Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
überhaupt einen Gott gab, stand Fache auf der Liste Seiner Günstlinge, musste Collet zugeben. Der Capitaine war ein eifriger Messgänger und beichtete regelmäßig; es war etwas ganz anderes als die feiertäglichen Pflichtübungen, die seine Amtskollegen der öffentlichen Meinung halber absolvierten. Als der Papst vor ein paar Jahren Paris besuchte, hatte Fache sämtliche Beziehungen spielen lassen, um die Ehre einer Audienz zu bekommen. In seinem Büro hing ein von seinen Beamten verstohlen als »päpstliche Bulle« bezeichnetes Foto dieser denkwürdigen Begegnung.
Collet betrachtete es als Ironie, dass eine der seltenen öffentlichen Stellungnahmen Faches in den letzten Jahren seine heftige Reaktion auf die ruchbar gewordenen Skandale im Hinblick auf Kindesmissbrauch in der katholischen Priesterschaft gewesen war. »Diese Priester sollten zweimal aufgeknüpft werden«, hatte Fache erklärt, »einmal für ihr Vergehen an den unschuldigen Kindern und dann noch einmal, weil sie die katholische Kirche in Verruf gebracht haben.«
Irgendwie hatte Collet das Gefühl gehabt, dass Letzteres für Fache das weitaus größere Ärgernis war.
Collet wandte sich seinem Notebook zu, das an ein GPS-Ortungssystem anschlossen war. Collet hatte einen detaillierten Lageplan des Denon-Flügels auf dem Bildschirm, den er sich aus der Datenbank des Louvre-Sicherheitsdienstes heruntergeladen hatte. Sein Blick glitt über die Fluchten der Gänge und Galerien, bis er gefunden hatte, was er suchte.
Tief im Herzen der Grande Galerie blinkte ein winziger roter Punkt.
La marque.
Fache hielt seinen Fang heute Nacht an sehr kurzer Leine, und das zu Recht. Robert Langdon hatte sich bisher als sehr gewiefter Kunde erwiesen.
9. KAPITEL
B ezu Fache hatte sein Handy ausgeschaltet, um bei seinem Gespräch mit Langdon nicht gestört zu werden. Doch er besaß ein teures Modell mit integriertem Sprechfunk, über den er nun entgegen seinen Anordnungen angerufen wurde.
»Capitaine?«, krächzte es aus dem Apparat wie aus einem Walkie-Talkie.
Fache kam die Galle hoch. Was konnte so wichtig sein, dass Collet die surveillance cachée unterbrach, und das auch noch in diesem entscheidenden Moment der Entwicklung?
Er bedachte Langdon mit einem entschuldigenden Blick. »Einen Moment bitte«, sagte er, zog das Handy aus der Gürteltasche und drückte den Sprechknopf.
»Oui?«
»Capitaine, un agent du Departement de Cryptographie est arrivé.«
Faches Ärger war wie weggeblasen. Jemand von der Dechiffrierabteilung ist gekommen? Das konnte trotz des miserablen Timings eine gute Nachricht sein. Fache hatte Bilder des Tatorts samt Saunières geheimnisvollem Text per E-Mail an diese Abteilung geschickt. Vielleicht konnte ihm dort jemand sagen, was das alles zu bedeuten hatte. Das Eintreffen eines Codeknackers ließ vermuten, dass es gelungen war, Saunières geheimnisvolle Mitteilung zu entziffern.
»Ich bin im Moment unabkömmlich«, funkte Fache zurück. Sein tadelnder Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass eine solche Störung nicht mehr vorkommen durfte. »Bitten Sie den Beamten, in der Einsatzleitung zu warten. Ich werde mich mit ihm unterhalten, sobald ich hier fertig bin.«
»Mit ihr «, berichtigte Collets Stimme. »Es ist Agentin Neveu.«
Faches Laune stürzte unaufhaltsam dem absoluten Nullpunkt entgegen. Sophie Neveu war eine der größten personellen Fehlentscheidungen seiner Behörde gewesen. Im Zuge der Bemühungen um die Erhöhung der Frauenquote im Polizeidienst hatte das Innenministerium die junge Pariser Kryptographin, die in England am Royal Holloway Institute studiert hatte, Fache vor zwei Jahren aufs Auge gedrückt. Nach Faches Überzeugung schwächten die andauernden Eingriffe des um Political Correctness buhlenden Ministeriums die Schlagkraft seiner Truppe. Nicht nur, dass Frauen körperlich den Anforderungen der Polizeiarbeit nicht gewachsen waren, allein schon ihre Gegenwart stellte für die mit den Ermittlungen befassten Männer eine gefährliche Ablenkung dar. Und wie Fache befürchtet hatte, erwies Sophie Neveu sich als Ablenkungsfaktor höchsten Grades.
Die Zweiunddreißigjährige besaß einen Eigensinn, der an Insubordination grenzte. Mit ihrem vehementen Eintreten für die neuen, in Großbritannien entwickelten Ansätze und Methoden ihres Fachgebiets brachte sie ihre altgedienten französischen Kollegen und Vorgesetzten immer wieder zur Verzweiflung. Aber am meisten Sorge bereitete Fache die altbekannte Tatsache, dass
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