Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
mir, Padrone, der ich mir in aller Bescheidenheit sei’s gesagt scharenweise Weiber auf den Spieß stecke, aber wenn ich sie schwängern tät dann würden ihre Eltern gewiss Hackfleisch aus mir machen.
Mamma mia, Padrone, mir dreht sich fast der Kopf von all den hässlichen Sachen die ich über den Papst gehört hab, und waren auch so viele dass mir unmöglich scheint sie können sämtlich falsch sein. Eine aber ist mir natürlich mehr im Kopf geblieben als wie die andren, nemlich dass der Papst Borgia sogar Kinder von einer Frau hat, und drum frag ich Ser Lionardo wer diese Frau sein soll die vom Heiligen Vater schwanger wurd als er jung war und die dann Cesare Borgia und Lucretia geboren hat, und Lionardo antwortet mir: Alle kennen sie, sie heißt Vanozza Cattanei.
Wie ich den Namen zum dritten Mal höre durchfährt’s mich als wenn man mir gesagt hätt, hör mal Salaì, in alle Würste die du in deinem Leben gegessen hast einschließlich der von heut morgen haben wir heimlich deine Scheiße reingetan, und da hab ich mir gedacht dann ist es also kein Zufall dass unsre Herberge der Frau gehört die Kinder mit dem Papst gemacht, will man den Verleumdungen glauben. Aber hat Lionardo diese Herberge ausgesucht? Und warum?
Der Zweifel war mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn mein Ziehvater fragt mich sofort ob ich schon mal von der Vanozza gehört, und ich sag nein, Ser Lionardo, ich frag mich nur wie es möglich ist dass der Papst diese Schandmäuler nicht bestraft, kurzum ich lüg so gut ich kann und zum Glück glaubt Lionardo mein Geflunker fast immer.
Wenn der Papst diese Lügen über sich hört, antwortet Lionardo, lacht er bloß drüber und ist sich seiner Sache gewiss, der Glückliche, denn das ist alles gar zu widersinnig, drum glauben’s die Leute nicht und vergessen’s wieder. Wer hingegen das böse Gerede nicht erträgt, das ist Cesare, genannt der Valentino, denn vor zwei Jahren hat er Charlotte d’Albray geheiratet die Schwester des Königs von Navarra und Cousine des Königs vom Frankenreich, welche erst mal dort geblieben ist, aber sie hat Cesare den Titel eines Herzogs von Valentinois verschafft. Lionardo erklärt mir (Ihr wisst es ja schon) dass Cesare mit grad mal achtzehn Jahren zum Kardinal gemacht wurd, und jetzt wo er fünfundzwanzig ist hat er das Kardinalsgewand abgelegt und als Kommandant des päpstlichen Heeres reihenweise Schlachten gewonnen, und er ist so einer der sieht sofort rot wenn was nicht nach seinem Willen läuft, und kann’s nicht erwarten die Schandmäuler an ihren eignen Klöten aufzuhängen denn, wie Lionardo immer sagt, wer das Böse nicht bestraft lässt zu dass es erneut geschieht, und nichts muss man mehr fürchten als einen üblen Ruf.
Dann gesteht mir mein Ziehvater dass all die Briefe die jüngst aus Rom in Fiorenza angekommen sind vom Valentino waren der ihn um Hilfe bittet wegen den Verleumdungen. Entschuldigt, Ser Lionardo, hab ich gefragt, aber warum will der Valentino ausgerechnet Euch? Und mein Ziehvater antwortet dass der Valentino seinen guten Namen kennt und seine Intelligentz und außerdem hat Lionardo einen famosen Vorwand um hier in Rom zu sein, nemlich dass er Maler ist und Baumeister und die antiken Monumente studiren will. Aber man muss trotzdem sehr vorsichtig sein, und auch wenn der Kerl mich fast aufgespießt hätt wie eine Wurst wär’s nicht klug den Diebstahl und versuchten Mord bei den Sbirren anzuzeigen, sonst fangen sie an Fragen zu stellen, wer seid ihr beide denn woher kommt ihr und was macht ihr in Rom etcetera.
Es ist klar Padrone, dass Lionardo mich für einen Tölpel hält und mir nicht die ganze Wahrheit sagen will, drum hab ich ihn erst mal nicht gefragt was genau diese Aufgabe ist und welchen Lohn er mit Valentino vereinbart hat. Aber ich frag ihn, verzeiht Mastro Lionardo, warum ward Ihr so besorgt um jenes Kästchen das mit Samt gefüttert und was zum Henker sollen die Stäbchen darin? Denn Ihr habt’s ja selbst gesehen dass der Dieb es aufgebrochen hat um reinzuschaun.
Da ist Lionardo stocksteif geworden und man sieht genau er hat eine Heidenangst ein Fremder könnte die Stäbchen entdecken, und fast wollt er mir schon antworten, doch befielt er mir im letzten Moment ich soll losgehn und fragen wie viel der Barbier am Ende der Straße kostet und sagt nur, ich werd’s dir erklären wenn wir das letzte Stäbchen gefunden haben.
Dann ist er in sein Zimmer zurück um seine blöden griechischen Kodizi von Euklid und Philon
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