Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
der weiß ja gut Bescheid. Und einer der beiden fängt an, weißt du, Junge, das ist eine komplizirte Angelegenheit, und hier in Rom gibt’s Leute die wissen nichts von dem was man in Teutschland über den Papst und die Kirche von Rom redet. Wenn du willst treffen wir uns mal und dann geben wir dir geistlichen Rat und erklären dir ein paar Dinge. Aber wie er spricht sieht man ganz genau dass er viel mehr dran interessirt ist zu erfahren was ich ihm sagen könnt anstatt mir was beizubringen. Oh ja gern, warum nicht?, sage ich und der erste Pater erklärt mir, wo ich ihn und seinen Freund finden kann. Ja, mein lieber Junge, sagt er zum Abschluss, wir werden eine Menge zu besprechen haben. Und da fällt mir der Moses vom Diebold ein und ich denke, eigentlich könnt ich sie gleich mal fragen, und so sag ich, entschuldigt Pater wenn ich Euch noch mit einer Frage aufhalte, aber hatte Moses zufällig Hörner? Tut mir leid, ich versteh nicht was du meinst, Junge, sagt das Pfäfflein weil er glaubt wohl dass es eine blassfe blaspfme blasmpfe dass ich mit der Frage Gott lästern will. Nein, Pater, Ihr dürft nichts Böses denken, ich wollte nur sagen ich hab gehört dass manche Maler dem Moses auf ihren Gemälden Hörner auf den Kopf setzen, freilich nur ganz kleine, und da habe ich mich gefragt ob das richtig ist und ob es eine Bedeutung hat. So erklärt mir der junge Priester was in der Bibel im Buch Exodus geschrieben steht, nemlich dass Moses nachdem er auf dem Berg Sinai die zehn Gebote von Gott empfangen hinabstieg zu den Israeliten, und die sahen dass sein Gesicht strahlte, was klar ist, denn er hatte ja mit Gott gesprochen und das ist keine Sache die einem jeden Tag passirt. Aber bei dem hebreischen Wort das «strahlen» bedeutet haben sich manche Übersetzer geirrt und haben es mit «gehörnt» übersetzt, stellt Euch bloß vor, Signior Padrone, was für Esel, und darum hat sich der Irrtum bis heute gehalten, denn die Welt ist voller Esel, und so gibt’s immer noch Maler die den Moses mit Hörnern darstelln.
Bevor ich mich von den beiden Alemannen verabschiede denke ich noch, siehst du, Salaì, du hast dich schon wieder geirrt, und wolln wir wetten dass Diebold mit dem Teuffel nichts zu tun hat, also auch Burkard und Sander nicht? Der führt sich bei den Weibern zwar auf wie ein altes Schwein, aber das will ja nicht heißen dass er’s mit dem Teuffel hält. Doch dann muss ich den beiden alemannschen Pfäfflein schnell Addio sagen, denn in der Menge hab ich den Händler entdeckt von dem ich die Hemden gekauft, wie ich Euch schon sagte, nemlich hier in Rom brauch ich sie um Fiorenza unsrer Heimat alle Ehre zu machen, und wegen dem dass ich ihm einen Haufen Geld schulde das ich im Moment nicht hab, und ist sowieso viel besser wenn ich’s schaffe ihm sein Geld nicht zu geben, mach ich mich schnell aus dem Staub, zumal wo der Händler mich schon gesehn hat und auf mich zu kommt mit einem Gesicht das ist nicht gerade sehr freudlich, und ich glaube fast, wenn er weiß dass ich hier in Rom in der Herberge de la Fontana wohn, dann wird er mich suchen kommen.
Danach bin ich in die Herberge zurück und Lionardo war nicht da, also konnt ich ihm nichts erzählen davon dass das Mädchen verschwunden ist das ich unter der Treppe so schön an der Angel hatte, wie zum Kuckuck heißt sie noch gleich, ach ja Rosa, und auch nicht dass der Dieb gehenkt wurd der mich fast umgebracht. Also hab ich mich in mein Zimmer eingeschlossen wo ich Euch jetzt schreibe und warte dass mein Ziehvater zurückkommt. Derweil hab ich nach dem Mägdlein rufen lassen, aber hab auf sie gewartet bis ich schwartz wurde, und endlich ist ein Diener aus der Küche kommen und hat mir eine Nachricht gebracht die nicht grade gut ist, Signior Padrone. Nemlich das Mägdchen ist gestern spät in der Nacht zurückgekommen (also nachdem wir bei Sander diesem Schwein warn), aber von dem Moment an hat keiner sie gesehn oder gehört und man weiß nicht was aus ihr geworden, nichtmal ob sie überhaupt in ihrem Bett geschlafen hat, und der Diener wollt’s mir nicht zeigen aber es war klar dass er sich Sorgen macht, und niemand in der Herberge weiß was zum Henker ist passirt.
Obendrein hat der Mensch mit den verbeulten Eiern mich vor kurzem von den Dienern der Herberge rufen lassen, und sie mussten ihm melden dass ich nicht da bin und keiner weiß wann ich zurück sein werd. Aber jetzt sagen sie mir dass er auf der Straße vor der Herberge immer auf und ab geht, und
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