Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
schlimmre Sache. Denn der Burkard hatte seit einiger Zeit angefangen Dokumente zu fälschen, zum Beispiel die Dispense, um das Aufgebot für die Hochzeit zu bestellen: Er bereitete das ganze Schriftstück vor aber ohne die Namen der beiden Parteien, denn die brauchte er dann nur einzufügen wenn ein Brautpaar, das eigentlich kein Recht hatte den Dispens zu erhalten, ihm Geld für das Papier anbot. Die Sache war kinderleicht, wo der Burkard die Pergamente und die Siegel, die man für solche Dokumente benutzt, ja jeden Tag zur Hand hatte, und er kannte die Formeln für jedes Dokument genau, und außerdem konnte er die Fälschungen in aller Seelenruhe in seinem Zimmer anfertigen.
Darauf wurd dem Burkard vor dem Kirchengericht von Straßburg der Prozess gemacht, und er wurd verurteilt, und damit war sein Leben praktisch zuende, denn er trug das Brandmal des Verbrechens, und niemand hätte ihm nichtmal eine halbe Arbeit mehr gegeben. Das Einzige was er tun konnte war in eine andre Stadt zu gehn, aber wer sollte Burkard das Geld für die Reise geben, und wovon sollte er leben bis er eine neue Arbeit fand? Da ist das Wunder passiert, denn jemand (man hat nie erfahren wer) beschloss dem Burkard zu helfen und gab ihm Geld damit er nicht nur aus Straßburg abreisen, sondern sogar aus Teutschland raus nemlich bis nach Rom fahren konnt.
In Rom traf der Burkard sofort Scharen von andren Teutschen und auch Elsässern, denn wie ich schon bemerkt, Signior Padrone, hier in der Stadt vom Papst gibt’s unzählige Leute die aus Teutschland kommen, aber das Pfäfflein hat mir jetzt genauer erklärt warum. Die Teutschen die hier her kommen wollen mitnichten alle arbeiten, und die Frantzosen und Spanier auch nicht, und die Italiener eigentlich auch nicht, denn in Rom scheint fast immer eine schöne Sonne und der Himmel ist blau und die Leute sind lustig und lachen gern und die Weiber sind geil und lächeln und haben so dicke und gut gefüllte Brüste dass man gar nicht begreift wie sie’s anstellen diese Dinger die ganze Zeit mit sich rumzuschleppen, ja man möcht sie sogar fragen, heh, kann ich dir tragen helfen? Jedenfalls hat in Rom keiner Lust jemals einen Finger krumm zu machen, und wenn die Leute könnten würden sie den ganzen Tag spazirengehn und die guten Sachen essen die’s hier gibt und sich die Weiber anschaun wie die sich abmühn ihre Melonen vor sich herzutragen. Drum kommen seit jeher Priester, aber auch Laien aus aller Welt hier nach Rom und versuchen ein Privilegium sine cura zu kriegen, nemlich einen e kklesais ekklesista ekklsiats einen Titel von der Kirche, wodurch man Anrecht auf einen regelmäßigen Verdienst hat, aber man muss einen Dreck dafür tun und kassirt nur das Geld ein, versteht Ihr, Signior Padrone, was für eine feine Sache das ist? Das teutsche Pfäfflein erklärt, da gibt’s zum Beispiel ein Amt als Kaplan oder als Kanonikus oder ein Submissariat das ist einfach ein Pergament das man vom Papst erhält und sagt dass du Kanonikus von einer Kirche in Teutschland bist oder Kaplan an einer Katedrale in Frankreich, aber in Wirklichkeit gehst du niemals da hin, ja du weißt noch nichtmal wo diese Stadt mit deiner Kirche überhaupt liegt, aber du steckst dein Salär ein und bleibst froh und munter in Rom. Also ist auch der Burkard in Rom angekommen und hat versucht so etwas zu ergattern, und es ist ihm trefflich gelungen, sagt das Pfäfflein, denn er versteht sich viel besser auf die Sachen wo man keinen Finger rühren muss, also solche Privilegien und Sinekuren, als wie auf die richtige Arbeit wo er in Straßburg hatt und wo er wirklich was tun musste, nemlich den lieben langen Tag schreiben. Aber erst hat er sich eine Anstellung im Dienst eines Kardinals gesucht, was sehr wichtig ist, denn Privilegien kriegen vor allem Leute die für Kardinäle arbeiten. Im Lauf der Zeit ist der Burkard von einem Kardinal zum andren gewandert weil was er sehr gut kann ist seinen Herren den Arsch lecken, und mit den Privilegien die er allmehlich angehäuft hatt brauchte er nicht mehr zu stehlen wie in Straßburg. Aber einfach war das nicht, denn jedes Mal wenn ein andrer Teutscher dasselbe Privilegium haben wollt wie der Burkard musste ein Prozess geführt werden, und die andren Straßburger haben’s dem Burkard viele Male bös heimgezahlt und bei dem Prozess gesagt er wär nicht wert das Privilegium zu bekommen, denn er wär ein Dieb und Fälscher und Betrüger, und jedesmal musste der Burkard gestehn dass das leider
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