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Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“

Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“

Titel: Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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Gestank des faulenden Kohls, der Geruch des Todes, des Urins und der menschlichen Ausscheidungen, das hoffnungslose Anschreien gegen den Wind der Pyrenäen und das leise Schluchzen vergessener Männer.
    Andorra , dachte er. Er spürte, wie seine Muskeln sich verkrampften.
    Unglaublicherweise war Silas in ebendiesem verlassenen Gebilde zwischen Spanien und Frankreich, wo er in seiner Zelle vor Kälte zitternd den Tod herbeigesehnt hatte, gerettet worden.
    Damals hatte er es nicht begriffen.
    Erst lange nach dem Sturm ward wieder Licht …
    Damals war sein Name nicht Silas gewesen. An den Namen, den seine Eltern ihm gegeben hatten, konnte er sich nicht mehr erinnern. Mit sieben Jahren war er von zu Hause ausgerissen. Sein Vater, ein Hafenarbeiter und Trunkenbold, hatte aus Wut, dass ihm ein Albino geboren worden war, immer wieder seine Frau verprügelt, der er die Schuld am eigentümlichen Äußeren des Kindes gab. Als der Junge sich einmal schützend vor seine Mutter warf, war auch er vom Vater schwer misshandelt worden.
    Eines Abends, nachdem der Vater wieder einmal gewütet hatte, war Silas’ Mutter nicht mehr aufgestanden, und in dem Jungen stieg ein Gefühl unsagbarer Schuld auf. Warum hatte er das zugelassen?
    Es ist alles deine Schuld!
    Als hätte ein Dämon von seinem Körper Besitz ergriffen, holte er das Schlachtermesser aus der Küche und schlich wie in Trance in die Schlafkammer, wo der Vater besinnungslos betrunken mit dem Gesicht zur Wand im Bett lag und schnarchte. Wortlos stieß Silas ihm das Messer in den Rücken. Aufbrüllend versuchte der Vater, sich umzudrehen, doch sein Sohn stieß immer wieder zu, bis es still in der Kammer wurde – totenstill.
    Der Junge flüchtete aus dem Haus, doch er geriet von einer Hölle in die nächste. In den Straßen von Marseille erging es ihm kaum besser als zu Hause. Sein seltsames Äußeres machte ihn unter den anderen Straßenkindern zum Außenseiter. Sie wollten ihn nicht akzeptieren. So hauste er, ganz auf sich allein gestellt, in einem verfallenden Fabrikgebäude und lebte von gestohlenem Obst und rohem Fisch aus dem Hafen. Sein einziger Zeitvertreib waren zerfetzte Illustrierte, die er im Abfall gefunden hatte. Er brachte sich selbst das Lesen bei. Wie sein Vater wurde er sehr groß und kräftig. Als er zwölf Jahre alt war, machte sich ein Mädchen – ebenfalls eine Ausreißerin und fast doppelt so alt wie er – auf der Straße über ihn lustig und versuchte obendrein, ihm sein Essen wegzunehmen, ein Unterfangen, das sie beinahe mit dem Leben bezahlte. Als die Polizei den Jungen von seinem Opfer weggezerrt hatte, stellte man ihm ein Ultimatum: Entweder du verschwindest auf der Stelle aus Marseille, oder du landest im Jugendgefängnis.
    Er zog die Küste hinunter nach Toulon. Aus den Blicken, mit denen man ihn auf der Straße musterte, wich das Mitleid und verwandelte sich in Angst. Aus dem Jungen war ein Furcht einflößender Hüne geworden. Er konnte die Passanten tuscheln hören. Ein Gespenst , flüsterten sie einander mit schreckgeweiteten Augen zu und starrten auf seine weiße, farblose Haut. Ein Gespenst mit den Augen des Teufels.
    Er kam sich tatsächlich wie ein Gespenst vor … durchsichtig … unstet … schwerelos …
    Die Menschen schienen mitten durch ihn hindurchzusehen.
    Als Achtzehnjähriger versuchte er in einer Hafenstadt auf einem Frachter eine Kiste Pökelfleisch zu stehlen. Er wurde von zwei Besatzungsmitgliedern gestellt. Die beiden Matrosen, die auf ihn einprügelten, stanken nach Bier wie vor Jahren sein Vater. Die Erinnerung an die Angst und den Hass drängten einem Ungeheuer gleich aus dem schwarzen Abgrund des Vergessens hervor. Dem einen der beiden Matrosen brach der junge Mann mit bloßen Händen das Genick, und nur das Eintreffen der Polizei bewahrte den anderen vor einem ähnlichen Schicksal.
    Zwei Monate später war Silas in Handschellen im Gefängnis in Andorra geendet.
    Ein weißes Gespenst , verhöhnten ihn die anderen Gefangenen, als er nackt und frierend von der Polizei hereingeführt wurde. Willst du nicht durch die Wand gehen und abhauen? Du bist doch ein Geist!
    Im Verlauf von zwölf Jahren verwitterten Silas’ Körper und seine Seele, bis er davon überzeugt war, tatsächlich durchsichtig zu sein.
    Du bist ein Gespenst.
    Du bist schwerelos.
    Yo soy un espectro … pálido como un fantasma … caminando este mundo a solas. 2
    Eines Nachts erwachte das Gespenst vom Geschrei der Mitgefangenen. Er wusste nicht, welche

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