbücher, Hörbücher. Regionalkrimis.
Dies ist ein Regionalkrimi. Er spielt in Oberbayern und wäre deshalb
a priori sehr empfehlenswert.
Doch nicht dieser Oberbayern-Krimi!
Es soll ja Menschen geben, die ungern Geschichten lesen, in denen
nichts vorwärtsgeht, in denen die Akteure in schreckliche, unmoralische Dinge
verwickelt werden. Zum Beispiel juristische Bücher. Diese haben auch den
Nachteil, dass sie dick sind, schwer zu lesen und stinklangweilig. Bücher, die
praktisch kein Schwein gern liest. Außer Juristen. Deshalb verdienen manche
Rechtsanwälte damit haufenweise Geld.
Doch ich schweife ab. Das Buch, das vor Ihnen liegt, ist weder dick
noch juristisch noch schwer zu lesen. Trotzdem oder gerade deshalb – mir gehen
zunehmend die Argumente aus – sollten Sie mein Buch vergessen. Ich hab’s in
einem Anfall von Depression,
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