Sakuro, der Daemon
ScotlandYard-Inspektor versprach, vorbeizukommen.
Draußen empfing ihn wieder die brodelnde, lärmerfüllte Altstadt.
John fand sein Hotel relativ schnell. Trotzdem war es schon bald Mittemacht, als er die kleine Hotelhalle betrat.
Hinter der Rezeption stand immer noch der gleiche dürre Kerl. Es war sogar ein neuer Gast eingetroffen. Ein noch junger Mann. Ebenfalls Engländer.
John hörte, wie der Portier den jungen Mann nach seinem Namen fragte.
»Ich heiße Wendell Carson«, sagte dieser...
*
John Sinclair, der schon halb auf der Treppe stand, zuckte wie unter einem Peitschenschlag zusammen.
Wendell Carson! Dieser Name hatte ihn förmlich elektrisiert. Genauso hieß der Student, der zu Dr. Brandons Expedition gehört hatte.
Der Portier bemerkte Johns Zögern. »Ist irgend etwas, Mr. Sinclair?«
»Nein, nein.«
John stieg weiter die Stufen hoch. Einmal blickte er sich noch kurz um und sah, daß Wendell Carson ihm nachstarrte.
John ging hinter dem ersten Treppenansatz in Deckung und wartete ab.
Schon bald hörte er Wendell Carson die Treppe hochkommen.
John huschte in den Flur der ersten Etage und stellte sich in eine Türnische.
Er ließ den Studenten vorbeigehen und schlüpfte erst dann wieder aus seiner Deckung.
Ein Stockwerk höher betrat Wendell Carson den Flur, in dem die Zimmer lagen.
Sieh mal an, dachte John. Es waren also doch noch mehr Räume frei.
Er wartete ab, bis die Tür klappte. Dann huschte er auch zwei Treppenabsätze höher.
Oben auf dem Flur brannte wie auch in den anderen Etagen nur eine trübe Lampe. Der Schein reichte kaum aus, um die Zimmernummern erkennen zu können.
Unter einem Türspalt entdeckte John einen schmalen Lichtstreifen. Das mußte Carsons Zimmer sein. Es war das erste auf der rechten Seite.
Der Inspektor überlegte, ob er den jungen Mann zur Rede stellen sollte, doch er entschied sich dann, es auf morgen zu verschieben.
John Sinclair ging zurück in sein Zimmer. Bill schlief den Schlaf des Gerechten.
John setzte sich auf die Bettkante und betrachtete im Licht seiner kleinen Kugelschreiberlampe nachdenklich das Amulett.
Ob es ihm helfen würde?
Langsam wurde John Sinclair müde und war plötzlich eingenickt.
34
Das häßliche Knarren einer Tür weckte ihn schlagartig auf. Jemand hatte sein Zimmer verlassen und war auf den Gang getreten.
Aber wer?
Wendell Carson?
Durchaus möglich.
John ließ die Lampe wieder in die Tasche gleiten, war mit zwei Schritten an der Zimmertür und zog sie einen Spalt auf.
Mit einem Auge lugte John in den Gang.
Er hatte richtig getippt. Wendell Carson hatte sein Zimmer verlassen.
Er schlich auf Zehenspitzen über den Gang und blieb vor einer anderen Tür stehen.
Vor Sheila Hopkins' Zimmertür!
John, der von Wendell Carson nur den Rücken sah, erkannte, daß der junge Mann den Arm hob, um an Sheilas Tür zu klopfen.
Dreimal drang das hohle Pochen an Johns Ohr.
»Miß Hopkins«, flüsterte Carson. »Miß Hopkins. Hören Sie mich?«
»Einen Augenblick«, vernahm John wenig später Sheilas Stimme. Und dann:
»Wer ist denn da?«
»Wendell Carson.«
Ein erstickter Schrei folgte.
»Ich muß Sie sprechen, Miß Hopkins. Unbedingt. Ich habe unten im Anmeldebuch Ihren Namen gelesen, öffnen Sie. Bitte!«
Es dauerte noch einige Sekunden, ehe der Schlüssel herumgedreht wurde.
Dann stand Sheila Hopkins auf der Türschwelle. Das Mädchen trug über ihrem langen Nachthemd einen dunkelroten Morgenrock.
Wendell Carson schlüpfte in den Raum, und Sheila schloß die Tür sofort wieder ab.
John interessierte sich natürlich brennend dafür, was Carson Sheila Hopkins mitzuteilen hatte. Deshalb klopfte er nur wenig später gegen die Tür des Mädchens.
»Machen Sie auf, Miß Hopkins! Ich bin es. John Sinclair.«
»Ja, natürlich. Einen Moment noch.«
«Sie brauchen Mr. Carson erst gar nicht zu verstecken. Ich weiß sowieso, daß er bei Ihnen ist.«
John hörte rasche Schritte, und dann wurde die Tür geöffnet.
Wendell Carson lehnte an der Wand. Er hatte die Hände in seine Hosentaschen geschoben und machte ein trotzi-ges Gesicht. John fiel die unnatürliche Blässe auf, die trotz der mäßigen Beleuchtung zu erkennen war.
»Mr. Carson ist ein Bekannter von mir«, versuchte Sheila zu erklären.
»Ich weiß«, winkte John ab. »Ich kenne seinen Namen aus den Akten. Außerdem habe ich versucht, ihn in London zu erreichen, aber Mr. Carson war nicht aufzufinden.
Einfach spurlos verschwunden. Und hier trifft man sich wieder.
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