Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
stirbt der versucht hat mich zu töten, und ich denk, mein lieber Salaì, womöglich hast du rein gar nichts begriffen und dieweil du glaubst es wärn die Alemannen die dir an den Kragen wollen, ist bloß ein gewöhnlicher kleiner Dieb und obendrein ein stummer in dein Zimmer kommen und hat Scheiße zu dir gesagt, denk doch nur wie blöd du jetzt dastehst, ein Dieb der nicht Alemannisch redet wie du glaubst, sondern dem die Zunge in der Kehle erstickt, wie jetzt wo man ihn aufgehängt hat wie einen Hund.
Und da sag ich mir, wetten, Salaì, dass alles was du zu wissen glaubst über die Teutschen und Alemannen dass all das Mumpitz ist den du dir ausgedacht, und nichts davon ist wahr? Aber dann denk ich, auch wenn der Dieb der mich kaltmachen wollt nichts mit den Teutschen und den Alemannen zu tun hat, warum hat dann der Mann der nach Zwiebeln stinkt schon mehrmals versucht mich umzubringen? Denn mal ehrlich, Signior Padrone, an echten Toten fehlt’s in dieser Geschichte wahrlich nicht, wo dieser De Podio doch wirklich ermordet wurd und zufällig war sein Name auf Italienisch genauso wie der von Poggio Bracciolini den die Teutschen und die Alemannen nicht ausstehn konnten. Ich muss gestehn dass ich nicht mehr durchblick, wogegen Ihr vielleicht ja, denn Ihr seid ein großer Herr mit einem Kopf voll vom allerfeinsten Hirn, also wenn Ihr mir bitte einen Rat in der Sache geben würdet, denn sonst kann ich Euch nicht mehr dienen als wie ich möchte, nemlich von ganzem Herzen und mit dem Eifer der Eurer Person gebührt. Derweil ist der Dieb nachdem er geschaukelt und nach vorn und hinten getreten hat wie ein Hund krepirt nemlich mit einem dunkelblauen Gesicht gebrochnem Genick und Augen die hervorquellen, und jetzt wo ich gesehen habe wie der Tod dieses Diebes war weiß ich dass durch’s Gehenktwerden sterben zu müssen wirklich eine Übertreibung ist.
Euer ergebener Diener
Salaì
51.
Mein gütiger und weiser Padrone,
es dauert ewig lang bis der Campo di Fiore sich von all den Menschen leert, am Boden liegen sogar zwei drei Männer mit gebrochnen Beinen, die sind unter den Volksauflauf geraten und man hat auf sie getreten. Aber ich kann nicht warten bis der Platz frei wird, denn ich will sofort in die Herberge, und wenn ich Lionardo nicht antreff kann ich mich vielleicht von dem Mägdelein trösten lassen, das ich schon allzulang nicht mehr seh. Also steig ich vom Karren runter von wo ich die Hinrichtung gesehen hab und fang an mit den Ellenbogen nach rechts und links zu stoßen um mir freie Bahn zu verschaffen und sag, oh Verzeihung, ich wollte Euch nicht wehtun etcetera, aber komm dabei gut voran bis ich plötzlich vor einem bekannten Gesicht steh, und auch er hat mich gesehn. Was für eine schöne Überraschung, sage ich, denn es ist das teutsche, ach nein alemannische Pfäfflein mit dem ich vor ein paar Tagen nach der Messe geredet, und wir begrüßen uns herzlich und das hat mich ein bisschen getröstet nach dem schändlichen und blutigen Schauspiel das ich grade gesehn. Der Freund ist bei ihm der ihn schon begleitet hat wann wir uns kennenlernten, und gleich sagt er, hast du gesehn wie grässlich das war? Der arme Kerl, und beide bekreuzigen sich. Oh ja, antworte ich und frage gleich, gibt’s bei euch in Teutschland wohl auch solche Dinge, also Raub und Mord etcetera? Natürlich gibt’s das, sagen sie, Teutschland ist ja nicht das Paradies, aber warum fragst du? Nun Pater, man hat mir gesagt dass manche Teutsche meinen, ganz Italien besteht nur aus Spitzbuben Mördern Dieben Huren etcetera, wogegen die Teutschen ehrlich sind und reine und alte Sitten haben. Die beiden jungen Pfaffen lächeln belustigt wie man’s bei den Kindern macht wenn sie einem ihre einfältigen Geschichten erzählen und sagen, aber lieber Junge, solchen Reden darfst du niemals Glauben schenken, die Teutschen sind so gut oder schlecht als wie die Italiener, will heißen, das hängt jeweils vom einzelnen Menschen ab ob er ein Sünder ist oder eine gute Seele oder gar ein Heiliger, von denen es aber auf der ganzen Welt nur sehr wenige gibt, ja heutzutage praktisch keinen. Aha, so ist das, sage ich, das wollte mir auch so scheinen wie wenn diese Geschicht ein dummes Gewäsch ist nach der die teutsche Rasse besser sein soll als die anderen als wie der Tacitus und der Wimphelin meinen. Und das sage ich weil ich sehen will was für ein Gesicht die beiden alemannischen Priesterlein machen, und wirklich, sie sehn aus als wollten sie sagen, aha,
Weitere Kostenlose Bücher